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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Erstes Vierteljahr.

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Versammlungen von Parteigenossen dürften schwerlich das rechte Orakel sein, bei dem
man sich über diesen kitzligen Punkt Auskunft holen kann. Sie kennen nur den einen
Grundsatz, daß sie ciel omni r<z scibili et auidusclam aliis zu kognoszieren befähigt sind,
und daß vor ihr Forum bei der Erde weg alles gehört, worüber sich rechten und
streiten läßt. Ob im Interesse des Staats die Besprechung des einen oder des
andern Gegenstands besser unterblieben wäre, ob ein einstimmig gefaßter Beschluß
auf Thatsache" und nicht vielmehr aus Voraussetzungen und Vermutungen beruhte,
darauf konnte es freilich der mit dem Herzen urteilenden und immer muss Ganze
gehenden Menge nicht ankommen, aber haben sich die Teilnehmer an solchen Ver¬
sammlungen, die mit Staatsgcschciften vertraut sind, wirklich keine Rechenschaft zu
geben vermocht von der schweren Schädigung, die der Regierung aus jedem Da¬
zwischenpfuschen erwächst? Man sollte doch denken, bei dem einen oder dem andern
von denen, die ans diese Weise selbständige auswärtige Politik betreiben zu dürfen
glaubten, hatte sich das Gewissen regen und ihm, als es zu spät und der Re¬
gierung glücklich der Klotz zwischen die Füße geworfen war, leise und vorwurfsvoll
zuraunen müssen: Reden ist Silber, aber Schweigen ist Gold.


Tolstoi.

Vor Jahren haben wir gelegentlich einmal gesagt, Tolstoi sei zwar
ein Grübler, gerade das aber, wodurch er am meisten berühmt geworden sei, seine
Religion und Moral, habe er uicht ergrübelt, sondern seiner eignen russischen Natur
und dem Volksleben entnommen. Der russische Bauer ist anspruchlos, demütig,
liebreich, freigebig, solange er etwas zu verschenken hat, geduldig in Leiden, an
denen es ihm niemals fehlt, und er befolgt Tolstois Wahlspruch: Nicht wider¬
streben! auf das vollkommenste; von jedem, der die Macht und den Willen hat,
läßt er sich bei lebendigem Leibe das Fell über die Ohren ziehn. Und eben da¬
durch widerlegt er die Lehre des Mannes, der sein Wesen, sein unreflektiertes
Handeln zu einer Theorie ausgearbeitet und sozusagen doginatisiert hat, denn er,
der russische Bauer, ist eins der elendesten Geschöpfe auf Gottes Erdboden. Tolstoi
bildet sich ein, die Ungerechtigkeit werde verschwinden, wenn ihr niemand wider¬
strebe, gerade Rußland aber zeigt, daß sie dann übermächtig wird und die Allein-
Herrschaft erlangt; bei den Romanen und den Germanen haben beständige Revo¬
lutionen und hartnäckige Kämpfe um das Recht die Ungerechtigkeit eingeschränkt und
sie hier und da den Herrschenden ganz abgewöhnt. In der Geschichte "Iwan der
Narr" erzählt Tolstoi, wie sich die Soldaten eines Eroberers schämen, und wie sie
entfliehen, weil sie in dem Narrcnlaude rauben, brennen und morden können, ohne
Widerstand zu finden. Hätte Tolstoi historische Studien gemacht, so würde er
wissen, daß es den Eroberern gar nicht einfällt, sich in einem solchen Falle zu
schämen und abzuziehn, sondern daß sie im Lande bleiben, das wehrlose Volk ver¬
sklaven und systematisch ausbeuten. Ähnlich steht es um seine Knlturfeiudschaft.
Erklärlich genug ist auch sie. Die vornehme russische Gesellschaft ist kernfaul; sie
benutzt die aus dem Westen importierte Kultur nur zu sinnlosem Luxus und fri¬
volem Genuß, und die internationale Hotelgesellschaft, die Tolstoi auf seinen Reisen
kennen gelernt hat, war nicht geeignet, ihm einen bessern Begriff von der Kultur
beizubringen; teils besteht sie aus den schlechtesten Elementen der vornehmen Welt,
teils aus zwar guten, die aber natürlich gerade auf ihrer Erholungsreise doch ebeu
gar keine Gelegenheit haben, die Seiten ihres Wesens und ihrer Thätigkeit zu ent¬
falten, die ihnen die Daseinsberechtigung verleihen. Den Bürgerstand und den
Gelehrtenstand des Westens hat Tolstoi gar nicht oder wenigstens nicht bei der
Arbeit gesehen. Und da nun wirklich der russische Bauer trotz aller seiner Un¬
Vollkommenheiten ein achtungswerteres und nützlicheres Glied der Gesellschaft und
ein besserer Christ ist als der Petersburger Salonlöwe, so war es kein Wunder,


Versammlungen von Parteigenossen dürften schwerlich das rechte Orakel sein, bei dem
man sich über diesen kitzligen Punkt Auskunft holen kann. Sie kennen nur den einen
Grundsatz, daß sie ciel omni r<z scibili et auidusclam aliis zu kognoszieren befähigt sind,
und daß vor ihr Forum bei der Erde weg alles gehört, worüber sich rechten und
streiten läßt. Ob im Interesse des Staats die Besprechung des einen oder des
andern Gegenstands besser unterblieben wäre, ob ein einstimmig gefaßter Beschluß
auf Thatsache» und nicht vielmehr aus Voraussetzungen und Vermutungen beruhte,
darauf konnte es freilich der mit dem Herzen urteilenden und immer muss Ganze
gehenden Menge nicht ankommen, aber haben sich die Teilnehmer an solchen Ver¬
sammlungen, die mit Staatsgcschciften vertraut sind, wirklich keine Rechenschaft zu
geben vermocht von der schweren Schädigung, die der Regierung aus jedem Da¬
zwischenpfuschen erwächst? Man sollte doch denken, bei dem einen oder dem andern
von denen, die ans diese Weise selbständige auswärtige Politik betreiben zu dürfen
glaubten, hatte sich das Gewissen regen und ihm, als es zu spät und der Re¬
gierung glücklich der Klotz zwischen die Füße geworfen war, leise und vorwurfsvoll
zuraunen müssen: Reden ist Silber, aber Schweigen ist Gold.


Tolstoi.

Vor Jahren haben wir gelegentlich einmal gesagt, Tolstoi sei zwar
ein Grübler, gerade das aber, wodurch er am meisten berühmt geworden sei, seine
Religion und Moral, habe er uicht ergrübelt, sondern seiner eignen russischen Natur
und dem Volksleben entnommen. Der russische Bauer ist anspruchlos, demütig,
liebreich, freigebig, solange er etwas zu verschenken hat, geduldig in Leiden, an
denen es ihm niemals fehlt, und er befolgt Tolstois Wahlspruch: Nicht wider¬
streben! auf das vollkommenste; von jedem, der die Macht und den Willen hat,
läßt er sich bei lebendigem Leibe das Fell über die Ohren ziehn. Und eben da¬
durch widerlegt er die Lehre des Mannes, der sein Wesen, sein unreflektiertes
Handeln zu einer Theorie ausgearbeitet und sozusagen doginatisiert hat, denn er,
der russische Bauer, ist eins der elendesten Geschöpfe auf Gottes Erdboden. Tolstoi
bildet sich ein, die Ungerechtigkeit werde verschwinden, wenn ihr niemand wider¬
strebe, gerade Rußland aber zeigt, daß sie dann übermächtig wird und die Allein-
Herrschaft erlangt; bei den Romanen und den Germanen haben beständige Revo¬
lutionen und hartnäckige Kämpfe um das Recht die Ungerechtigkeit eingeschränkt und
sie hier und da den Herrschenden ganz abgewöhnt. In der Geschichte „Iwan der
Narr" erzählt Tolstoi, wie sich die Soldaten eines Eroberers schämen, und wie sie
entfliehen, weil sie in dem Narrcnlaude rauben, brennen und morden können, ohne
Widerstand zu finden. Hätte Tolstoi historische Studien gemacht, so würde er
wissen, daß es den Eroberern gar nicht einfällt, sich in einem solchen Falle zu
schämen und abzuziehn, sondern daß sie im Lande bleiben, das wehrlose Volk ver¬
sklaven und systematisch ausbeuten. Ähnlich steht es um seine Knlturfeiudschaft.
Erklärlich genug ist auch sie. Die vornehme russische Gesellschaft ist kernfaul; sie
benutzt die aus dem Westen importierte Kultur nur zu sinnlosem Luxus und fri¬
volem Genuß, und die internationale Hotelgesellschaft, die Tolstoi auf seinen Reisen
kennen gelernt hat, war nicht geeignet, ihm einen bessern Begriff von der Kultur
beizubringen; teils besteht sie aus den schlechtesten Elementen der vornehmen Welt,
teils aus zwar guten, die aber natürlich gerade auf ihrer Erholungsreise doch ebeu
gar keine Gelegenheit haben, die Seiten ihres Wesens und ihrer Thätigkeit zu ent¬
falten, die ihnen die Daseinsberechtigung verleihen. Den Bürgerstand und den
Gelehrtenstand des Westens hat Tolstoi gar nicht oder wenigstens nicht bei der
Arbeit gesehen. Und da nun wirklich der russische Bauer trotz aller seiner Un¬
Vollkommenheiten ein achtungswerteres und nützlicheres Glied der Gesellschaft und
ein besserer Christ ist als der Petersburger Salonlöwe, so war es kein Wunder,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_233879/106>, abgerufen am 27.06.2024.