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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Erstes Vierteljahr.

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sächlich alles mögliche darin geleistet wird, die Maßregeln und Absichten der
Regierung nur in der ans Parteirücksichten zurechtgemachten Form an die
Wähler gelangen zu lassen, so ist es doch wohl ausgeschlossen, daß jemand
das ausspricht. Wenn ein solcher offizieller Artikel gedruckt dasteht, dann
bleibt es ja allen Parteien ""benommen, in gründlichster Weise Kritik
zu üben.

Endlich, die Zeitungen können nicht behaupten, daß ihnen durch den
Abdruck zu viel zugemutet würde; soviel Raum, wie dadurch erfordert würde,
können alle erübrigen.

Ob die Maßregel helfen wird, vor allem auch helfen wird in dem Grund¬
übel, der Auffassung von einem Kampf zwischen Regierung und Volk, ob es
von der Presse auch heißen wird: ö r^""-,' x"" vier null das sagen?
Allzu optimistisch wird man nicht sein dürfen, aber man darf die Hoffnung
auf Besserung auch nicht aufgeben. Jedenfalls würden die offiziellen Kund-
gebungen im politische" Leben sofort eine sehr bedeutende Rolle spielen, was
sich durch die regelmäßige Wiederkehr uicht abschwächen, sondern noch ver¬
stärken würde. Verdorben wird dadurch nichts, denn schlimmer, als es jetzt
ist, kann es nicht werden. Wenn ein solches Gesetz, wie ich gezeigt zu haben
glaube, eine Konsequenz des allgemeinen Wahlrechts ist, wenn es einer Forde¬
rung entspricht, zu der das Voll berechtigt ist, und eine Pflicht der Regierung
darstellt, dann ist es richtig, es zu geben. Das Volk, daS mit dem allgemeinen
Wahlrecht für mündig erklärt ist, würde anch durch diese Darlegungen der
Regierung als mündig behandelt und mehr als bisher in den Stand gesetzt
werden, sich der Vormundschaft einseitiger Parteiauffassungen zu einziehn,


Rud. Bartels


Ruskin

le Verlagshandlung von Eugen Diederichs in Leipzig, der Nur
manches wichtige ausländische. Buch in guter Übersetzung ver¬
danken, hat nun anch John Rnskins Werke herauszugeben an
gefangen mit zwei Bänden, einem Hauptwerke aus seiner frühern
Zeit (Die sieben Leuchter der Baukunst, übersetzt von Wilhelm
Schoelermann) und drei zu einem Bande vereinigten Vorträgen (Scham und
Lilien, übersetzt von Hedwig Jnhu); andre werdeu folge". Der Druck ist sehr
schön, bequem zu lesende Antiqua, die Ausstattung würdig lind geschmackvoll.
Sollen die keineswegs leicht genießbaren Sachen dieses ganz eigentümliche"
Ästhetikers deutscheu Leser" nützen, so müssen sie sich zunächst gegen die Ein¬
drücke der überschwenglichen Anpreisung, mit der man ja alles Fremde uns


Ruskin

sächlich alles mögliche darin geleistet wird, die Maßregeln und Absichten der
Regierung nur in der ans Parteirücksichten zurechtgemachten Form an die
Wähler gelangen zu lassen, so ist es doch wohl ausgeschlossen, daß jemand
das ausspricht. Wenn ein solcher offizieller Artikel gedruckt dasteht, dann
bleibt es ja allen Parteien »»benommen, in gründlichster Weise Kritik
zu üben.

Endlich, die Zeitungen können nicht behaupten, daß ihnen durch den
Abdruck zu viel zugemutet würde; soviel Raum, wie dadurch erfordert würde,
können alle erübrigen.

Ob die Maßregel helfen wird, vor allem auch helfen wird in dem Grund¬
übel, der Auffassung von einem Kampf zwischen Regierung und Volk, ob es
von der Presse auch heißen wird: ö r^»«-,' x«« vier null das sagen?
Allzu optimistisch wird man nicht sein dürfen, aber man darf die Hoffnung
auf Besserung auch nicht aufgeben. Jedenfalls würden die offiziellen Kund-
gebungen im politische» Leben sofort eine sehr bedeutende Rolle spielen, was
sich durch die regelmäßige Wiederkehr uicht abschwächen, sondern noch ver¬
stärken würde. Verdorben wird dadurch nichts, denn schlimmer, als es jetzt
ist, kann es nicht werden. Wenn ein solches Gesetz, wie ich gezeigt zu haben
glaube, eine Konsequenz des allgemeinen Wahlrechts ist, wenn es einer Forde¬
rung entspricht, zu der das Voll berechtigt ist, und eine Pflicht der Regierung
darstellt, dann ist es richtig, es zu geben. Das Volk, daS mit dem allgemeinen
Wahlrecht für mündig erklärt ist, würde anch durch diese Darlegungen der
Regierung als mündig behandelt und mehr als bisher in den Stand gesetzt
werden, sich der Vormundschaft einseitiger Parteiauffassungen zu einziehn,


Rud. Bartels


Ruskin

le Verlagshandlung von Eugen Diederichs in Leipzig, der Nur
manches wichtige ausländische. Buch in guter Übersetzung ver¬
danken, hat nun anch John Rnskins Werke herauszugeben an
gefangen mit zwei Bänden, einem Hauptwerke aus seiner frühern
Zeit (Die sieben Leuchter der Baukunst, übersetzt von Wilhelm
Schoelermann) und drei zu einem Bande vereinigten Vorträgen (Scham und
Lilien, übersetzt von Hedwig Jnhu); andre werdeu folge». Der Druck ist sehr
schön, bequem zu lesende Antiqua, die Ausstattung würdig lind geschmackvoll.
Sollen die keineswegs leicht genießbaren Sachen dieses ganz eigentümliche»
Ästhetikers deutscheu Leser» nützen, so müssen sie sich zunächst gegen die Ein¬
drücke der überschwenglichen Anpreisung, mit der man ja alles Fremde uns


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[0226] Ruskin sächlich alles mögliche darin geleistet wird, die Maßregeln und Absichten der Regierung nur in der ans Parteirücksichten zurechtgemachten Form an die Wähler gelangen zu lassen, so ist es doch wohl ausgeschlossen, daß jemand das ausspricht. Wenn ein solcher offizieller Artikel gedruckt dasteht, dann bleibt es ja allen Parteien »»benommen, in gründlichster Weise Kritik zu üben. Endlich, die Zeitungen können nicht behaupten, daß ihnen durch den Abdruck zu viel zugemutet würde; soviel Raum, wie dadurch erfordert würde, können alle erübrigen. Ob die Maßregel helfen wird, vor allem auch helfen wird in dem Grund¬ übel, der Auffassung von einem Kampf zwischen Regierung und Volk, ob es von der Presse auch heißen wird: ö r^»«-,' x«« vier null das sagen? Allzu optimistisch wird man nicht sein dürfen, aber man darf die Hoffnung auf Besserung auch nicht aufgeben. Jedenfalls würden die offiziellen Kund- gebungen im politische» Leben sofort eine sehr bedeutende Rolle spielen, was sich durch die regelmäßige Wiederkehr uicht abschwächen, sondern noch ver¬ stärken würde. Verdorben wird dadurch nichts, denn schlimmer, als es jetzt ist, kann es nicht werden. Wenn ein solches Gesetz, wie ich gezeigt zu haben glaube, eine Konsequenz des allgemeinen Wahlrechts ist, wenn es einer Forde¬ rung entspricht, zu der das Voll berechtigt ist, und eine Pflicht der Regierung darstellt, dann ist es richtig, es zu geben. Das Volk, daS mit dem allgemeinen Wahlrecht für mündig erklärt ist, würde anch durch diese Darlegungen der Regierung als mündig behandelt und mehr als bisher in den Stand gesetzt werden, sich der Vormundschaft einseitiger Parteiauffassungen zu einziehn, Rud. Bartels Ruskin le Verlagshandlung von Eugen Diederichs in Leipzig, der Nur manches wichtige ausländische. Buch in guter Übersetzung ver¬ danken, hat nun anch John Rnskins Werke herauszugeben an gefangen mit zwei Bänden, einem Hauptwerke aus seiner frühern Zeit (Die sieben Leuchter der Baukunst, übersetzt von Wilhelm Schoelermann) und drei zu einem Bande vereinigten Vorträgen (Scham und Lilien, übersetzt von Hedwig Jnhu); andre werdeu folge». Der Druck ist sehr schön, bequem zu lesende Antiqua, die Ausstattung würdig lind geschmackvoll. Sollen die keineswegs leicht genießbaren Sachen dieses ganz eigentümliche» Ästhetikers deutscheu Leser» nützen, so müssen sie sich zunächst gegen die Ein¬ drücke der überschwenglichen Anpreisung, mit der man ja alles Fremde uns

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_233879/226>, abgerufen am 27.06.2024.