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Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Zweites Vierteljahr.

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Die Ailtotyxitis, eine moderne Illustrationskrankheit

Hafens," von niedrigen langgestreckten Höhen eingefaßt, am Westende von einer
Ebene begrenzt. Dort mündet der Anapos, und gerade über dieser Stelle
erhebt sich in größerer Entfernung mit vorgebirgartig geformter Bergnase aus
der Flüche plötzlich der ansehnliche Höhenzug, der als einförmig verlaufende
Linie das weite, grüne Thal des Flusses im Süden begrenzt, bis ganz rechts,
von Nordwesten her, mit scharfem Abfall ein andrer langgestreckter Höhenzug
beginnt, wandartig und grau, die hmngberühmten Hyblnischen Berge, Im
Mittelgrunde aber erstreckt sich eine öde, steinige Hochfläche gerade von Oft
nach West, sich vor diese fernern Höhenlinien und vor das Anaposthal ein¬
schiebend, das sind die Epipolü, und an ihrem äußersten und höchsten west¬
lichen Eude schimmert ein weißer turmartiger Bau, der Telegrafo, der weithin
sichtbar ist. Nach Norden dehnt sich das Plateau der Achradina, die weitere
Fernsicht versperrend, doch hoch darüber ragt der blaue Kegel des Ätna.

(Fortsetzung folgt)




Die Autotypitis, eine moderne Illustrationskrankheit
Ronrad Lange von

eit einigen Jahren hat nicht nur bei den Franzosen und Engländern,
sondern auch bei uns Deutschen das Äußere der illustrierten Zeitungen
ein ganz neues, von dem bisherigen abweichendes Gepräge an¬
genommen. Während bis dahin der Holzschnitt, und zwar der
moderne malerische Tonschnitt den Bilderschmuck beherrschte, ist jetzt
die Autotypie, das heißt natürlich die Autotypie nach der Natur¬
aufnahme die vorwiegende Jllustrationsgattung geworden. Das bequeme und vor
allen Dingen billige Mittel der mechanischen Reproduktion von Momentphoto¬
graphien hat den künstlerischen Holzschnitt ersetzt oder doch wenigstens so sehr zurück¬
gedrängt, daß sein völliges Verschwinden von der Bildfläche in naher Aussicht zu
stehn scheint. Neuerdings haben sogar Verleger illustrierter Zeitschriften die Xylo¬
graphen, die bis dahin bei ihnen beschäftigt waren, entlassen und ihre Absicht
kundgethan, in Zukunft nur noch Autotypien nach Momentaufnahmen aktueller
Ereignisse, außerdem aber Zinkätzungen nach modernen "dekorativ" komponierten
Linienzeichnungen zu bringen. Damit bliebe für den Holzschnitt überhaupt kein
Feld der Thätigkeit mehr übrig. Und es fehlt darum auch nicht an Stimmen,
die dieser Technik ein sanftes und seliges Ende prophezeien und ihr dabei noch
nicht einmal ein Begräbnis erster Klasse versprechen. Es wird sich deshalb lohnen,
die Antotypie einmal etwas genauer auf ihre künstlerische Bedeutung und ihr Ver¬
hältnis zum Holzschnitt hin anzusehen.

Natürlich müssen wir bei dieser Frage die Kunst und das Geschäft streng aus¬
einander halten. Wenn ein Verleger seine auf den malerischen Holzschnitt ein¬
gearbeiteten Xylographen entläßt, so hat er dazu nicht nur das Recht, sondern auch
seine zwingenden, das heißt klingenden Gründe, die wir ihm ganz gut nachrechnen


Die Ailtotyxitis, eine moderne Illustrationskrankheit

Hafens," von niedrigen langgestreckten Höhen eingefaßt, am Westende von einer
Ebene begrenzt. Dort mündet der Anapos, und gerade über dieser Stelle
erhebt sich in größerer Entfernung mit vorgebirgartig geformter Bergnase aus
der Flüche plötzlich der ansehnliche Höhenzug, der als einförmig verlaufende
Linie das weite, grüne Thal des Flusses im Süden begrenzt, bis ganz rechts,
von Nordwesten her, mit scharfem Abfall ein andrer langgestreckter Höhenzug
beginnt, wandartig und grau, die hmngberühmten Hyblnischen Berge, Im
Mittelgrunde aber erstreckt sich eine öde, steinige Hochfläche gerade von Oft
nach West, sich vor diese fernern Höhenlinien und vor das Anaposthal ein¬
schiebend, das sind die Epipolü, und an ihrem äußersten und höchsten west¬
lichen Eude schimmert ein weißer turmartiger Bau, der Telegrafo, der weithin
sichtbar ist. Nach Norden dehnt sich das Plateau der Achradina, die weitere
Fernsicht versperrend, doch hoch darüber ragt der blaue Kegel des Ätna.

(Fortsetzung folgt)




Die Autotypitis, eine moderne Illustrationskrankheit
Ronrad Lange von

eit einigen Jahren hat nicht nur bei den Franzosen und Engländern,
sondern auch bei uns Deutschen das Äußere der illustrierten Zeitungen
ein ganz neues, von dem bisherigen abweichendes Gepräge an¬
genommen. Während bis dahin der Holzschnitt, und zwar der
moderne malerische Tonschnitt den Bilderschmuck beherrschte, ist jetzt
die Autotypie, das heißt natürlich die Autotypie nach der Natur¬
aufnahme die vorwiegende Jllustrationsgattung geworden. Das bequeme und vor
allen Dingen billige Mittel der mechanischen Reproduktion von Momentphoto¬
graphien hat den künstlerischen Holzschnitt ersetzt oder doch wenigstens so sehr zurück¬
gedrängt, daß sein völliges Verschwinden von der Bildfläche in naher Aussicht zu
stehn scheint. Neuerdings haben sogar Verleger illustrierter Zeitschriften die Xylo¬
graphen, die bis dahin bei ihnen beschäftigt waren, entlassen und ihre Absicht
kundgethan, in Zukunft nur noch Autotypien nach Momentaufnahmen aktueller
Ereignisse, außerdem aber Zinkätzungen nach modernen „dekorativ" komponierten
Linienzeichnungen zu bringen. Damit bliebe für den Holzschnitt überhaupt kein
Feld der Thätigkeit mehr übrig. Und es fehlt darum auch nicht an Stimmen,
die dieser Technik ein sanftes und seliges Ende prophezeien und ihr dabei noch
nicht einmal ein Begräbnis erster Klasse versprechen. Es wird sich deshalb lohnen,
die Antotypie einmal etwas genauer auf ihre künstlerische Bedeutung und ihr Ver¬
hältnis zum Holzschnitt hin anzusehen.

Natürlich müssen wir bei dieser Frage die Kunst und das Geschäft streng aus¬
einander halten. Wenn ein Verleger seine auf den malerischen Holzschnitt ein¬
gearbeiteten Xylographen entläßt, so hat er dazu nicht nur das Recht, sondern auch
seine zwingenden, das heißt klingenden Gründe, die wir ihm ganz gut nachrechnen


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[0206] Die Ailtotyxitis, eine moderne Illustrationskrankheit Hafens," von niedrigen langgestreckten Höhen eingefaßt, am Westende von einer Ebene begrenzt. Dort mündet der Anapos, und gerade über dieser Stelle erhebt sich in größerer Entfernung mit vorgebirgartig geformter Bergnase aus der Flüche plötzlich der ansehnliche Höhenzug, der als einförmig verlaufende Linie das weite, grüne Thal des Flusses im Süden begrenzt, bis ganz rechts, von Nordwesten her, mit scharfem Abfall ein andrer langgestreckter Höhenzug beginnt, wandartig und grau, die hmngberühmten Hyblnischen Berge, Im Mittelgrunde aber erstreckt sich eine öde, steinige Hochfläche gerade von Oft nach West, sich vor diese fernern Höhenlinien und vor das Anaposthal ein¬ schiebend, das sind die Epipolü, und an ihrem äußersten und höchsten west¬ lichen Eude schimmert ein weißer turmartiger Bau, der Telegrafo, der weithin sichtbar ist. Nach Norden dehnt sich das Plateau der Achradina, die weitere Fernsicht versperrend, doch hoch darüber ragt der blaue Kegel des Ätna. (Fortsetzung folgt) Die Autotypitis, eine moderne Illustrationskrankheit Ronrad Lange von eit einigen Jahren hat nicht nur bei den Franzosen und Engländern, sondern auch bei uns Deutschen das Äußere der illustrierten Zeitungen ein ganz neues, von dem bisherigen abweichendes Gepräge an¬ genommen. Während bis dahin der Holzschnitt, und zwar der moderne malerische Tonschnitt den Bilderschmuck beherrschte, ist jetzt die Autotypie, das heißt natürlich die Autotypie nach der Natur¬ aufnahme die vorwiegende Jllustrationsgattung geworden. Das bequeme und vor allen Dingen billige Mittel der mechanischen Reproduktion von Momentphoto¬ graphien hat den künstlerischen Holzschnitt ersetzt oder doch wenigstens so sehr zurück¬ gedrängt, daß sein völliges Verschwinden von der Bildfläche in naher Aussicht zu stehn scheint. Neuerdings haben sogar Verleger illustrierter Zeitschriften die Xylo¬ graphen, die bis dahin bei ihnen beschäftigt waren, entlassen und ihre Absicht kundgethan, in Zukunft nur noch Autotypien nach Momentaufnahmen aktueller Ereignisse, außerdem aber Zinkätzungen nach modernen „dekorativ" komponierten Linienzeichnungen zu bringen. Damit bliebe für den Holzschnitt überhaupt kein Feld der Thätigkeit mehr übrig. Und es fehlt darum auch nicht an Stimmen, die dieser Technik ein sanftes und seliges Ende prophezeien und ihr dabei noch nicht einmal ein Begräbnis erster Klasse versprechen. Es wird sich deshalb lohnen, die Antotypie einmal etwas genauer auf ihre künstlerische Bedeutung und ihr Ver¬ hältnis zum Holzschnitt hin anzusehen. Natürlich müssen wir bei dieser Frage die Kunst und das Geschäft streng aus¬ einander halten. Wenn ein Verleger seine auf den malerischen Holzschnitt ein¬ gearbeiteten Xylographen entläßt, so hat er dazu nicht nur das Recht, sondern auch seine zwingenden, das heißt klingenden Gründe, die wir ihm ganz gut nachrechnen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341871_290410/206>, abgerufen am 29.06.2024.