Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Zweites Vierteljahr.Ibsens romantische Stücke Stunden täglich oder in Ganzpension, dann für die drei- bis sechsjährigen Ibsens romantische Stücke le uns die Zeitungen gemeldet haben, bedeutet das Stück "Wenn Ibsens romantische Stücke Stunden täglich oder in Ganzpension, dann für die drei- bis sechsjährigen Ibsens romantische Stücke le uns die Zeitungen gemeldet haben, bedeutet das Stück „Wenn <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0341" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/290752"/> <fw type="header" place="top"> Ibsens romantische Stücke</fw><lb/> <p xml:id="ID_1254" prev="#ID_1253"> Stunden täglich oder in Ganzpension, dann für die drei- bis sechsjährigen<lb/> Kinder Kindergärten, und für die sechs- bis vierzehnjährigen Aufsichtsanstalten<lb/> für die schulfreien Stunden. Hier könnten die Kinder gärtnern lernen und<lb/> mit leichter Haus- und Handarbeit beschäftigt werden, die großen Mädchen<lb/> könnten in den Krippen Vorstudien machen, vielleicht obligatorisch ein Jahr<lb/> lang, in Behandlung und Pflege kleiner Kinder, die sie dann nur zu gut im<lb/> eignen Hause später verwenden könnten. Auf die Weise würde die seelische<lb/> Ausbildung der Arbeiterjugend gebessert und praktisches Können vermehrt. Die<lb/> Kinder bekämen festern Boden unter die Füße und lernten den Wert und die<lb/> Wohlthat eines geregelten Lebens mehr schätzen und lieben, als es ihnen heute<lb/> ni Arbeiterfamilien, wie sie gewöhnlich sind, möglich ist. — Das sind so meine<lb/> Träume und Wünsche; werden sie von den Gesetzgebern für unerfüllbar erklärt<lb/> werden?</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Ibsens romantische Stücke</head><lb/> <p xml:id="ID_1255" next="#ID_1256"> le uns die Zeitungen gemeldet haben, bedeutet das Stück „Wenn<lb/> wir Toten erwachen" des grimmen Statten Abschied von seinem<lb/> Publikum. Darin liegt eine Aufforderung, sein Lebenswerk zu<lb/> überblicken. Wäre Ibsen nur ein Theaterdichter wie Blumen-<lb/> thnl oder Halbe, so ginge er mich nichts an, denn ich kenne das<lb/> Theater nicht und verstehe nichts davon. Aber Ibsen ist ein philosophischer<lb/> Dichter. Tausende haben ihre Lebensanschauung ans ihm geschöpft — wenig¬<lb/> stens die Lebensanschauung, die sie im Gespräch zum besten geben, wenn auch<lb/> glücklicherweise nicht die, nach der sie handeln —, und durch die Pforte, die<lb/> er geöffnet hat, ist ein ganzes Heer nordischer Dichter in Deutschland einge¬<lb/> brochen und hat die sogenannte Lebensanschauung, die meistens nur eine heil¬<lb/> lose Gednnkenverwirrung ist, durch noch mehr Verwirrung vervollständigt und<lb/> weiter verbreitet. Unter diesen Umständen fühle ich mich nicht bloß berufen,<lb/> sondern einigermaßen verpflichtet, mich auch mit Ibsen, als dem Urheber und<lb/> Hanpte einer bei uns herrschenden geistigen Strömung, an dieser Stelle aus¬<lb/> einander zu setzen. Ich habe deshalb die Dramen des Mannes, soweit sie<lb/> übersetzt sind, und einige seiner Gedichte durchgelesen. Schon ehe ich mit der<lb/> Hälfte fertig war, stand mein Urteil fest: Ibsen ist ein wirklicher Dichter, ein<lb/> großer Dichter, aber zu den allergrößten gehört er nicht. Fast aller der<lb/> Gaben, die den Dichter ausmachen, erfreut er sich in vollem Maße. Er hat<lb/> Ideen, hat den Blick für die äußere Gestalt der Dinge und den Blick in die<lb/> Tiefen der Menschenseele, er hat Gestaltungskraft und Kombinntionsgabe, von<lb/> seiner Virtuosität in der dramatischen Technik gar nicht zu reden, die in jedem</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0341]
Ibsens romantische Stücke
Stunden täglich oder in Ganzpension, dann für die drei- bis sechsjährigen
Kinder Kindergärten, und für die sechs- bis vierzehnjährigen Aufsichtsanstalten
für die schulfreien Stunden. Hier könnten die Kinder gärtnern lernen und
mit leichter Haus- und Handarbeit beschäftigt werden, die großen Mädchen
könnten in den Krippen Vorstudien machen, vielleicht obligatorisch ein Jahr
lang, in Behandlung und Pflege kleiner Kinder, die sie dann nur zu gut im
eignen Hause später verwenden könnten. Auf die Weise würde die seelische
Ausbildung der Arbeiterjugend gebessert und praktisches Können vermehrt. Die
Kinder bekämen festern Boden unter die Füße und lernten den Wert und die
Wohlthat eines geregelten Lebens mehr schätzen und lieben, als es ihnen heute
ni Arbeiterfamilien, wie sie gewöhnlich sind, möglich ist. — Das sind so meine
Träume und Wünsche; werden sie von den Gesetzgebern für unerfüllbar erklärt
werden?
Ibsens romantische Stücke
le uns die Zeitungen gemeldet haben, bedeutet das Stück „Wenn
wir Toten erwachen" des grimmen Statten Abschied von seinem
Publikum. Darin liegt eine Aufforderung, sein Lebenswerk zu
überblicken. Wäre Ibsen nur ein Theaterdichter wie Blumen-
thnl oder Halbe, so ginge er mich nichts an, denn ich kenne das
Theater nicht und verstehe nichts davon. Aber Ibsen ist ein philosophischer
Dichter. Tausende haben ihre Lebensanschauung ans ihm geschöpft — wenig¬
stens die Lebensanschauung, die sie im Gespräch zum besten geben, wenn auch
glücklicherweise nicht die, nach der sie handeln —, und durch die Pforte, die
er geöffnet hat, ist ein ganzes Heer nordischer Dichter in Deutschland einge¬
brochen und hat die sogenannte Lebensanschauung, die meistens nur eine heil¬
lose Gednnkenverwirrung ist, durch noch mehr Verwirrung vervollständigt und
weiter verbreitet. Unter diesen Umständen fühle ich mich nicht bloß berufen,
sondern einigermaßen verpflichtet, mich auch mit Ibsen, als dem Urheber und
Hanpte einer bei uns herrschenden geistigen Strömung, an dieser Stelle aus¬
einander zu setzen. Ich habe deshalb die Dramen des Mannes, soweit sie
übersetzt sind, und einige seiner Gedichte durchgelesen. Schon ehe ich mit der
Hälfte fertig war, stand mein Urteil fest: Ibsen ist ein wirklicher Dichter, ein
großer Dichter, aber zu den allergrößten gehört er nicht. Fast aller der
Gaben, die den Dichter ausmachen, erfreut er sich in vollem Maße. Er hat
Ideen, hat den Blick für die äußere Gestalt der Dinge und den Blick in die
Tiefen der Menschenseele, er hat Gestaltungskraft und Kombinntionsgabe, von
seiner Virtuosität in der dramatischen Technik gar nicht zu reden, die in jedem
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |