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Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

überschwengliche Hoffnungen setzte, so ist bekanntlich der Erfolg beträchtlich
hinter den Erwartungen zurückgeblieben; zwar fand man Tausende kleiner ur¬
alter Idole, meist aus Bronze, die in der Nähe des Heraions vergraben
waren, aber von all den herrlichen großen Werken, die einst die Attis schmückten,
blieb uns eigentlich in der Hauptsache nur dreierlei erhalten: die großen Giebel-
gruppen des Zeustempels, die zerstückelt in byzantinischen Häusermauern
des siebente" und achten Jahrhunderts steckten, der unvergleichlich schöne
Hermes des Praxiteles, der tief im Lehm des Heraions vergraben war, und
die leider stark verstümmelte Nike des Paionios, Die Erklärung gab uns ein
mittelalterlicher Kalkofen, worin Dörpfeld noch Hunderte von Torfen lind
Gliedmaßen, schon halb verbrannt und wertlos, entdeckt hat. In dieser Beziehung
haben die Franzosen in Delphi ungleich mehr Glück gehabt, und als uns
Perdrizet durch das provisorische Museum führte, kostete es uns keine geringe
Überwindung, alle chauvinistischen Regungen hinterznschlncken und neidlos die
herrlichen Marmor- und Vronzewerke aus allen Perioden, vom siebenten Jahr¬
hundert v. Chr. bis in römische Zeiten, anzustaunen. Die bis jetzt erschienene"
vorläufige" Veröffentlichungen im Lütke-tin Ah <Z0rresp<)uäg.nov luzllonicins und
in der 6irWt,to ävs l"zg,ux g,rks können kaum die rechte Vorstellung vou diesen
Werken vermitteln; und wenn die Abbildungen zur Not genügen, den prächtigen
archaischen Wageiüenker aus Bronze zu charakterisieren, der den Polhzalos von
Syrakus darstellt, so reichen sie doch nicht aus gegenüber den acht großen
Knlksteiustatuen, die die Familie des Thessalerfiirsten Daochos verherrliche"
und Originalwerke der Lhsippischen Schule, wenn nicht gar Lysipps selber
sind; auch der liebenswürdige Zauber der Antinousstatue, die die Franzosen
nicht mit Unrecht dem praxitelischen Hermes der Deutschen als ihre" vivu
gegenüberstelle", kommt in der Abbildung nur teilweise zur Geltung.

(Schluß folgt)




Maßgebliches und Unmaßgebliches
Eine Rangliste zu Ausgang des achtzehnten Jahrhunderts.

In
einzelnen Exemplaren der "Zusätze zu den neuen Beifügen zur Gothaischen Landes¬
ordnung, enthaltend die vom 18. Mai 1781 bis zum März 1827 für das Herzog¬
tum Gotha erlassenen Gesetze und Verordnungen" findet sich am Schlüsse des sehr
stattlichen Bandes -- ohne daß das Datum ihrer Publikation genauer angegeben
ist -- eine "Klassifikation, welche dem wegen der Einmietlingssteuer erlassenen
Patente vom 23. November 1795 beigefügt worden ist."

Dieses "Patent" ist weder in den oben erwähnten "Zusätzen" noch sonstwo
in den gedruckt vorhandnen Kodifikationen der Gothaischen Gesetze und Verordnungen
zu finde", und es ist dem Verfasser dieser Zeile" eines auf andre Weise nicht ge¬
lungen, eines Exemplars habhaft zu werden. Aus dem Inhalt andrer, das Steuer-


Maßgebliches und Unmaßgebliches

überschwengliche Hoffnungen setzte, so ist bekanntlich der Erfolg beträchtlich
hinter den Erwartungen zurückgeblieben; zwar fand man Tausende kleiner ur¬
alter Idole, meist aus Bronze, die in der Nähe des Heraions vergraben
waren, aber von all den herrlichen großen Werken, die einst die Attis schmückten,
blieb uns eigentlich in der Hauptsache nur dreierlei erhalten: die großen Giebel-
gruppen des Zeustempels, die zerstückelt in byzantinischen Häusermauern
des siebente» und achten Jahrhunderts steckten, der unvergleichlich schöne
Hermes des Praxiteles, der tief im Lehm des Heraions vergraben war, und
die leider stark verstümmelte Nike des Paionios, Die Erklärung gab uns ein
mittelalterlicher Kalkofen, worin Dörpfeld noch Hunderte von Torfen lind
Gliedmaßen, schon halb verbrannt und wertlos, entdeckt hat. In dieser Beziehung
haben die Franzosen in Delphi ungleich mehr Glück gehabt, und als uns
Perdrizet durch das provisorische Museum führte, kostete es uns keine geringe
Überwindung, alle chauvinistischen Regungen hinterznschlncken und neidlos die
herrlichen Marmor- und Vronzewerke aus allen Perioden, vom siebenten Jahr¬
hundert v. Chr. bis in römische Zeiten, anzustaunen. Die bis jetzt erschienene»
vorläufige» Veröffentlichungen im Lütke-tin Ah <Z0rresp<)uäg.nov luzllonicins und
in der 6irWt,to ävs l»zg,ux g,rks können kaum die rechte Vorstellung vou diesen
Werken vermitteln; und wenn die Abbildungen zur Not genügen, den prächtigen
archaischen Wageiüenker aus Bronze zu charakterisieren, der den Polhzalos von
Syrakus darstellt, so reichen sie doch nicht aus gegenüber den acht großen
Knlksteiustatuen, die die Familie des Thessalerfiirsten Daochos verherrliche»
und Originalwerke der Lhsippischen Schule, wenn nicht gar Lysipps selber
sind; auch der liebenswürdige Zauber der Antinousstatue, die die Franzosen
nicht mit Unrecht dem praxitelischen Hermes der Deutschen als ihre» vivu
gegenüberstelle», kommt in der Abbildung nur teilweise zur Geltung.

(Schluß folgt)




Maßgebliches und Unmaßgebliches
Eine Rangliste zu Ausgang des achtzehnten Jahrhunderts.

In
einzelnen Exemplaren der „Zusätze zu den neuen Beifügen zur Gothaischen Landes¬
ordnung, enthaltend die vom 18. Mai 1781 bis zum März 1827 für das Herzog¬
tum Gotha erlassenen Gesetze und Verordnungen" findet sich am Schlüsse des sehr
stattlichen Bandes — ohne daß das Datum ihrer Publikation genauer angegeben
ist — eine „Klassifikation, welche dem wegen der Einmietlingssteuer erlassenen
Patente vom 23. November 1795 beigefügt worden ist."

Dieses „Patent" ist weder in den oben erwähnten „Zusätzen" noch sonstwo
in den gedruckt vorhandnen Kodifikationen der Gothaischen Gesetze und Verordnungen
zu finde», und es ist dem Verfasser dieser Zeile» eines auf andre Weise nicht ge¬
lungen, eines Exemplars habhaft zu werden. Aus dem Inhalt andrer, das Steuer-


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[0456] Maßgebliches und Unmaßgebliches überschwengliche Hoffnungen setzte, so ist bekanntlich der Erfolg beträchtlich hinter den Erwartungen zurückgeblieben; zwar fand man Tausende kleiner ur¬ alter Idole, meist aus Bronze, die in der Nähe des Heraions vergraben waren, aber von all den herrlichen großen Werken, die einst die Attis schmückten, blieb uns eigentlich in der Hauptsache nur dreierlei erhalten: die großen Giebel- gruppen des Zeustempels, die zerstückelt in byzantinischen Häusermauern des siebente» und achten Jahrhunderts steckten, der unvergleichlich schöne Hermes des Praxiteles, der tief im Lehm des Heraions vergraben war, und die leider stark verstümmelte Nike des Paionios, Die Erklärung gab uns ein mittelalterlicher Kalkofen, worin Dörpfeld noch Hunderte von Torfen lind Gliedmaßen, schon halb verbrannt und wertlos, entdeckt hat. In dieser Beziehung haben die Franzosen in Delphi ungleich mehr Glück gehabt, und als uns Perdrizet durch das provisorische Museum führte, kostete es uns keine geringe Überwindung, alle chauvinistischen Regungen hinterznschlncken und neidlos die herrlichen Marmor- und Vronzewerke aus allen Perioden, vom siebenten Jahr¬ hundert v. Chr. bis in römische Zeiten, anzustaunen. Die bis jetzt erschienene» vorläufige» Veröffentlichungen im Lütke-tin Ah <Z0rresp<)uäg.nov luzllonicins und in der 6irWt,to ävs l»zg,ux g,rks können kaum die rechte Vorstellung vou diesen Werken vermitteln; und wenn die Abbildungen zur Not genügen, den prächtigen archaischen Wageiüenker aus Bronze zu charakterisieren, der den Polhzalos von Syrakus darstellt, so reichen sie doch nicht aus gegenüber den acht großen Knlksteiustatuen, die die Familie des Thessalerfiirsten Daochos verherrliche» und Originalwerke der Lhsippischen Schule, wenn nicht gar Lysipps selber sind; auch der liebenswürdige Zauber der Antinousstatue, die die Franzosen nicht mit Unrecht dem praxitelischen Hermes der Deutschen als ihre» vivu gegenüberstelle», kommt in der Abbildung nur teilweise zur Geltung. (Schluß folgt) Maßgebliches und Unmaßgebliches Eine Rangliste zu Ausgang des achtzehnten Jahrhunderts. In einzelnen Exemplaren der „Zusätze zu den neuen Beifügen zur Gothaischen Landes¬ ordnung, enthaltend die vom 18. Mai 1781 bis zum März 1827 für das Herzog¬ tum Gotha erlassenen Gesetze und Verordnungen" findet sich am Schlüsse des sehr stattlichen Bandes — ohne daß das Datum ihrer Publikation genauer angegeben ist — eine „Klassifikation, welche dem wegen der Einmietlingssteuer erlassenen Patente vom 23. November 1795 beigefügt worden ist." Dieses „Patent" ist weder in den oben erwähnten „Zusätzen" noch sonstwo in den gedruckt vorhandnen Kodifikationen der Gothaischen Gesetze und Verordnungen zu finde», und es ist dem Verfasser dieser Zeile» eines auf andre Weise nicht ge¬ lungen, eines Exemplars habhaft zu werden. Aus dem Inhalt andrer, das Steuer-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341871_290410/456>, abgerufen am 29.06.2024.