Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Erstes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Litteratur

weitesten fortgeschritten, und deshalb auch gerade die Frau im Haushalt am meisten
entlastet worden. Die auf dem Lande gegebne Möglichkeit einer zunehmenden Ver¬
wendung der frei gewordnen weiblichen Arbeitskraft in der Landwirtschaft fehlt dabei
ganz. Die vom Osten nach Berlin kommenden Arbeiter kennen von vornherein
keinen großen Aufwand an Arbeit für den Haushalt. Wenn man die Gesamtsumme
ziehn könnte, würde sich wohl, trotz alles Übermaßes der Frauenheimarbeit in
Einzelfällen, ein ganz erkleckliches Quantum brach liegender und vergeudeter Arbeits¬
zeit und Arbeitskraft der Berliner Frauen immer noch ergeben. Daran liegt es
ja auch hauptsächlich, daß die Konkurrenz der Reservearmee noch eine ganz unab¬
sehbare Mächtigkeit hat und die Lohnhöhe immer wieder hinabdrückt, wenn sie
irgendwo steigen will. Ob mau den Arbeiterkreisen hilft oder sie schädigt, wenn
man die Frauenarbeit auf Fabrik und Werkstatt beschränkt, die Heimarbeit unmöglich
macht, ist da doch nicht so leicht zu entscheiden, und der Gesetzgeber wird wohl
daran thun, die äußerste Vorsicht bei weitern Eingriffen in die Arbeitsfreiheit walten
zu lassen.

Die neuen Untersuchungen des Vereins für Sozialpolitik mahnen ganz ent¬
schieden zu dieser Vorsicht. Sie zeigen, wie ungeheuer verschieden im einzelnen
die Verhältnisse sind und beurteilt werden müssen, und daß mit den theoretisch
konstruierten sozialen und wirtschaftlichen Gesetzen, wenn sie ohne weiteres auf das
Papier der Gesetzsammlung gerieten, viel Unheil angerichtet werden könnte. Nicht
die Bekämpfung, sondern die Fürsorge für die Hausindustrie der Frauen ist in den
Großstädten das Richtige: vom Staat muß man die Ausdehnung der Aufsicht, der
Arbeiterversicherung, des Wohnungs- und sonstigen Gesundheitsschutzes verlangen,
von dem gemeinsinnigen Publikum aber Vereinshilfe in großem Maßstab, da von
der Koalition gerade dieser Arbeiterklasse selbst blutwenig zu erwarten ist.


Richard Rothe.

Den Theologen unter unsern Lesern braucht nicht gesagt
zu werden, wer Richard Rothe gewesen ist, und was er bedeutet; aber der Laien¬
welt scheint sein Andenken ziemlich entschwunden zu sein; wenigstens erinnern wir
uns nicht, in den letzten zwanzig Jahren seinen Namen je einmal in einer Zeitung
gelesen zu haben. Da rechtfertigt es sich doch wohl, einmal an den Mann zu er¬
innern, der ganz klar ausgesprochen hat, was Tausenden von wackern Männern nur
in nebelhaften Umrissen als Ideal vorschwebt. Der Umstand, daß Rothe im Jahre
1799 geboren worden ist, hat zur Abfassung eines Lebensbildes Anlaß gegeben
(Richard Rothe, sein Charakter, Leben und Denken. Zur Feier seines hundertsten
Geburtstags dargestellt von Wilhelm Honig, Pfarrer in Heidelberg. Berlin,
C. A. Schwetschke und Sohn, 1899), das uns zu dieser Erinnerung anregt. Rothe
ist als Knabe sehr fromm und mhstisch geartet, ein eifriger Bibelleser und Beter
gewesen, hat aber zugleich für Litteratur und Theater geschwärmt. Die Welt- und
Lebensansicht, mit der er die Universität bezog, war, der rationalistischen Umgebung,
in der er aufgewachsen war, entsprechend, unbefangen und freisinnig. Eine Zeit
lang erfüllte ihn die katholische Kirche mit lebhafter Bewundrung, während ihn der
klägliche Zustand des Protestantischen Kirchenwesens abstieß. Im Predigerseminar
zu Wittenberg wurde er fanatischer Pietist. Als Gesandtschnftsprediger in Rom
(1823 bis 1828) verkehrte er viel mit Bunsen und den deutschen Künstlern; hier
ging ihm der Sinn für Natur und Kunst auf, er fand sein eignes Wesen wieder,
das im Streben nach Fülle und Einheit bestand, und er erkannte die Verwerflich¬
keit des Pietistischen Konventikelwesens. Den Sinn des Christentums, wie er ihn
dann bis zu seinem Lebensende (1867) festgehalten hat, erschloß ihm die Juli¬
revolution. Er sagte sich, daß eine großartige Volksbewegung und politische Um¬
wälzung weder nngöttlich noch widergöttlich sein könne, und folgerte daraus, daß


Litteratur

weitesten fortgeschritten, und deshalb auch gerade die Frau im Haushalt am meisten
entlastet worden. Die auf dem Lande gegebne Möglichkeit einer zunehmenden Ver¬
wendung der frei gewordnen weiblichen Arbeitskraft in der Landwirtschaft fehlt dabei
ganz. Die vom Osten nach Berlin kommenden Arbeiter kennen von vornherein
keinen großen Aufwand an Arbeit für den Haushalt. Wenn man die Gesamtsumme
ziehn könnte, würde sich wohl, trotz alles Übermaßes der Frauenheimarbeit in
Einzelfällen, ein ganz erkleckliches Quantum brach liegender und vergeudeter Arbeits¬
zeit und Arbeitskraft der Berliner Frauen immer noch ergeben. Daran liegt es
ja auch hauptsächlich, daß die Konkurrenz der Reservearmee noch eine ganz unab¬
sehbare Mächtigkeit hat und die Lohnhöhe immer wieder hinabdrückt, wenn sie
irgendwo steigen will. Ob mau den Arbeiterkreisen hilft oder sie schädigt, wenn
man die Frauenarbeit auf Fabrik und Werkstatt beschränkt, die Heimarbeit unmöglich
macht, ist da doch nicht so leicht zu entscheiden, und der Gesetzgeber wird wohl
daran thun, die äußerste Vorsicht bei weitern Eingriffen in die Arbeitsfreiheit walten
zu lassen.

Die neuen Untersuchungen des Vereins für Sozialpolitik mahnen ganz ent¬
schieden zu dieser Vorsicht. Sie zeigen, wie ungeheuer verschieden im einzelnen
die Verhältnisse sind und beurteilt werden müssen, und daß mit den theoretisch
konstruierten sozialen und wirtschaftlichen Gesetzen, wenn sie ohne weiteres auf das
Papier der Gesetzsammlung gerieten, viel Unheil angerichtet werden könnte. Nicht
die Bekämpfung, sondern die Fürsorge für die Hausindustrie der Frauen ist in den
Großstädten das Richtige: vom Staat muß man die Ausdehnung der Aufsicht, der
Arbeiterversicherung, des Wohnungs- und sonstigen Gesundheitsschutzes verlangen,
von dem gemeinsinnigen Publikum aber Vereinshilfe in großem Maßstab, da von
der Koalition gerade dieser Arbeiterklasse selbst blutwenig zu erwarten ist.


Richard Rothe.

Den Theologen unter unsern Lesern braucht nicht gesagt
zu werden, wer Richard Rothe gewesen ist, und was er bedeutet; aber der Laien¬
welt scheint sein Andenken ziemlich entschwunden zu sein; wenigstens erinnern wir
uns nicht, in den letzten zwanzig Jahren seinen Namen je einmal in einer Zeitung
gelesen zu haben. Da rechtfertigt es sich doch wohl, einmal an den Mann zu er¬
innern, der ganz klar ausgesprochen hat, was Tausenden von wackern Männern nur
in nebelhaften Umrissen als Ideal vorschwebt. Der Umstand, daß Rothe im Jahre
1799 geboren worden ist, hat zur Abfassung eines Lebensbildes Anlaß gegeben
(Richard Rothe, sein Charakter, Leben und Denken. Zur Feier seines hundertsten
Geburtstags dargestellt von Wilhelm Honig, Pfarrer in Heidelberg. Berlin,
C. A. Schwetschke und Sohn, 1899), das uns zu dieser Erinnerung anregt. Rothe
ist als Knabe sehr fromm und mhstisch geartet, ein eifriger Bibelleser und Beter
gewesen, hat aber zugleich für Litteratur und Theater geschwärmt. Die Welt- und
Lebensansicht, mit der er die Universität bezog, war, der rationalistischen Umgebung,
in der er aufgewachsen war, entsprechend, unbefangen und freisinnig. Eine Zeit
lang erfüllte ihn die katholische Kirche mit lebhafter Bewundrung, während ihn der
klägliche Zustand des Protestantischen Kirchenwesens abstieß. Im Predigerseminar
zu Wittenberg wurde er fanatischer Pietist. Als Gesandtschnftsprediger in Rom
(1823 bis 1828) verkehrte er viel mit Bunsen und den deutschen Künstlern; hier
ging ihm der Sinn für Natur und Kunst auf, er fand sein eignes Wesen wieder,
das im Streben nach Fülle und Einheit bestand, und er erkannte die Verwerflich¬
keit des Pietistischen Konventikelwesens. Den Sinn des Christentums, wie er ihn
dann bis zu seinem Lebensende (1867) festgehalten hat, erschloß ihm die Juli¬
revolution. Er sagte sich, daß eine großartige Volksbewegung und politische Um¬
wälzung weder nngöttlich noch widergöttlich sein könne, und folgerte daraus, daß


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0370" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/232922"/>
            <fw type="header" place="top"> Litteratur</fw><lb/>
            <p xml:id="ID_1172" prev="#ID_1171"> weitesten fortgeschritten, und deshalb auch gerade die Frau im Haushalt am meisten<lb/>
entlastet worden. Die auf dem Lande gegebne Möglichkeit einer zunehmenden Ver¬<lb/>
wendung der frei gewordnen weiblichen Arbeitskraft in der Landwirtschaft fehlt dabei<lb/>
ganz. Die vom Osten nach Berlin kommenden Arbeiter kennen von vornherein<lb/>
keinen großen Aufwand an Arbeit für den Haushalt. Wenn man die Gesamtsumme<lb/>
ziehn könnte, würde sich wohl, trotz alles Übermaßes der Frauenheimarbeit in<lb/>
Einzelfällen, ein ganz erkleckliches Quantum brach liegender und vergeudeter Arbeits¬<lb/>
zeit und Arbeitskraft der Berliner Frauen immer noch ergeben. Daran liegt es<lb/>
ja auch hauptsächlich, daß die Konkurrenz der Reservearmee noch eine ganz unab¬<lb/>
sehbare Mächtigkeit hat und die Lohnhöhe immer wieder hinabdrückt, wenn sie<lb/>
irgendwo steigen will. Ob mau den Arbeiterkreisen hilft oder sie schädigt, wenn<lb/>
man die Frauenarbeit auf Fabrik und Werkstatt beschränkt, die Heimarbeit unmöglich<lb/>
macht, ist da doch nicht so leicht zu entscheiden, und der Gesetzgeber wird wohl<lb/>
daran thun, die äußerste Vorsicht bei weitern Eingriffen in die Arbeitsfreiheit walten<lb/>
zu lassen.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1173"> Die neuen Untersuchungen des Vereins für Sozialpolitik mahnen ganz ent¬<lb/>
schieden zu dieser Vorsicht. Sie zeigen, wie ungeheuer verschieden im einzelnen<lb/>
die Verhältnisse sind und beurteilt werden müssen, und daß mit den theoretisch<lb/>
konstruierten sozialen und wirtschaftlichen Gesetzen, wenn sie ohne weiteres auf das<lb/>
Papier der Gesetzsammlung gerieten, viel Unheil angerichtet werden könnte. Nicht<lb/>
die Bekämpfung, sondern die Fürsorge für die Hausindustrie der Frauen ist in den<lb/>
Großstädten das Richtige: vom Staat muß man die Ausdehnung der Aufsicht, der<lb/>
Arbeiterversicherung, des Wohnungs- und sonstigen Gesundheitsschutzes verlangen,<lb/>
von dem gemeinsinnigen Publikum aber Vereinshilfe in großem Maßstab, da von<lb/><note type="byline"/> der Koalition gerade dieser Arbeiterklasse selbst blutwenig zu erwarten ist.</p><lb/>
          </div>
          <div n="2">
            <head> Richard Rothe. </head>
            <p xml:id="ID_1174" next="#ID_1175"> Den Theologen unter unsern Lesern braucht nicht gesagt<lb/>
zu werden, wer Richard Rothe gewesen ist, und was er bedeutet; aber der Laien¬<lb/>
welt scheint sein Andenken ziemlich entschwunden zu sein; wenigstens erinnern wir<lb/>
uns nicht, in den letzten zwanzig Jahren seinen Namen je einmal in einer Zeitung<lb/>
gelesen zu haben. Da rechtfertigt es sich doch wohl, einmal an den Mann zu er¬<lb/>
innern, der ganz klar ausgesprochen hat, was Tausenden von wackern Männern nur<lb/>
in nebelhaften Umrissen als Ideal vorschwebt. Der Umstand, daß Rothe im Jahre<lb/>
1799 geboren worden ist, hat zur Abfassung eines Lebensbildes Anlaß gegeben<lb/>
(Richard Rothe, sein Charakter, Leben und Denken. Zur Feier seines hundertsten<lb/>
Geburtstags dargestellt von Wilhelm Honig, Pfarrer in Heidelberg. Berlin,<lb/>
C. A. Schwetschke und Sohn, 1899), das uns zu dieser Erinnerung anregt. Rothe<lb/>
ist als Knabe sehr fromm und mhstisch geartet, ein eifriger Bibelleser und Beter<lb/>
gewesen, hat aber zugleich für Litteratur und Theater geschwärmt. Die Welt- und<lb/>
Lebensansicht, mit der er die Universität bezog, war, der rationalistischen Umgebung,<lb/>
in der er aufgewachsen war, entsprechend, unbefangen und freisinnig. Eine Zeit<lb/>
lang erfüllte ihn die katholische Kirche mit lebhafter Bewundrung, während ihn der<lb/>
klägliche Zustand des Protestantischen Kirchenwesens abstieß. Im Predigerseminar<lb/>
zu Wittenberg wurde er fanatischer Pietist. Als Gesandtschnftsprediger in Rom<lb/>
(1823 bis 1828) verkehrte er viel mit Bunsen und den deutschen Künstlern; hier<lb/>
ging ihm der Sinn für Natur und Kunst auf, er fand sein eignes Wesen wieder,<lb/>
das im Streben nach Fülle und Einheit bestand, und er erkannte die Verwerflich¬<lb/>
keit des Pietistischen Konventikelwesens. Den Sinn des Christentums, wie er ihn<lb/>
dann bis zu seinem Lebensende (1867) festgehalten hat, erschloß ihm die Juli¬<lb/>
revolution. Er sagte sich, daß eine großartige Volksbewegung und politische Um¬<lb/>
wälzung weder nngöttlich noch widergöttlich sein könne, und folgerte daraus, daß</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0370] Litteratur weitesten fortgeschritten, und deshalb auch gerade die Frau im Haushalt am meisten entlastet worden. Die auf dem Lande gegebne Möglichkeit einer zunehmenden Ver¬ wendung der frei gewordnen weiblichen Arbeitskraft in der Landwirtschaft fehlt dabei ganz. Die vom Osten nach Berlin kommenden Arbeiter kennen von vornherein keinen großen Aufwand an Arbeit für den Haushalt. Wenn man die Gesamtsumme ziehn könnte, würde sich wohl, trotz alles Übermaßes der Frauenheimarbeit in Einzelfällen, ein ganz erkleckliches Quantum brach liegender und vergeudeter Arbeits¬ zeit und Arbeitskraft der Berliner Frauen immer noch ergeben. Daran liegt es ja auch hauptsächlich, daß die Konkurrenz der Reservearmee noch eine ganz unab¬ sehbare Mächtigkeit hat und die Lohnhöhe immer wieder hinabdrückt, wenn sie irgendwo steigen will. Ob mau den Arbeiterkreisen hilft oder sie schädigt, wenn man die Frauenarbeit auf Fabrik und Werkstatt beschränkt, die Heimarbeit unmöglich macht, ist da doch nicht so leicht zu entscheiden, und der Gesetzgeber wird wohl daran thun, die äußerste Vorsicht bei weitern Eingriffen in die Arbeitsfreiheit walten zu lassen. Die neuen Untersuchungen des Vereins für Sozialpolitik mahnen ganz ent¬ schieden zu dieser Vorsicht. Sie zeigen, wie ungeheuer verschieden im einzelnen die Verhältnisse sind und beurteilt werden müssen, und daß mit den theoretisch konstruierten sozialen und wirtschaftlichen Gesetzen, wenn sie ohne weiteres auf das Papier der Gesetzsammlung gerieten, viel Unheil angerichtet werden könnte. Nicht die Bekämpfung, sondern die Fürsorge für die Hausindustrie der Frauen ist in den Großstädten das Richtige: vom Staat muß man die Ausdehnung der Aufsicht, der Arbeiterversicherung, des Wohnungs- und sonstigen Gesundheitsschutzes verlangen, von dem gemeinsinnigen Publikum aber Vereinshilfe in großem Maßstab, da von der Koalition gerade dieser Arbeiterklasse selbst blutwenig zu erwarten ist. Richard Rothe. Den Theologen unter unsern Lesern braucht nicht gesagt zu werden, wer Richard Rothe gewesen ist, und was er bedeutet; aber der Laien¬ welt scheint sein Andenken ziemlich entschwunden zu sein; wenigstens erinnern wir uns nicht, in den letzten zwanzig Jahren seinen Namen je einmal in einer Zeitung gelesen zu haben. Da rechtfertigt es sich doch wohl, einmal an den Mann zu er¬ innern, der ganz klar ausgesprochen hat, was Tausenden von wackern Männern nur in nebelhaften Umrissen als Ideal vorschwebt. Der Umstand, daß Rothe im Jahre 1799 geboren worden ist, hat zur Abfassung eines Lebensbildes Anlaß gegeben (Richard Rothe, sein Charakter, Leben und Denken. Zur Feier seines hundertsten Geburtstags dargestellt von Wilhelm Honig, Pfarrer in Heidelberg. Berlin, C. A. Schwetschke und Sohn, 1899), das uns zu dieser Erinnerung anregt. Rothe ist als Knabe sehr fromm und mhstisch geartet, ein eifriger Bibelleser und Beter gewesen, hat aber zugleich für Litteratur und Theater geschwärmt. Die Welt- und Lebensansicht, mit der er die Universität bezog, war, der rationalistischen Umgebung, in der er aufgewachsen war, entsprechend, unbefangen und freisinnig. Eine Zeit lang erfüllte ihn die katholische Kirche mit lebhafter Bewundrung, während ihn der klägliche Zustand des Protestantischen Kirchenwesens abstieß. Im Predigerseminar zu Wittenberg wurde er fanatischer Pietist. Als Gesandtschnftsprediger in Rom (1823 bis 1828) verkehrte er viel mit Bunsen und den deutschen Künstlern; hier ging ihm der Sinn für Natur und Kunst auf, er fand sein eignes Wesen wieder, das im Streben nach Fülle und Einheit bestand, und er erkannte die Verwerflich¬ keit des Pietistischen Konventikelwesens. Den Sinn des Christentums, wie er ihn dann bis zu seinem Lebensende (1867) festgehalten hat, erschloß ihm die Juli¬ revolution. Er sagte sich, daß eine großartige Volksbewegung und politische Um¬ wälzung weder nngöttlich noch widergöttlich sein könne, und folgerte daraus, daß

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341871_232551
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341871_232551/370
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341871_232551/370>, abgerufen am 27.06.2024.