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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Zweites Vierteljahr.

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ohnedem gerade beim Lied nur schwer gerecht durchzuführen. Die öffentlichen
Vorträge lassen sich kontrollieren, sie spielen aber doch nur eine untergeordnete
Rolle gegen den Liedverbrauch in der Hausmusik,

Kommt es also wieder zu Anträgen im Reichstag, so mag der Verein der
deutscheu Komponisten in der hier angegebnen Richtung vorgehn, aber vorher
für bessere Information der Reichsboten sorgen.




pancratius (Lapitolinus
Julius R. Haarhans Lin Heldengesang in Prosa von

ir, Rudolph Constanz Freiherr von Geyr zu Schweppenbnrg, Kur¬
fürstlicher Durchlaucht zu Köln Kämmerer und Hofrat und Fürstlich
Essenschcr Amtmann zu Breysich, Herr des Hauses Andrinwnt und
Erbvvgt der Markgrafschaft Franchimout, verordnen durch Unsern
lieben getrewen Schloßkaplan, den ehrwürdigen Herrn Pancratius Sack¬
mann, Unsern derzeitigen Administrator zu Schweppenburg, was folgt:

In Anbetracht der elenden und gar erbärmlichen Zeitläufte erlassen wir Unsern
getrewen Unterthanen zu Niederlützingen, Alk und Poles für dieses, das 1794. Jahr
nach der Geburt unsers Heilands oder das 2547. nach der Erbauung der Stadt
Rom, den Frucht- und Weinzehnten, desgleichen dem Pächter Unsrer Mühle am
Brohlbach die Pacht, ohne Uns Unsrer Rechte und Kompetenzen zu begeben, legen
vielmehr dafür Unsern Unterthanen, Zehntbauern, Halfen und besagtem Pächter ans,
sich am künftigen Montage als am 22. mensis Octobris auf Unsrer Burg allhier
zur Ableistung der Handdienste einzufinden, auch sich mit Unserm obbemeldten
Administrator ernstlich zu beraten, wie dein drohenden Einfall der Gallier, so man
gemeiniglich Franzosen nennet, zur Vermeidung arger Kalamität an Leib und Leben,
Geld und Gut zu begegnen sei. Unsrer getrewen Unterthanen ?c. Gehorsam ge¬
wärtig, haben wir diesen Befehl ausfertigen und Unser Jnsiegel beidrücken lassen.

Gegeben auf Unserm Schloß Schweppenburg, am 19. msnsis Octobris ^. v.
1794.

So seltsam wie dieses Schriftstück war der Maun, der es aufgesetzt hatte und
sich nun anschickte, mit einer Umständlichkeit und Feierlichkeit, die der antiquierten
Fassung des Erlasses entsprach, auf eine vorher sorgsam abgezirkelte und mit einer
Kreislinie bezeichnete Stelle des Papiers Siegelwachs zu träufeln und dieses mit
dem in Messing geschulteren Wappen derer von Geyr zu petschieren.

Der ehrwürdige Herr Pancratius Santana -- denn diesen haben wir in
eigner Person vor uns -- gehörte zu den größten Männern seiner Zeit, wenigstens
hinsichtlich seines Körpermaßes, Er dürfte sich der stattlichen Lange von sechs Fuß
drei Zoll rheiuläudisch rühmen, und dieser Länge entsprach seine Stärke. Als er
jetzt das Petschaft aufsetzte und zur Vergrößerung des Druckes das Gewicht seines
Oberkörpers auf die kleine Fläche des Siegels konzentrierte, begann sogar der
mächtige Eichentisch zu ächzen. An Pancratius Sackmauns Körperkraft war mithin
nicht zu zweifeln. Seine Größe kam jedoch mir dem zum vollen Bewußtsein, der
den sonderbaren Mann mit der halb geistlichen halb weltlichen Kleidung neben


ohnedem gerade beim Lied nur schwer gerecht durchzuführen. Die öffentlichen
Vorträge lassen sich kontrollieren, sie spielen aber doch nur eine untergeordnete
Rolle gegen den Liedverbrauch in der Hausmusik,

Kommt es also wieder zu Anträgen im Reichstag, so mag der Verein der
deutscheu Komponisten in der hier angegebnen Richtung vorgehn, aber vorher
für bessere Information der Reichsboten sorgen.




pancratius (Lapitolinus
Julius R. Haarhans Lin Heldengesang in Prosa von

ir, Rudolph Constanz Freiherr von Geyr zu Schweppenbnrg, Kur¬
fürstlicher Durchlaucht zu Köln Kämmerer und Hofrat und Fürstlich
Essenschcr Amtmann zu Breysich, Herr des Hauses Andrinwnt und
Erbvvgt der Markgrafschaft Franchimout, verordnen durch Unsern
lieben getrewen Schloßkaplan, den ehrwürdigen Herrn Pancratius Sack¬
mann, Unsern derzeitigen Administrator zu Schweppenburg, was folgt:

In Anbetracht der elenden und gar erbärmlichen Zeitläufte erlassen wir Unsern
getrewen Unterthanen zu Niederlützingen, Alk und Poles für dieses, das 1794. Jahr
nach der Geburt unsers Heilands oder das 2547. nach der Erbauung der Stadt
Rom, den Frucht- und Weinzehnten, desgleichen dem Pächter Unsrer Mühle am
Brohlbach die Pacht, ohne Uns Unsrer Rechte und Kompetenzen zu begeben, legen
vielmehr dafür Unsern Unterthanen, Zehntbauern, Halfen und besagtem Pächter ans,
sich am künftigen Montage als am 22. mensis Octobris auf Unsrer Burg allhier
zur Ableistung der Handdienste einzufinden, auch sich mit Unserm obbemeldten
Administrator ernstlich zu beraten, wie dein drohenden Einfall der Gallier, so man
gemeiniglich Franzosen nennet, zur Vermeidung arger Kalamität an Leib und Leben,
Geld und Gut zu begegnen sei. Unsrer getrewen Unterthanen ?c. Gehorsam ge¬
wärtig, haben wir diesen Befehl ausfertigen und Unser Jnsiegel beidrücken lassen.

Gegeben auf Unserm Schloß Schweppenburg, am 19. msnsis Octobris ^. v.
1794.

So seltsam wie dieses Schriftstück war der Maun, der es aufgesetzt hatte und
sich nun anschickte, mit einer Umständlichkeit und Feierlichkeit, die der antiquierten
Fassung des Erlasses entsprach, auf eine vorher sorgsam abgezirkelte und mit einer
Kreislinie bezeichnete Stelle des Papiers Siegelwachs zu träufeln und dieses mit
dem in Messing geschulteren Wappen derer von Geyr zu petschieren.

Der ehrwürdige Herr Pancratius Santana — denn diesen haben wir in
eigner Person vor uns — gehörte zu den größten Männern seiner Zeit, wenigstens
hinsichtlich seines Körpermaßes, Er dürfte sich der stattlichen Lange von sechs Fuß
drei Zoll rheiuläudisch rühmen, und dieser Länge entsprach seine Stärke. Als er
jetzt das Petschaft aufsetzte und zur Vergrößerung des Druckes das Gewicht seines
Oberkörpers auf die kleine Fläche des Siegels konzentrierte, begann sogar der
mächtige Eichentisch zu ächzen. An Pancratius Sackmauns Körperkraft war mithin
nicht zu zweifeln. Seine Größe kam jedoch mir dem zum vollen Bewußtsein, der
den sonderbaren Mann mit der halb geistlichen halb weltlichen Kleidung neben


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_234529/379>, abgerufen am 29.06.2024.