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Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Zweites Vierteljahr.

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Zur Lmueufrage

gegen England zu Hetze", Nußland gegenüber besorgt siud, daß es ein Wort
oder einen Blick übel nehmen könnte. Eine solche Haltung ist nicht deutsch,
sie ist russisch, sie besorgt lediglich Rußlands Geschäfte. Für den deutschen
Diplomaten kann es allein darauf ankommen, deutsche Ziele zu verfolgen, und
wenn diese Ziele dem Nachbar zur Rechte" oder dem zur Linken oder auch
dem angelsächsischen Vetter nicht gefallen, so mag er thun, was er nicht lasse"
kann. Die Weltlage ist derart, daß der Engländer wie der Russe Anlaß hat,
sich des deutschen Wohlwollens sicher zu halte", und daß er sich in das Un¬
vermeidliche fügen wird, um der größer" Sache willen. Wer im Gedränge
nach allen Seiten Bücklinge machen will, stoßt überall an, und am besten
kommt der vorwärts, der ohne viel rechts und links zu sehn hindurchstrebt
uach seinem Ziele. Der Wille imponiert, nicht das Rücksichtnehmen. Seinen
Willen durchzusetzen, dazu gehört allerdings Kraft. Nun ist unsre Landseite
zwar stark, aber die Seeseite harrt noch des Waffenschutzcs, der starken Flotte.
Wer weder eine russische, noch eine englische, sondern eine deutsche Politik will,
der decke Siegfrieds Schwäche mit Stnhlpanzern. Nur so wird es dem deutschen
Volke gelingen, seinen Weg zu gehn.

Wo ein Wille ist, ist anch ein Weg. Der Weg der dentschen Weltpolitik
führt auf schmalem Steige a" Klippe" und Abgründen vorbei, er erheischt von
denen, die ihn betreten, kaltblütige Sicherheit; aber er ist da, und er führt
auf die Höhe deutscher Wohlfahrt. Da soll man nicht zagen und ängstlich
um sich scheinen, wenn hie und da ein Stein in deu Abgrund poltert; nnr
vorwärts muß der Blick gerichtet sein, nicht rückwärts oder in die Tiefen, nnr
vorwärts ans die deutsche Zukunft.




Zur Frauenfrage
(Schluß)

n Preußen ist im Frühjahr 1898 der auf Errichtung eines
städtischen öffentlichen Mädchengymnasinms nach dein Lehrplane
eines sogenannten Refvrmgymnasiums gerichtete Antrag des
Magistrats zu Breslau von der Unterrichtsverwaltung " liminv
abgelehnt worden, und zwar, wie der damalige Kultusminister
im Al'gevrduetenhause am 20. April 1898 ausführte, wegen des engen Zu¬
sammenhangs der Sache mit den Verhältnissen der Universitäten und mit den
Lehrerinnenprüfungen. Man wird dein Minister darin nur beipflichten können,
daß ein Zugeständnis auf diesem Gebiete einen nicht wieder rückgängig zu


Zur Lmueufrage

gegen England zu Hetze», Nußland gegenüber besorgt siud, daß es ein Wort
oder einen Blick übel nehmen könnte. Eine solche Haltung ist nicht deutsch,
sie ist russisch, sie besorgt lediglich Rußlands Geschäfte. Für den deutschen
Diplomaten kann es allein darauf ankommen, deutsche Ziele zu verfolgen, und
wenn diese Ziele dem Nachbar zur Rechte» oder dem zur Linken oder auch
dem angelsächsischen Vetter nicht gefallen, so mag er thun, was er nicht lasse»
kann. Die Weltlage ist derart, daß der Engländer wie der Russe Anlaß hat,
sich des deutschen Wohlwollens sicher zu halte», und daß er sich in das Un¬
vermeidliche fügen wird, um der größer» Sache willen. Wer im Gedränge
nach allen Seiten Bücklinge machen will, stoßt überall an, und am besten
kommt der vorwärts, der ohne viel rechts und links zu sehn hindurchstrebt
uach seinem Ziele. Der Wille imponiert, nicht das Rücksichtnehmen. Seinen
Willen durchzusetzen, dazu gehört allerdings Kraft. Nun ist unsre Landseite
zwar stark, aber die Seeseite harrt noch des Waffenschutzcs, der starken Flotte.
Wer weder eine russische, noch eine englische, sondern eine deutsche Politik will,
der decke Siegfrieds Schwäche mit Stnhlpanzern. Nur so wird es dem deutschen
Volke gelingen, seinen Weg zu gehn.

Wo ein Wille ist, ist anch ein Weg. Der Weg der dentschen Weltpolitik
führt auf schmalem Steige a» Klippe» und Abgründen vorbei, er erheischt von
denen, die ihn betreten, kaltblütige Sicherheit; aber er ist da, und er führt
auf die Höhe deutscher Wohlfahrt. Da soll man nicht zagen und ängstlich
um sich scheinen, wenn hie und da ein Stein in deu Abgrund poltert; nnr
vorwärts muß der Blick gerichtet sein, nicht rückwärts oder in die Tiefen, nnr
vorwärts ans die deutsche Zukunft.




Zur Frauenfrage
(Schluß)

n Preußen ist im Frühjahr 1898 der auf Errichtung eines
städtischen öffentlichen Mädchengymnasinms nach dein Lehrplane
eines sogenannten Refvrmgymnasiums gerichtete Antrag des
Magistrats zu Breslau von der Unterrichtsverwaltung » liminv
abgelehnt worden, und zwar, wie der damalige Kultusminister
im Al'gevrduetenhause am 20. April 1898 ausführte, wegen des engen Zu¬
sammenhangs der Sache mit den Verhältnissen der Universitäten und mit den
Lehrerinnenprüfungen. Man wird dein Minister darin nur beipflichten können,
daß ein Zugeständnis auf diesem Gebiete einen nicht wieder rückgängig zu


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[0141] Zur Lmueufrage gegen England zu Hetze», Nußland gegenüber besorgt siud, daß es ein Wort oder einen Blick übel nehmen könnte. Eine solche Haltung ist nicht deutsch, sie ist russisch, sie besorgt lediglich Rußlands Geschäfte. Für den deutschen Diplomaten kann es allein darauf ankommen, deutsche Ziele zu verfolgen, und wenn diese Ziele dem Nachbar zur Rechte» oder dem zur Linken oder auch dem angelsächsischen Vetter nicht gefallen, so mag er thun, was er nicht lasse» kann. Die Weltlage ist derart, daß der Engländer wie der Russe Anlaß hat, sich des deutschen Wohlwollens sicher zu halte», und daß er sich in das Un¬ vermeidliche fügen wird, um der größer» Sache willen. Wer im Gedränge nach allen Seiten Bücklinge machen will, stoßt überall an, und am besten kommt der vorwärts, der ohne viel rechts und links zu sehn hindurchstrebt uach seinem Ziele. Der Wille imponiert, nicht das Rücksichtnehmen. Seinen Willen durchzusetzen, dazu gehört allerdings Kraft. Nun ist unsre Landseite zwar stark, aber die Seeseite harrt noch des Waffenschutzcs, der starken Flotte. Wer weder eine russische, noch eine englische, sondern eine deutsche Politik will, der decke Siegfrieds Schwäche mit Stnhlpanzern. Nur so wird es dem deutschen Volke gelingen, seinen Weg zu gehn. Wo ein Wille ist, ist anch ein Weg. Der Weg der dentschen Weltpolitik führt auf schmalem Steige a» Klippe» und Abgründen vorbei, er erheischt von denen, die ihn betreten, kaltblütige Sicherheit; aber er ist da, und er führt auf die Höhe deutscher Wohlfahrt. Da soll man nicht zagen und ängstlich um sich scheinen, wenn hie und da ein Stein in deu Abgrund poltert; nnr vorwärts muß der Blick gerichtet sein, nicht rückwärts oder in die Tiefen, nnr vorwärts ans die deutsche Zukunft. Zur Frauenfrage (Schluß) n Preußen ist im Frühjahr 1898 der auf Errichtung eines städtischen öffentlichen Mädchengymnasinms nach dein Lehrplane eines sogenannten Refvrmgymnasiums gerichtete Antrag des Magistrats zu Breslau von der Unterrichtsverwaltung » liminv abgelehnt worden, und zwar, wie der damalige Kultusminister im Al'gevrduetenhause am 20. April 1898 ausführte, wegen des engen Zu¬ sammenhangs der Sache mit den Verhältnissen der Universitäten und mit den Lehrerinnenprüfungen. Man wird dein Minister darin nur beipflichten können, daß ein Zugeständnis auf diesem Gebiete einen nicht wieder rückgängig zu

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341871_290410/141>, abgerufen am 29.06.2024.