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Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Zweites Vierteljahr.

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tinentalstaaten stärkt England seine Flotte und auch sein Lnudheer; und es ist
wohl im Zusammenhang hiermit, wenn es sich mit Hintansetzung aller völker¬
rechtlichen Billigkeit und mit Aufwand sehr großer Mittel beeilt, in Afrika
eine Suprematie zu befestigen, die ihm in gewissen Grenzen bisher von nie¬
mand streitig gemacht worden ist. Nachdem es sich den Seeweg durch das
Mittelmeer und den Suezkannl gesichert, im Roten Meer Aden, weiter Sansibar
als Stationen hinzu erworben, nachdem es Deutschland nicht erlaubt hat, die
Luciabai zu erwerben, soll nun Südafrika bis zum Sambesi englisch werden,
was die Erwerbung des besten südafrikanischen Hafens in der Delagoabai nach
sich zieh" wird. Dann ist auch das Indische Meer in der Hand Englands.
Die beiden Zugänge zu den südlichen und den östlichen Ländern Asiens um
das Kap der Guten Hoffnung und durch den Suezkanal werden gegen Europa
geschlossen werden können, womit Europa auf den Weg um das Kap Horn
verwiesen wäre. Nur Amerika behält freie Verbindung. Eine nicht englische
Macht könnte von der Delagoabai aus die Wirkung der beiden Sperrforts
lahmen, darum darf dieser für große Flotten geeignete Hafen nicht in andre
als englische Hände kommen.

(Schluß folgt)




Die Blüte und der Verfall der holländischen Seemacht

in holländischer Schriftsteller, der um die Mitte des siebzehnten
Jahrhunderts von der glanzvollen Höhe hinabschant auf die An¬
fänge seines Vaterlands, nennt Holland treffend ein Land, das
von Natur nicht würdig gewesen wäre, bewohnt zu werden.
Unendlich wenig brachte das Land selbst hervor. Fast alles,
was für die Ernährung der Volksmassen, für Industrie und Schiffahrt von
nöten war, mußte vom Auslande erworben werden. Wollte dieses Volk
höhere Geltung erlangen, die Waren der Fremde erwerben tonnen, so mußte
es ans die See hinausgehn und in den Berufen des Fischers und Schiffers
Verdienst suchen. Die langgestreckte .Küstenheimat, ein Mittelding zwischen
Meer und Land, erleichterte diese" Mergaug ganz wesentlich.

Bis in die Zeiten der Karolinger hinauf lassen sich die Friesen, die Be¬
wohner der Küstenlandschaften von der Schelde bis zum Dvllart, von Seeland,
Holland, Westfriesland, als Seefahrer und Händler nachweisen. Nach England
und Südnorwegen richtete sich die Fahrt. Sie scheinen auch die ersten ge¬
wesen zu sein, die die Fahrt um das Kap Skagen nach der Ostsee, wenigstens
bis zur Ausmiiudung des Sundes erprobten. Hier gewann das Handelsleben
im Anschluß an das Emporblühn der Heringsfischerei im Sund etwa seit dem
Schlüsse des zwölften Jahrhunderts zugleich große Umschlagsplätze an der


tinentalstaaten stärkt England seine Flotte und auch sein Lnudheer; und es ist
wohl im Zusammenhang hiermit, wenn es sich mit Hintansetzung aller völker¬
rechtlichen Billigkeit und mit Aufwand sehr großer Mittel beeilt, in Afrika
eine Suprematie zu befestigen, die ihm in gewissen Grenzen bisher von nie¬
mand streitig gemacht worden ist. Nachdem es sich den Seeweg durch das
Mittelmeer und den Suezkannl gesichert, im Roten Meer Aden, weiter Sansibar
als Stationen hinzu erworben, nachdem es Deutschland nicht erlaubt hat, die
Luciabai zu erwerben, soll nun Südafrika bis zum Sambesi englisch werden,
was die Erwerbung des besten südafrikanischen Hafens in der Delagoabai nach
sich zieh» wird. Dann ist auch das Indische Meer in der Hand Englands.
Die beiden Zugänge zu den südlichen und den östlichen Ländern Asiens um
das Kap der Guten Hoffnung und durch den Suezkanal werden gegen Europa
geschlossen werden können, womit Europa auf den Weg um das Kap Horn
verwiesen wäre. Nur Amerika behält freie Verbindung. Eine nicht englische
Macht könnte von der Delagoabai aus die Wirkung der beiden Sperrforts
lahmen, darum darf dieser für große Flotten geeignete Hafen nicht in andre
als englische Hände kommen.

(Schluß folgt)




Die Blüte und der Verfall der holländischen Seemacht

in holländischer Schriftsteller, der um die Mitte des siebzehnten
Jahrhunderts von der glanzvollen Höhe hinabschant auf die An¬
fänge seines Vaterlands, nennt Holland treffend ein Land, das
von Natur nicht würdig gewesen wäre, bewohnt zu werden.
Unendlich wenig brachte das Land selbst hervor. Fast alles,
was für die Ernährung der Volksmassen, für Industrie und Schiffahrt von
nöten war, mußte vom Auslande erworben werden. Wollte dieses Volk
höhere Geltung erlangen, die Waren der Fremde erwerben tonnen, so mußte
es ans die See hinausgehn und in den Berufen des Fischers und Schiffers
Verdienst suchen. Die langgestreckte .Küstenheimat, ein Mittelding zwischen
Meer und Land, erleichterte diese» Mergaug ganz wesentlich.

Bis in die Zeiten der Karolinger hinauf lassen sich die Friesen, die Be¬
wohner der Küstenlandschaften von der Schelde bis zum Dvllart, von Seeland,
Holland, Westfriesland, als Seefahrer und Händler nachweisen. Nach England
und Südnorwegen richtete sich die Fahrt. Sie scheinen auch die ersten ge¬
wesen zu sein, die die Fahrt um das Kap Skagen nach der Ostsee, wenigstens
bis zur Ausmiiudung des Sundes erprobten. Hier gewann das Handelsleben
im Anschluß an das Emporblühn der Heringsfischerei im Sund etwa seit dem
Schlüsse des zwölften Jahrhunderts zugleich große Umschlagsplätze an der


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[0570] tinentalstaaten stärkt England seine Flotte und auch sein Lnudheer; und es ist wohl im Zusammenhang hiermit, wenn es sich mit Hintansetzung aller völker¬ rechtlichen Billigkeit und mit Aufwand sehr großer Mittel beeilt, in Afrika eine Suprematie zu befestigen, die ihm in gewissen Grenzen bisher von nie¬ mand streitig gemacht worden ist. Nachdem es sich den Seeweg durch das Mittelmeer und den Suezkannl gesichert, im Roten Meer Aden, weiter Sansibar als Stationen hinzu erworben, nachdem es Deutschland nicht erlaubt hat, die Luciabai zu erwerben, soll nun Südafrika bis zum Sambesi englisch werden, was die Erwerbung des besten südafrikanischen Hafens in der Delagoabai nach sich zieh» wird. Dann ist auch das Indische Meer in der Hand Englands. Die beiden Zugänge zu den südlichen und den östlichen Ländern Asiens um das Kap der Guten Hoffnung und durch den Suezkanal werden gegen Europa geschlossen werden können, womit Europa auf den Weg um das Kap Horn verwiesen wäre. Nur Amerika behält freie Verbindung. Eine nicht englische Macht könnte von der Delagoabai aus die Wirkung der beiden Sperrforts lahmen, darum darf dieser für große Flotten geeignete Hafen nicht in andre als englische Hände kommen. (Schluß folgt) Die Blüte und der Verfall der holländischen Seemacht in holländischer Schriftsteller, der um die Mitte des siebzehnten Jahrhunderts von der glanzvollen Höhe hinabschant auf die An¬ fänge seines Vaterlands, nennt Holland treffend ein Land, das von Natur nicht würdig gewesen wäre, bewohnt zu werden. Unendlich wenig brachte das Land selbst hervor. Fast alles, was für die Ernährung der Volksmassen, für Industrie und Schiffahrt von nöten war, mußte vom Auslande erworben werden. Wollte dieses Volk höhere Geltung erlangen, die Waren der Fremde erwerben tonnen, so mußte es ans die See hinausgehn und in den Berufen des Fischers und Schiffers Verdienst suchen. Die langgestreckte .Küstenheimat, ein Mittelding zwischen Meer und Land, erleichterte diese» Mergaug ganz wesentlich. Bis in die Zeiten der Karolinger hinauf lassen sich die Friesen, die Be¬ wohner der Küstenlandschaften von der Schelde bis zum Dvllart, von Seeland, Holland, Westfriesland, als Seefahrer und Händler nachweisen. Nach England und Südnorwegen richtete sich die Fahrt. Sie scheinen auch die ersten ge¬ wesen zu sein, die die Fahrt um das Kap Skagen nach der Ostsee, wenigstens bis zur Ausmiiudung des Sundes erprobten. Hier gewann das Handelsleben im Anschluß an das Emporblühn der Heringsfischerei im Sund etwa seit dem Schlüsse des zwölften Jahrhunderts zugleich große Umschlagsplätze an der

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341871_290410/570>, abgerufen am 29.06.2024.