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Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Erstes Vierteljahr.

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Litteratur

sich Gott auf eine doppelte Weise offenbare: in der Weltgeschichte und in der Seele
dessen, der die Weltgeschichte persteht. Zugleich glaubte' er zu erkennen, daß das
Sittliche das Wesentliche im Christentum sei; was könne der dogmatische Glaube
an die physische Einheit Jesu mit Gott nützen? Nur daß in Jesus die moralische
Einheit des Menschen mit Gott erscheine, habe Wert für uns. Daraus ergab sich
ihm folgende Weltansicht, Die Welt ist die Selbstoffenbarnng Gottes. Das wahr¬
haft Menschliche ist das Göttliche; indem der Mensch sich selbst und die Natur
(diese durch Benutzung) vergeistigt, vergöttlicht er sich und die Natur. Religion ist
nur die Gott zugewandte Seite der Moralität, das Bewußtsein der Seele davon,
daß sie durch ihre Vervollkommnung mit Gott in Verbindung tritt. Da nun die
Lebensaufgabe des Menschen moralischer Natur, die Pflege der Moralität aber weit
mehr Sache des Staats als der Kirche ist, so liegt das Ziel der Weltentwicklung
nicht auf dem kirchliche" Gebiete, sondern auf dem des Staats. Die mittelalter¬
liche Kirche war nur ein Notbehelf, weil es keine weltliche Organisation gab, die
die Kultur zu bringen, zu erhalten und zu pflegen geeignet gewesen wäre. Nach¬
dem die Kirche ihre Aufgabe erfüllt hatte, mußte sie zerstört werden. Das besorgte
die Reformation. Das protestantische Kirchenwesen ist nnr ein Zersetznngsprvdnkt
und stellt den Übergang zu einem Zustande dar, wo der Staat alles in allem und
eine besondre religiöse Körperschaft weder vorhanden noch nötig sein wird. Als
den Hauptfehler des heutigen Kirchenwesens bezeichnete er die Hartnäckigkeit, mit
der die Geistlichkeit und die kirchlichen Behörden an dem Dogma festhielten und
sich vor der Kultur der Zeit ängstlich absperrten. Diese Kultur sei ebeu das Werk
Gottes, eine neue Offenbarung Gottes, und sich in den dogmatischen Vorstellungs-
kreis des sechzehnten Jahrhunderts zurückzuversetzen sei für den modernen Menschen
ein Ding der Unmöglichkeit. Indem mau dem Volke dieses Unmögliche zumute,
dränge man es zur Feindschaft gegen das Christentum. Die sogenannten Un¬
gläubigen seien moralisch, also in Beziehung ans das Wesentliche, mindestens ebenso
gute Christen wie die sogenannten Christen, und wenn Christus noch einmal ans
Erden erschiene, in seiner Knechtsgestalt, "ohne Orden und Sterne," so würde so
mancher der sogenannten Ungläubigen sein Jünger werden, und mancher orthodoxe
Schriftgelehrte ihn verwerfen. Aus solcher Gesinnung ist Rothes berühmte Ethik
hervorgegangen, in dieser Gesinnung ist er als Heidelberger Professor einer der
Hauptbegründer des Protestantenvereins geworden.

Nur erinnern wollten wir an Rothe, nicht etwa uns mit ihm auseinander¬
setzen; dazu wäre ein Unmaßgebliches nicht der Ort. Aber vielleicht ist es den
Lesern recht, wenn wir ihnen ein paar Wegweiser aufstecken zu Gedankenbahnen,
die sie dann selbständig weiter wandeln mögen. Die Grnndschwierigkeit, an der
der Protestantismus leidet, besteht bekanntlich darin, daß er eine kirchliche Gemein¬
schaft aufrecht erhalten will, nachdem er dem Individuum sein volles Recht zuge¬
standen hat. Es ist das nnr ein besondrer Fall der allgemeinen großen Welt- und
Menschheitsfrage, wie das Recht des Einzelnen mit dem Interesse der Gesamtheit
in Einklang zu bringen sei, oder wie das heute genannt wird, der Streit zwischen
Individualismus und Sozialismus. Für die katholische Kirche besteht diese
Schwierigkeit nicht, weil sie auf das Bedürfnis der Massen, und zwar einer nach
dem Abfall der Nordländer ziemlich gleichartigen Masse zugeschnitten ist, die Be¬
standteile von Massen aber keine starken Individualitäten sind; wenigstens keine
Individualitäten von starker eigner Denkkraft, und nur aus dieser Art Stärke ent¬
springen die kirchlichen Verlegenheiten, denn Geistern von starkem Willen bietet
gerade eine Gemeinschaft wie die katholische den willkommensten Wirkungskreis: Ge¬
legenheit zur Beherrschung, Leitung und Venutzuug großer Massen. Wären nun
"lie Protestanten oder noch besser alle Christen Individuen von Rothes Art, so


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sich Gott auf eine doppelte Weise offenbare: in der Weltgeschichte und in der Seele
dessen, der die Weltgeschichte persteht. Zugleich glaubte' er zu erkennen, daß das
Sittliche das Wesentliche im Christentum sei; was könne der dogmatische Glaube
an die physische Einheit Jesu mit Gott nützen? Nur daß in Jesus die moralische
Einheit des Menschen mit Gott erscheine, habe Wert für uns. Daraus ergab sich
ihm folgende Weltansicht, Die Welt ist die Selbstoffenbarnng Gottes. Das wahr¬
haft Menschliche ist das Göttliche; indem der Mensch sich selbst und die Natur
(diese durch Benutzung) vergeistigt, vergöttlicht er sich und die Natur. Religion ist
nur die Gott zugewandte Seite der Moralität, das Bewußtsein der Seele davon,
daß sie durch ihre Vervollkommnung mit Gott in Verbindung tritt. Da nun die
Lebensaufgabe des Menschen moralischer Natur, die Pflege der Moralität aber weit
mehr Sache des Staats als der Kirche ist, so liegt das Ziel der Weltentwicklung
nicht auf dem kirchliche« Gebiete, sondern auf dem des Staats. Die mittelalter¬
liche Kirche war nur ein Notbehelf, weil es keine weltliche Organisation gab, die
die Kultur zu bringen, zu erhalten und zu pflegen geeignet gewesen wäre. Nach¬
dem die Kirche ihre Aufgabe erfüllt hatte, mußte sie zerstört werden. Das besorgte
die Reformation. Das protestantische Kirchenwesen ist nnr ein Zersetznngsprvdnkt
und stellt den Übergang zu einem Zustande dar, wo der Staat alles in allem und
eine besondre religiöse Körperschaft weder vorhanden noch nötig sein wird. Als
den Hauptfehler des heutigen Kirchenwesens bezeichnete er die Hartnäckigkeit, mit
der die Geistlichkeit und die kirchlichen Behörden an dem Dogma festhielten und
sich vor der Kultur der Zeit ängstlich absperrten. Diese Kultur sei ebeu das Werk
Gottes, eine neue Offenbarung Gottes, und sich in den dogmatischen Vorstellungs-
kreis des sechzehnten Jahrhunderts zurückzuversetzen sei für den modernen Menschen
ein Ding der Unmöglichkeit. Indem mau dem Volke dieses Unmögliche zumute,
dränge man es zur Feindschaft gegen das Christentum. Die sogenannten Un¬
gläubigen seien moralisch, also in Beziehung ans das Wesentliche, mindestens ebenso
gute Christen wie die sogenannten Christen, und wenn Christus noch einmal ans
Erden erschiene, in seiner Knechtsgestalt, „ohne Orden und Sterne," so würde so
mancher der sogenannten Ungläubigen sein Jünger werden, und mancher orthodoxe
Schriftgelehrte ihn verwerfen. Aus solcher Gesinnung ist Rothes berühmte Ethik
hervorgegangen, in dieser Gesinnung ist er als Heidelberger Professor einer der
Hauptbegründer des Protestantenvereins geworden.

Nur erinnern wollten wir an Rothe, nicht etwa uns mit ihm auseinander¬
setzen; dazu wäre ein Unmaßgebliches nicht der Ort. Aber vielleicht ist es den
Lesern recht, wenn wir ihnen ein paar Wegweiser aufstecken zu Gedankenbahnen,
die sie dann selbständig weiter wandeln mögen. Die Grnndschwierigkeit, an der
der Protestantismus leidet, besteht bekanntlich darin, daß er eine kirchliche Gemein¬
schaft aufrecht erhalten will, nachdem er dem Individuum sein volles Recht zuge¬
standen hat. Es ist das nnr ein besondrer Fall der allgemeinen großen Welt- und
Menschheitsfrage, wie das Recht des Einzelnen mit dem Interesse der Gesamtheit
in Einklang zu bringen sei, oder wie das heute genannt wird, der Streit zwischen
Individualismus und Sozialismus. Für die katholische Kirche besteht diese
Schwierigkeit nicht, weil sie auf das Bedürfnis der Massen, und zwar einer nach
dem Abfall der Nordländer ziemlich gleichartigen Masse zugeschnitten ist, die Be¬
standteile von Massen aber keine starken Individualitäten sind; wenigstens keine
Individualitäten von starker eigner Denkkraft, und nur aus dieser Art Stärke ent¬
springen die kirchlichen Verlegenheiten, denn Geistern von starkem Willen bietet
gerade eine Gemeinschaft wie die katholische den willkommensten Wirkungskreis: Ge¬
legenheit zur Beherrschung, Leitung und Venutzuug großer Massen. Wären nun
"lie Protestanten oder noch besser alle Christen Individuen von Rothes Art, so


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[0371] Litteratur sich Gott auf eine doppelte Weise offenbare: in der Weltgeschichte und in der Seele dessen, der die Weltgeschichte persteht. Zugleich glaubte' er zu erkennen, daß das Sittliche das Wesentliche im Christentum sei; was könne der dogmatische Glaube an die physische Einheit Jesu mit Gott nützen? Nur daß in Jesus die moralische Einheit des Menschen mit Gott erscheine, habe Wert für uns. Daraus ergab sich ihm folgende Weltansicht, Die Welt ist die Selbstoffenbarnng Gottes. Das wahr¬ haft Menschliche ist das Göttliche; indem der Mensch sich selbst und die Natur (diese durch Benutzung) vergeistigt, vergöttlicht er sich und die Natur. Religion ist nur die Gott zugewandte Seite der Moralität, das Bewußtsein der Seele davon, daß sie durch ihre Vervollkommnung mit Gott in Verbindung tritt. Da nun die Lebensaufgabe des Menschen moralischer Natur, die Pflege der Moralität aber weit mehr Sache des Staats als der Kirche ist, so liegt das Ziel der Weltentwicklung nicht auf dem kirchliche« Gebiete, sondern auf dem des Staats. Die mittelalter¬ liche Kirche war nur ein Notbehelf, weil es keine weltliche Organisation gab, die die Kultur zu bringen, zu erhalten und zu pflegen geeignet gewesen wäre. Nach¬ dem die Kirche ihre Aufgabe erfüllt hatte, mußte sie zerstört werden. Das besorgte die Reformation. Das protestantische Kirchenwesen ist nnr ein Zersetznngsprvdnkt und stellt den Übergang zu einem Zustande dar, wo der Staat alles in allem und eine besondre religiöse Körperschaft weder vorhanden noch nötig sein wird. Als den Hauptfehler des heutigen Kirchenwesens bezeichnete er die Hartnäckigkeit, mit der die Geistlichkeit und die kirchlichen Behörden an dem Dogma festhielten und sich vor der Kultur der Zeit ängstlich absperrten. Diese Kultur sei ebeu das Werk Gottes, eine neue Offenbarung Gottes, und sich in den dogmatischen Vorstellungs- kreis des sechzehnten Jahrhunderts zurückzuversetzen sei für den modernen Menschen ein Ding der Unmöglichkeit. Indem mau dem Volke dieses Unmögliche zumute, dränge man es zur Feindschaft gegen das Christentum. Die sogenannten Un¬ gläubigen seien moralisch, also in Beziehung ans das Wesentliche, mindestens ebenso gute Christen wie die sogenannten Christen, und wenn Christus noch einmal ans Erden erschiene, in seiner Knechtsgestalt, „ohne Orden und Sterne," so würde so mancher der sogenannten Ungläubigen sein Jünger werden, und mancher orthodoxe Schriftgelehrte ihn verwerfen. Aus solcher Gesinnung ist Rothes berühmte Ethik hervorgegangen, in dieser Gesinnung ist er als Heidelberger Professor einer der Hauptbegründer des Protestantenvereins geworden. Nur erinnern wollten wir an Rothe, nicht etwa uns mit ihm auseinander¬ setzen; dazu wäre ein Unmaßgebliches nicht der Ort. Aber vielleicht ist es den Lesern recht, wenn wir ihnen ein paar Wegweiser aufstecken zu Gedankenbahnen, die sie dann selbständig weiter wandeln mögen. Die Grnndschwierigkeit, an der der Protestantismus leidet, besteht bekanntlich darin, daß er eine kirchliche Gemein¬ schaft aufrecht erhalten will, nachdem er dem Individuum sein volles Recht zuge¬ standen hat. Es ist das nnr ein besondrer Fall der allgemeinen großen Welt- und Menschheitsfrage, wie das Recht des Einzelnen mit dem Interesse der Gesamtheit in Einklang zu bringen sei, oder wie das heute genannt wird, der Streit zwischen Individualismus und Sozialismus. Für die katholische Kirche besteht diese Schwierigkeit nicht, weil sie auf das Bedürfnis der Massen, und zwar einer nach dem Abfall der Nordländer ziemlich gleichartigen Masse zugeschnitten ist, die Be¬ standteile von Massen aber keine starken Individualitäten sind; wenigstens keine Individualitäten von starker eigner Denkkraft, und nur aus dieser Art Stärke ent¬ springen die kirchlichen Verlegenheiten, denn Geistern von starkem Willen bietet gerade eine Gemeinschaft wie die katholische den willkommensten Wirkungskreis: Ge¬ legenheit zur Beherrschung, Leitung und Venutzuug großer Massen. Wären nun "lie Protestanten oder noch besser alle Christen Individuen von Rothes Art, so

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341871_232551/371>, abgerufen am 30.06.2024.