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Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Zweites Vierteljahr.

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Die Fürsorge für mittellose Hinterbliebne von Beamten
und Arbeitern

s muß dem Freiherr" von Stumm mis ein großes Verdienst
angerechnet werden, daß er seit mehr als dreißig Jahren immer
wieder mit ungeschwächter Energie mit dem Verlangen um den
Staat herantritt, die Fürsorge für hilfsbedürftige Hiuterbliebue
wenigstens der Arbeiterklasse in der Form einer Witwen- und
Waisenversicherung gesetzlich anzubahnen. Wir wünschen ihm von ganzem
Herzen, daß er den Erfolg seines menschenfreundlichen Strebens noch, und
zwar recht bald und vollständig, erleben möge.

Am 12. Januar dieses Jahres hat sich der Reichstag wieder einmal auf
Stumms Antrag mit der Sache beschäftigt und mit großer Majorität die von
dem streitbaren Freiherrn vorgeschlague Resolution angenommen, "die Ver¬
bündeten Regierungen zu ersuchen, dem Reichstage einen Gesetzentwurf vor¬
zulegen, durch welchen im Anschluß an die Invalidenversicherung die Witweu-
uud Waisenversicherung für die versicherten Personen eingeführt wird."

Ehe wir auf die Verhandlungen darüber und den heutigen Stand der
Frage, soweit sie die Witwen- und Waisenversicherung der Arbeiterschaft be¬
trifft, eingehn, scheint es uns angebracht, die Fürsorge für mittellose Hinter-
bliebue eiuer großen und sehr wichtigen Klasse von Staatsbürgern zur Sprache
zu bringen, die nicht zur Arbeiterklasse gehört und nicht von, Antrage Stumm
berührt wird, die dein Staat aber ganz besonders nahe steht und ganz besonders
ein Recht auf seine Fürsorge hat: die Fürsorge für die mittellosen Hinter-
bliebnen seiner eignen Beamten. Es bestehn in dieser Beziehung trotz mancher
Versuche zur Abhilfe gerade in Preußen noch immer Härten, Miß- und Not¬
stände, die zum Himmel schreien, und deren Abstellung umsomehr not thut,
als die davon Betroffnen am wenigsten in der Lage und dazu augelegt sind,
so zu "schreien," wie das heutzutage in der Politik mit gutem Erfolg Mode
geworden ist.


Gronzboten 1l 1900 4"i


Die Fürsorge für mittellose Hinterbliebne von Beamten
und Arbeitern

s muß dem Freiherr« von Stumm mis ein großes Verdienst
angerechnet werden, daß er seit mehr als dreißig Jahren immer
wieder mit ungeschwächter Energie mit dem Verlangen um den
Staat herantritt, die Fürsorge für hilfsbedürftige Hiuterbliebue
wenigstens der Arbeiterklasse in der Form einer Witwen- und
Waisenversicherung gesetzlich anzubahnen. Wir wünschen ihm von ganzem
Herzen, daß er den Erfolg seines menschenfreundlichen Strebens noch, und
zwar recht bald und vollständig, erleben möge.

Am 12. Januar dieses Jahres hat sich der Reichstag wieder einmal auf
Stumms Antrag mit der Sache beschäftigt und mit großer Majorität die von
dem streitbaren Freiherrn vorgeschlague Resolution angenommen, „die Ver¬
bündeten Regierungen zu ersuchen, dem Reichstage einen Gesetzentwurf vor¬
zulegen, durch welchen im Anschluß an die Invalidenversicherung die Witweu-
uud Waisenversicherung für die versicherten Personen eingeführt wird."

Ehe wir auf die Verhandlungen darüber und den heutigen Stand der
Frage, soweit sie die Witwen- und Waisenversicherung der Arbeiterschaft be¬
trifft, eingehn, scheint es uns angebracht, die Fürsorge für mittellose Hinter-
bliebue eiuer großen und sehr wichtigen Klasse von Staatsbürgern zur Sprache
zu bringen, die nicht zur Arbeiterklasse gehört und nicht von, Antrage Stumm
berührt wird, die dein Staat aber ganz besonders nahe steht und ganz besonders
ein Recht auf seine Fürsorge hat: die Fürsorge für die mittellosen Hinter-
bliebnen seiner eignen Beamten. Es bestehn in dieser Beziehung trotz mancher
Versuche zur Abhilfe gerade in Preußen noch immer Härten, Miß- und Not¬
stände, die zum Himmel schreien, und deren Abstellung umsomehr not thut,
als die davon Betroffnen am wenigsten in der Lage und dazu augelegt sind,
so zu „schreien," wie das heutzutage in der Politik mit gutem Erfolg Mode
geworden ist.


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[0369] [Abbildung] Die Fürsorge für mittellose Hinterbliebne von Beamten und Arbeitern s muß dem Freiherr« von Stumm mis ein großes Verdienst angerechnet werden, daß er seit mehr als dreißig Jahren immer wieder mit ungeschwächter Energie mit dem Verlangen um den Staat herantritt, die Fürsorge für hilfsbedürftige Hiuterbliebue wenigstens der Arbeiterklasse in der Form einer Witwen- und Waisenversicherung gesetzlich anzubahnen. Wir wünschen ihm von ganzem Herzen, daß er den Erfolg seines menschenfreundlichen Strebens noch, und zwar recht bald und vollständig, erleben möge. Am 12. Januar dieses Jahres hat sich der Reichstag wieder einmal auf Stumms Antrag mit der Sache beschäftigt und mit großer Majorität die von dem streitbaren Freiherrn vorgeschlague Resolution angenommen, „die Ver¬ bündeten Regierungen zu ersuchen, dem Reichstage einen Gesetzentwurf vor¬ zulegen, durch welchen im Anschluß an die Invalidenversicherung die Witweu- uud Waisenversicherung für die versicherten Personen eingeführt wird." Ehe wir auf die Verhandlungen darüber und den heutigen Stand der Frage, soweit sie die Witwen- und Waisenversicherung der Arbeiterschaft be¬ trifft, eingehn, scheint es uns angebracht, die Fürsorge für mittellose Hinter- bliebue eiuer großen und sehr wichtigen Klasse von Staatsbürgern zur Sprache zu bringen, die nicht zur Arbeiterklasse gehört und nicht von, Antrage Stumm berührt wird, die dein Staat aber ganz besonders nahe steht und ganz besonders ein Recht auf seine Fürsorge hat: die Fürsorge für die mittellosen Hinter- bliebnen seiner eignen Beamten. Es bestehn in dieser Beziehung trotz mancher Versuche zur Abhilfe gerade in Preußen noch immer Härten, Miß- und Not¬ stände, die zum Himmel schreien, und deren Abstellung umsomehr not thut, als die davon Betroffnen am wenigsten in der Lage und dazu augelegt sind, so zu „schreien," wie das heutzutage in der Politik mit gutem Erfolg Mode geworden ist. Gronzboten 1l 1900 4«i

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341871_290410/369>, abgerufen am 28.09.2024.