Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Zweites Vierteljahr.Auf Sizilien Otto Uaemmel von (Fortsetzung) s ist keine großartige, am allerwenigsten eine malerische Land¬ Dabei treten drei Seiten bestimmend hervor. Zunächst geht durch die Auf Sizilien Otto Uaemmel von (Fortsetzung) s ist keine großartige, am allerwenigsten eine malerische Land¬ Dabei treten drei Seiten bestimmend hervor. Zunächst geht durch die <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0302" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/290713"/> <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341871_290410/figures/grenzboten_341871_290410_290713_000.jpg"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Auf Sizilien<lb/><note type="byline"> Otto Uaemmel</note> von (Fortsetzung)</head><lb/> <p xml:id="ID_1135"> s ist keine großartige, am allerwenigsten eine malerische Land¬<lb/> schaft, diese Gegend von Syrakus; sie verläuft in langen, ein¬<lb/> förmigen, strengen Linien und wird auf drei Seiten wieder von<lb/> dem noch einförmiger« Meereshorizont begrenzt. Nur der Ätna<lb/> unterbricht diese Gleichförmigkeit. Wer hier nicht historische<lb/> Hintergründe zu sehen vermag, der sieht nur graue, kahle, steinige, trümmer-<lb/> besäte Flächen und Höhenzüge, dazwischen Gärten und Felder und Ölbüume,<lb/> weiße Häusergruppen und staubige, schattenlose Straßen, in den Häfen eine<lb/> Anzahl kleiner Schiffe und buntangemalter Boote; er wird vielleicht nur<lb/> an der üppigen Vegetation der Lakonien und einzelner Gärten oder an dem<lb/> weiten Ausblick auf die See einiges Genüge finden und schleunigst wieder<lb/> abreisen. Wer aber in die Vergangenheit sehen kann, dem beleben sich diese<lb/> einförmigen Züge. Er sieht auf den jetzt öden Hochflächen der Achradina und<lb/> der Epipolä eine große Stadt hinter festen Mauern, in den Häfen einen Wald<lb/> von Masten, er sieht Kriegsflotten und Heere miteinander ringen, Volks¬<lb/> freiheit und Tyrannis miteinander kämpfen, Dichter, Künstler und Gelehrte<lb/> miteinander wetteifern. Nur trägt die Vergangenheit von Syrakus einen ganz<lb/> andern Charakter als die Geschichte von Palermo. Dieses hatte seine größte Be¬<lb/> deutung im Mittelalter als Vereinigungspunkt verschiedner Kulturströmungen,<lb/> die Größe von Syrakus liegt durchaus im griechischen Altertum.</p><lb/> <p xml:id="ID_1136" next="#ID_1137"> Dabei treten drei Seiten bestimmend hervor. Zunächst geht durch die<lb/> ganze politische Entwicklung von Syrakus ein starker monarchischer Zug, wie<lb/> sonst bei keiner andern altgriechischen Stadtgemeinde. Die Tyrannis, die<lb/> militärisch-demokratische Gewaltherrschaft, sonst eine vorübergehende Erscheinung,<lb/> hat in Syrakus viermal und jedesmal jahrzehntelang geherrscht (485 bis 465,<lb/> 405 bis 344, 317 bis 279, 269 bis 214), also von einem Zeitraum von<lb/> 270 Jahren, dem bedeutendsten und reichsten in dem Leben der Stadt, fast<lb/> zwei Drittel, im ganzen 174 Jahre lang. Denn hier, an den Grenzen der<lb/> griechischen Welt, dicht vor dem Erbfeinde, der karthagischen Großmacht, war<lb/> die Monarchie oder, wenn diese fehlte, die militärische Diktatur die natürliche<lb/> Staatsform, aus der dann viermal, unter Getön, Dionysios I., Agathokles und<lb/> Hieron II., die thatsächlich erbliche, gesetzlich allerdings niemals befestigte<lb/> Tyrannis hervorging; die gesetzliche Demokratie war eben auf die Dauer zu einer</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0302]
[Abbildung]
Auf Sizilien
Otto Uaemmel von (Fortsetzung)
s ist keine großartige, am allerwenigsten eine malerische Land¬
schaft, diese Gegend von Syrakus; sie verläuft in langen, ein¬
förmigen, strengen Linien und wird auf drei Seiten wieder von
dem noch einförmiger« Meereshorizont begrenzt. Nur der Ätna
unterbricht diese Gleichförmigkeit. Wer hier nicht historische
Hintergründe zu sehen vermag, der sieht nur graue, kahle, steinige, trümmer-
besäte Flächen und Höhenzüge, dazwischen Gärten und Felder und Ölbüume,
weiße Häusergruppen und staubige, schattenlose Straßen, in den Häfen eine
Anzahl kleiner Schiffe und buntangemalter Boote; er wird vielleicht nur
an der üppigen Vegetation der Lakonien und einzelner Gärten oder an dem
weiten Ausblick auf die See einiges Genüge finden und schleunigst wieder
abreisen. Wer aber in die Vergangenheit sehen kann, dem beleben sich diese
einförmigen Züge. Er sieht auf den jetzt öden Hochflächen der Achradina und
der Epipolä eine große Stadt hinter festen Mauern, in den Häfen einen Wald
von Masten, er sieht Kriegsflotten und Heere miteinander ringen, Volks¬
freiheit und Tyrannis miteinander kämpfen, Dichter, Künstler und Gelehrte
miteinander wetteifern. Nur trägt die Vergangenheit von Syrakus einen ganz
andern Charakter als die Geschichte von Palermo. Dieses hatte seine größte Be¬
deutung im Mittelalter als Vereinigungspunkt verschiedner Kulturströmungen,
die Größe von Syrakus liegt durchaus im griechischen Altertum.
Dabei treten drei Seiten bestimmend hervor. Zunächst geht durch die
ganze politische Entwicklung von Syrakus ein starker monarchischer Zug, wie
sonst bei keiner andern altgriechischen Stadtgemeinde. Die Tyrannis, die
militärisch-demokratische Gewaltherrschaft, sonst eine vorübergehende Erscheinung,
hat in Syrakus viermal und jedesmal jahrzehntelang geherrscht (485 bis 465,
405 bis 344, 317 bis 279, 269 bis 214), also von einem Zeitraum von
270 Jahren, dem bedeutendsten und reichsten in dem Leben der Stadt, fast
zwei Drittel, im ganzen 174 Jahre lang. Denn hier, an den Grenzen der
griechischen Welt, dicht vor dem Erbfeinde, der karthagischen Großmacht, war
die Monarchie oder, wenn diese fehlte, die militärische Diktatur die natürliche
Staatsform, aus der dann viermal, unter Getön, Dionysios I., Agathokles und
Hieron II., die thatsächlich erbliche, gesetzlich allerdings niemals befestigte
Tyrannis hervorging; die gesetzliche Demokratie war eben auf die Dauer zu einer
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