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Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Zweites Vierteljahr.

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Frankreich Entschädigungen zu erobern, die denen gleich seien, die der König
von Preußen in Polen gefunden hatte. Diese beiden Mächte verwarfen daher
jeden Gedanken an die Eröffnung einer Friedensnuterhandlung mit Frankreich."*)
England bezahlte Preußen und später Österreich dafür, daß sie Frankreich ver¬
hinderten, sich gegen die Zerstörung seiner Flotte, seines Handels, gegen die
Eroberung seiner Kolonien durch England zu wahren. Ohne die englischen
Subsidien hätten Preußen und Österreich wahrscheinlich schon 1794 Frieden
geschlossen, Hütte es keinen Krieg in Italien gegeben, der einem Bonaparte
Gelegenheit schaffte emporzusteigen, hätte Europa wahrscheinlich nicht die
furchtbaren Verwüstungen der napoleonischen Zeit erlebt. Die Interessen Eng¬
lands waren schon damals nicht die europäischen Interessen und ließen sich
keineswegs den Interessen gleichstellen, die die beiden deutschen Vormächte
gegen Frankreich ins Feld führten. Österreich wie Preußen kämpften für
europäische und kontinentale Interessen, England für seine Suprematie zur
See und über der See. Und so divergieren die Interessen Europas von denen
Englands heute in noch stärkeren Maße, weil die englische Weltmacht seit 1793
gewaltig herangewachsen ist, und zwar herangewachsen als Seemacht, während
Europa sich in Landrüstungen erschöpfte. Wie war es dn denkbar, daß Eng¬
land auf die Frage, wie Europa wohl solcher Erschöpfung entgehn möchte,
eine andre Antwort hätte geben sollen, als die wir deutlich aus allen schönen
Phrasen im Haag heraushörten, die Antwort: Europa soll zu Lande, Eng¬
land zur See rüsten -- das ist englisches Interesse. Aber das ist der Ruin
Europas in unsrer Zeit der immer höher anschwellenden überseeischen Interessen.




Militärische Randglossen zum Vurenkriege
v Lari von Bruch Hansen on(Fortsetzung)

örtlich vom Modder zeigte das Gelände geringere Schwierig¬
keiten als z. B. bei Stormberg und in Natal. Namentlich im
Norden der von den Buren bei Spytfontein-Magersfontein ein-
geuommnen Stellung geht es, wenn die Karten richtig sind,
von der Gebirgsform mehr zu einem wellenförmigen Hügellande
über. Da triumphierte die (Z. (vorn 9. Dezember): Jetzt haben wir
sie! In diesem Gelände können sich die geschlagner Buren unsrer Verfolgung
nicht erziehn, und ihnen ist eine Niederlage sicher, wie sie eine solche noch



") Mitteilungen aus den nachgelassene" Papieren eines preußischen Diplomaten, Band 1,
Seite 197, Berlin 1868, Kortkampf.

Frankreich Entschädigungen zu erobern, die denen gleich seien, die der König
von Preußen in Polen gefunden hatte. Diese beiden Mächte verwarfen daher
jeden Gedanken an die Eröffnung einer Friedensnuterhandlung mit Frankreich."*)
England bezahlte Preußen und später Österreich dafür, daß sie Frankreich ver¬
hinderten, sich gegen die Zerstörung seiner Flotte, seines Handels, gegen die
Eroberung seiner Kolonien durch England zu wahren. Ohne die englischen
Subsidien hätten Preußen und Österreich wahrscheinlich schon 1794 Frieden
geschlossen, Hütte es keinen Krieg in Italien gegeben, der einem Bonaparte
Gelegenheit schaffte emporzusteigen, hätte Europa wahrscheinlich nicht die
furchtbaren Verwüstungen der napoleonischen Zeit erlebt. Die Interessen Eng¬
lands waren schon damals nicht die europäischen Interessen und ließen sich
keineswegs den Interessen gleichstellen, die die beiden deutschen Vormächte
gegen Frankreich ins Feld führten. Österreich wie Preußen kämpften für
europäische und kontinentale Interessen, England für seine Suprematie zur
See und über der See. Und so divergieren die Interessen Europas von denen
Englands heute in noch stärkeren Maße, weil die englische Weltmacht seit 1793
gewaltig herangewachsen ist, und zwar herangewachsen als Seemacht, während
Europa sich in Landrüstungen erschöpfte. Wie war es dn denkbar, daß Eng¬
land auf die Frage, wie Europa wohl solcher Erschöpfung entgehn möchte,
eine andre Antwort hätte geben sollen, als die wir deutlich aus allen schönen
Phrasen im Haag heraushörten, die Antwort: Europa soll zu Lande, Eng¬
land zur See rüsten — das ist englisches Interesse. Aber das ist der Ruin
Europas in unsrer Zeit der immer höher anschwellenden überseeischen Interessen.




Militärische Randglossen zum Vurenkriege
v Lari von Bruch Hansen on(Fortsetzung)

örtlich vom Modder zeigte das Gelände geringere Schwierig¬
keiten als z. B. bei Stormberg und in Natal. Namentlich im
Norden der von den Buren bei Spytfontein-Magersfontein ein-
geuommnen Stellung geht es, wenn die Karten richtig sind,
von der Gebirgsform mehr zu einem wellenförmigen Hügellande
über. Da triumphierte die (Z. (vorn 9. Dezember): Jetzt haben wir
sie! In diesem Gelände können sich die geschlagner Buren unsrer Verfolgung
nicht erziehn, und ihnen ist eine Niederlage sicher, wie sie eine solche noch



") Mitteilungen aus den nachgelassene» Papieren eines preußischen Diplomaten, Band 1,
Seite 197, Berlin 1868, Kortkampf.
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[0384] Frankreich Entschädigungen zu erobern, die denen gleich seien, die der König von Preußen in Polen gefunden hatte. Diese beiden Mächte verwarfen daher jeden Gedanken an die Eröffnung einer Friedensnuterhandlung mit Frankreich."*) England bezahlte Preußen und später Österreich dafür, daß sie Frankreich ver¬ hinderten, sich gegen die Zerstörung seiner Flotte, seines Handels, gegen die Eroberung seiner Kolonien durch England zu wahren. Ohne die englischen Subsidien hätten Preußen und Österreich wahrscheinlich schon 1794 Frieden geschlossen, Hütte es keinen Krieg in Italien gegeben, der einem Bonaparte Gelegenheit schaffte emporzusteigen, hätte Europa wahrscheinlich nicht die furchtbaren Verwüstungen der napoleonischen Zeit erlebt. Die Interessen Eng¬ lands waren schon damals nicht die europäischen Interessen und ließen sich keineswegs den Interessen gleichstellen, die die beiden deutschen Vormächte gegen Frankreich ins Feld führten. Österreich wie Preußen kämpften für europäische und kontinentale Interessen, England für seine Suprematie zur See und über der See. Und so divergieren die Interessen Europas von denen Englands heute in noch stärkeren Maße, weil die englische Weltmacht seit 1793 gewaltig herangewachsen ist, und zwar herangewachsen als Seemacht, während Europa sich in Landrüstungen erschöpfte. Wie war es dn denkbar, daß Eng¬ land auf die Frage, wie Europa wohl solcher Erschöpfung entgehn möchte, eine andre Antwort hätte geben sollen, als die wir deutlich aus allen schönen Phrasen im Haag heraushörten, die Antwort: Europa soll zu Lande, Eng¬ land zur See rüsten — das ist englisches Interesse. Aber das ist der Ruin Europas in unsrer Zeit der immer höher anschwellenden überseeischen Interessen. Militärische Randglossen zum Vurenkriege v Lari von Bruch Hansen on(Fortsetzung) örtlich vom Modder zeigte das Gelände geringere Schwierig¬ keiten als z. B. bei Stormberg und in Natal. Namentlich im Norden der von den Buren bei Spytfontein-Magersfontein ein- geuommnen Stellung geht es, wenn die Karten richtig sind, von der Gebirgsform mehr zu einem wellenförmigen Hügellande über. Da triumphierte die (Z. (vorn 9. Dezember): Jetzt haben wir sie! In diesem Gelände können sich die geschlagner Buren unsrer Verfolgung nicht erziehn, und ihnen ist eine Niederlage sicher, wie sie eine solche noch ") Mitteilungen aus den nachgelassene» Papieren eines preußischen Diplomaten, Band 1, Seite 197, Berlin 1868, Kortkampf.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341871_290410/384>, abgerufen am 29.06.2024.