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Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Erstes Vierteljahr.

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und Kulturfortschritt, Bemerkenswert ist, daß sich nach dem Bericht sowohl der
Fabrik- wie der Hansbetrieb in der Weberei langsam verringert. Die Fabrikanten
nehmen ab, und die übrig bleibenden vergrößern ihre Betriebe nicht, die Haus¬
weber aber wenden sich teils wieder ausschließlich der Landwirtschaft zu, teils er¬
greifen sie ein neues Gewerbe, oder sie wandern aus. -- In einigen Bezirken des
südlichen Schwarzwalds hat neuerdings die Seidenhausweberei rasche Ausdehnung
gefunden. Sie trägt nach dem Bericht für den einzelnen Arbeiter jährlich hundert bis
vierhundert Mark ein und bewahrt die Landwirte, die ihr obliegen, vor Verschuldung
oder ermöglicht Ersparnisse. Die kleinen Bauern müßten durchaus danach streben, ihre
freie Zeit auszufüllen, das verleite sie vielfach zu Landknufen zu übertriebnen Preisen.
Dem trete die Hausindustrie entgegen. Die Leute enthielten sich mehr und mehr
unverständiger Landerwerbuugeu, und die Bodenpreise seien auch schon teilweise
ans einen der Rentabilität nahekommenden Stand gesunken. Auch der bisher be¬
denklich zunehmenden Entvölkerung des südlichen Schwarzwnlds wirke die Haus¬
industrie entgegen. Die Abwandrungen nach den Städten nehmen ab, und es
bliebe dadurch der Landwirtschaft eine große Anzahl von Arbeitskräften erhalten,
zumal für die Zeiten besonders großen Bedarfs. Es sei das vielleicht das einzige
Mittel -- meint der Berichterstatter --, wodurch dem Arbeitcrmangel in der Land¬
wirtschaft abgeholfen werden könne. Im übrigen Schwarzwald ist die Hausindustrie
">ehr und mehr in die Fabrikindustrie übergegangen, und wie es scheint, nicht zum
Nachteil der Arbeiter und der Arbeitserzeuguisse.

Auf dem Taunus liegt das Schwergewicht des industriellen Erwerbs in "Fabrik
und Handwerk für den auswärtigen Absatz." Die Kleineisenindustrie hebt sich, ab¬
gesehen von der Nagelschmiederei, in den Dörfern auf der Grundlage des " Klein -
bnnerntums." Die Hausindustrie tritt dagegen fast nur noch als Frauen- und
Kinderarbeit ans. Die Frauen und Mädchen hätten -- sagt der Bericht --, zumal
im Winter, viel freie Zeit, die Heimarbeit vertrage sich mit den Pflichten der Haus¬
frau besser als die Fabrikarbeit. Gerade für die verheirateten Frauen, deren
Männer nicht genug verdienten, die Familie zu unterhalten, dürfe deshalb die Be¬
deutung der Hausindustrie uicht verkannt werden. Gegen Ausbeutung aber würden
sie in dem Grade gestärkt, als sich der Verdienst der Männer bessere. -- Die
Kartonnagenhausindnstrie in Lahr in Baden wird geradezu als ein Segen für die
Arbeiterbevölkerung erklärt, obgleich die Kinderarbeit dabei eine große Rolle spielt.

Schlimm ist es freilich, wenn die Heimarbeit im Gewerbe die geringe Haus-
haltsnrbeit noch über Gebühr einschränkt, wie das z. V. von den Zinnmalerinnen
in Nürnberg und Fürth berichtet wird. Viel mache ja der Haushalt nicht zu thun,
da die Wohnungen meist aus Zimmer und Kammer oder zwei Zimmern bestünden.
In allen Fällen nähme der Haushalt nur den kleinern Teil der Zeit in Anspruch.
Leider werde aber auch diese geringe Hanshaltsarbeit recht unordentlich vorgenommen,
und das sei Schuld der Heimarbeit. Da das Zinnmalen nach der Anschauung der
Arbeiterinnen Geld einbringe, die häusliche Arbeit aber nicht, so werde diese jener
hintangesetzt. -- Hier haben wir es schon mit der städtischen Hausindustrie und
zwar der Fraucnheimarbeit zu thun, die, wie erwähnt, den ganzen zweiten Band
~^ die Hausindustrie der Frauen in Berlin -- in Anspruch nimmt.

Das Berliner Bild ist im wesentlichen gran in gran gemalt. Hier macht
sich Wohl auch der schulgerechte Blick der jugendlichen Forscher ziemlich gleichmäßig
geltend. Es ist darüber kaum viel neues zu sagen. Meiner Ansicht nach wird
der Umfang der Berliner Franenheimarbeit, soweit man Statistik darüber zu machen
bersucht, noch bedeutend unterschätzt; aber ebenso doch auch ihre immerhin vvrhcmdne
natürliche und gute Seite. Gerade in der Großstadt ist die Einschränkung der
hauswirtschaftlichen Produktiv" und Arbeit zu Gunsten der gewerblichen am aller-


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und Kulturfortschritt, Bemerkenswert ist, daß sich nach dem Bericht sowohl der
Fabrik- wie der Hansbetrieb in der Weberei langsam verringert. Die Fabrikanten
nehmen ab, und die übrig bleibenden vergrößern ihre Betriebe nicht, die Haus¬
weber aber wenden sich teils wieder ausschließlich der Landwirtschaft zu, teils er¬
greifen sie ein neues Gewerbe, oder sie wandern aus. — In einigen Bezirken des
südlichen Schwarzwalds hat neuerdings die Seidenhausweberei rasche Ausdehnung
gefunden. Sie trägt nach dem Bericht für den einzelnen Arbeiter jährlich hundert bis
vierhundert Mark ein und bewahrt die Landwirte, die ihr obliegen, vor Verschuldung
oder ermöglicht Ersparnisse. Die kleinen Bauern müßten durchaus danach streben, ihre
freie Zeit auszufüllen, das verleite sie vielfach zu Landknufen zu übertriebnen Preisen.
Dem trete die Hausindustrie entgegen. Die Leute enthielten sich mehr und mehr
unverständiger Landerwerbuugeu, und die Bodenpreise seien auch schon teilweise
ans einen der Rentabilität nahekommenden Stand gesunken. Auch der bisher be¬
denklich zunehmenden Entvölkerung des südlichen Schwarzwnlds wirke die Haus¬
industrie entgegen. Die Abwandrungen nach den Städten nehmen ab, und es
bliebe dadurch der Landwirtschaft eine große Anzahl von Arbeitskräften erhalten,
zumal für die Zeiten besonders großen Bedarfs. Es sei das vielleicht das einzige
Mittel — meint der Berichterstatter —, wodurch dem Arbeitcrmangel in der Land¬
wirtschaft abgeholfen werden könne. Im übrigen Schwarzwald ist die Hausindustrie
»>ehr und mehr in die Fabrikindustrie übergegangen, und wie es scheint, nicht zum
Nachteil der Arbeiter und der Arbeitserzeuguisse.

Auf dem Taunus liegt das Schwergewicht des industriellen Erwerbs in „Fabrik
und Handwerk für den auswärtigen Absatz." Die Kleineisenindustrie hebt sich, ab¬
gesehen von der Nagelschmiederei, in den Dörfern auf der Grundlage des „ Klein -
bnnerntums." Die Hausindustrie tritt dagegen fast nur noch als Frauen- und
Kinderarbeit ans. Die Frauen und Mädchen hätten — sagt der Bericht —, zumal
im Winter, viel freie Zeit, die Heimarbeit vertrage sich mit den Pflichten der Haus¬
frau besser als die Fabrikarbeit. Gerade für die verheirateten Frauen, deren
Männer nicht genug verdienten, die Familie zu unterhalten, dürfe deshalb die Be¬
deutung der Hausindustrie uicht verkannt werden. Gegen Ausbeutung aber würden
sie in dem Grade gestärkt, als sich der Verdienst der Männer bessere. — Die
Kartonnagenhausindnstrie in Lahr in Baden wird geradezu als ein Segen für die
Arbeiterbevölkerung erklärt, obgleich die Kinderarbeit dabei eine große Rolle spielt.

Schlimm ist es freilich, wenn die Heimarbeit im Gewerbe die geringe Haus-
haltsnrbeit noch über Gebühr einschränkt, wie das z. V. von den Zinnmalerinnen
in Nürnberg und Fürth berichtet wird. Viel mache ja der Haushalt nicht zu thun,
da die Wohnungen meist aus Zimmer und Kammer oder zwei Zimmern bestünden.
In allen Fällen nähme der Haushalt nur den kleinern Teil der Zeit in Anspruch.
Leider werde aber auch diese geringe Hanshaltsarbeit recht unordentlich vorgenommen,
und das sei Schuld der Heimarbeit. Da das Zinnmalen nach der Anschauung der
Arbeiterinnen Geld einbringe, die häusliche Arbeit aber nicht, so werde diese jener
hintangesetzt. — Hier haben wir es schon mit der städtischen Hausindustrie und
zwar der Fraucnheimarbeit zu thun, die, wie erwähnt, den ganzen zweiten Band
~^ die Hausindustrie der Frauen in Berlin — in Anspruch nimmt.

Das Berliner Bild ist im wesentlichen gran in gran gemalt. Hier macht
sich Wohl auch der schulgerechte Blick der jugendlichen Forscher ziemlich gleichmäßig
geltend. Es ist darüber kaum viel neues zu sagen. Meiner Ansicht nach wird
der Umfang der Berliner Franenheimarbeit, soweit man Statistik darüber zu machen
bersucht, noch bedeutend unterschätzt; aber ebenso doch auch ihre immerhin vvrhcmdne
natürliche und gute Seite. Gerade in der Großstadt ist die Einschränkung der
hauswirtschaftlichen Produktiv» und Arbeit zu Gunsten der gewerblichen am aller-


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[0369] und Kulturfortschritt, Bemerkenswert ist, daß sich nach dem Bericht sowohl der Fabrik- wie der Hansbetrieb in der Weberei langsam verringert. Die Fabrikanten nehmen ab, und die übrig bleibenden vergrößern ihre Betriebe nicht, die Haus¬ weber aber wenden sich teils wieder ausschließlich der Landwirtschaft zu, teils er¬ greifen sie ein neues Gewerbe, oder sie wandern aus. — In einigen Bezirken des südlichen Schwarzwalds hat neuerdings die Seidenhausweberei rasche Ausdehnung gefunden. Sie trägt nach dem Bericht für den einzelnen Arbeiter jährlich hundert bis vierhundert Mark ein und bewahrt die Landwirte, die ihr obliegen, vor Verschuldung oder ermöglicht Ersparnisse. Die kleinen Bauern müßten durchaus danach streben, ihre freie Zeit auszufüllen, das verleite sie vielfach zu Landknufen zu übertriebnen Preisen. Dem trete die Hausindustrie entgegen. Die Leute enthielten sich mehr und mehr unverständiger Landerwerbuugeu, und die Bodenpreise seien auch schon teilweise ans einen der Rentabilität nahekommenden Stand gesunken. Auch der bisher be¬ denklich zunehmenden Entvölkerung des südlichen Schwarzwnlds wirke die Haus¬ industrie entgegen. Die Abwandrungen nach den Städten nehmen ab, und es bliebe dadurch der Landwirtschaft eine große Anzahl von Arbeitskräften erhalten, zumal für die Zeiten besonders großen Bedarfs. Es sei das vielleicht das einzige Mittel — meint der Berichterstatter —, wodurch dem Arbeitcrmangel in der Land¬ wirtschaft abgeholfen werden könne. Im übrigen Schwarzwald ist die Hausindustrie »>ehr und mehr in die Fabrikindustrie übergegangen, und wie es scheint, nicht zum Nachteil der Arbeiter und der Arbeitserzeuguisse. Auf dem Taunus liegt das Schwergewicht des industriellen Erwerbs in „Fabrik und Handwerk für den auswärtigen Absatz." Die Kleineisenindustrie hebt sich, ab¬ gesehen von der Nagelschmiederei, in den Dörfern auf der Grundlage des „ Klein - bnnerntums." Die Hausindustrie tritt dagegen fast nur noch als Frauen- und Kinderarbeit ans. Die Frauen und Mädchen hätten — sagt der Bericht —, zumal im Winter, viel freie Zeit, die Heimarbeit vertrage sich mit den Pflichten der Haus¬ frau besser als die Fabrikarbeit. Gerade für die verheirateten Frauen, deren Männer nicht genug verdienten, die Familie zu unterhalten, dürfe deshalb die Be¬ deutung der Hausindustrie uicht verkannt werden. Gegen Ausbeutung aber würden sie in dem Grade gestärkt, als sich der Verdienst der Männer bessere. — Die Kartonnagenhausindnstrie in Lahr in Baden wird geradezu als ein Segen für die Arbeiterbevölkerung erklärt, obgleich die Kinderarbeit dabei eine große Rolle spielt. Schlimm ist es freilich, wenn die Heimarbeit im Gewerbe die geringe Haus- haltsnrbeit noch über Gebühr einschränkt, wie das z. V. von den Zinnmalerinnen in Nürnberg und Fürth berichtet wird. Viel mache ja der Haushalt nicht zu thun, da die Wohnungen meist aus Zimmer und Kammer oder zwei Zimmern bestünden. In allen Fällen nähme der Haushalt nur den kleinern Teil der Zeit in Anspruch. Leider werde aber auch diese geringe Hanshaltsarbeit recht unordentlich vorgenommen, und das sei Schuld der Heimarbeit. Da das Zinnmalen nach der Anschauung der Arbeiterinnen Geld einbringe, die häusliche Arbeit aber nicht, so werde diese jener hintangesetzt. — Hier haben wir es schon mit der städtischen Hausindustrie und zwar der Fraucnheimarbeit zu thun, die, wie erwähnt, den ganzen zweiten Band ~^ die Hausindustrie der Frauen in Berlin — in Anspruch nimmt. Das Berliner Bild ist im wesentlichen gran in gran gemalt. Hier macht sich Wohl auch der schulgerechte Blick der jugendlichen Forscher ziemlich gleichmäßig geltend. Es ist darüber kaum viel neues zu sagen. Meiner Ansicht nach wird der Umfang der Berliner Franenheimarbeit, soweit man Statistik darüber zu machen bersucht, noch bedeutend unterschätzt; aber ebenso doch auch ihre immerhin vvrhcmdne natürliche und gute Seite. Gerade in der Großstadt ist die Einschränkung der hauswirtschaftlichen Produktiv» und Arbeit zu Gunsten der gewerblichen am aller- Grenzboten 1 1900 46

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341871_232551/369>, abgerufen am 30.06.2024.