Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Erstes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite


Englische Suprematie in Afrika

or einigen Tagen konnte man noch nicht erwarten, aber doch
hoffen, daß sich nach dem Zusammentritt des Parlaments in
London eine Strömung werde geltend machen, die der Fort¬
setzung des Kriegs in Südafrika ein Ende bereiten werde, indem
NNW sie die für ihn hauptsächlich verantwortlichen Minister entfernte.
Heute kann man sich dieser .Hoffnung nicht mehr hingeben. Das Kabinett
Salisbury steht geschlossen für seine Politik ein, und die Opposition hat zwar
manches an der Ausführung zu rügen, billigt sie aber sowohl wegen des zu-
reichenden Grundes als wegen der erstrebten Ziele und ist jedenfalls bereit,
die Regierung in der Weiterführung des Kampfs bis zur Erreichung des Ziels
zu unterstützen. Der abweichende Standpunkt eines Morley, der überhaupt
alle Kolonien abschütteln will, oder der Jrländer hat wenig zu bedeuten. Als
Ziel bezeichnete Lord Rosebery, der kommende Mann von der Opposition,
die Hissung der britischen Flagge in Pretoria und Johannesburg, und das ist
augenscheinlich dasselbe, was die Thronrede bezeichnete: die Errichtung, die
Festigung der englischen Suprematie in Südafrika.

Dieses Ziel der englischen Politik steht in keinem vernünftigen Verhältnis
zu dem Interesse und der Leidenschaft, womit die öffentliche Meinung des
Kontinents die moralische und die rechtliche Seite dieser Angelegenheit seit dem
ausbruch des Kriegs bis heute erörtert. Wenn im englischen Parlament über
diesen Zweck des Kriegs keinerlei Differenz der Meinungen besteht, wenn man
über ihn, nachdem man ihn festgestellt hat, kein Wort weiter verliert, wenn man
steh bloß darüber erhitzt, ob der Kriegsminister seine Pflicht gethan hat, ob der
^olomalminister über die Aussichten des Kriegs unter den gegebnen Umstünden
gut oder schlecht informiert war, ob England Angreifer oder Angegriffner war:
so ist das bei dem selbstgefällige,/ Charakter der Engländer verständlich.
Ringer verständlich aber ist es, wenn man sich auf dem Kontinent, wenn
'"an sich aug) ^ meist mit denselben Fragen wie das englische Parlament
Grenb


zotenI Iggg40


Englische Suprematie in Afrika

or einigen Tagen konnte man noch nicht erwarten, aber doch
hoffen, daß sich nach dem Zusammentritt des Parlaments in
London eine Strömung werde geltend machen, die der Fort¬
setzung des Kriegs in Südafrika ein Ende bereiten werde, indem
NNW sie die für ihn hauptsächlich verantwortlichen Minister entfernte.
Heute kann man sich dieser .Hoffnung nicht mehr hingeben. Das Kabinett
Salisbury steht geschlossen für seine Politik ein, und die Opposition hat zwar
manches an der Ausführung zu rügen, billigt sie aber sowohl wegen des zu-
reichenden Grundes als wegen der erstrebten Ziele und ist jedenfalls bereit,
die Regierung in der Weiterführung des Kampfs bis zur Erreichung des Ziels
zu unterstützen. Der abweichende Standpunkt eines Morley, der überhaupt
alle Kolonien abschütteln will, oder der Jrländer hat wenig zu bedeuten. Als
Ziel bezeichnete Lord Rosebery, der kommende Mann von der Opposition,
die Hissung der britischen Flagge in Pretoria und Johannesburg, und das ist
augenscheinlich dasselbe, was die Thronrede bezeichnete: die Errichtung, die
Festigung der englischen Suprematie in Südafrika.

Dieses Ziel der englischen Politik steht in keinem vernünftigen Verhältnis
zu dem Interesse und der Leidenschaft, womit die öffentliche Meinung des
Kontinents die moralische und die rechtliche Seite dieser Angelegenheit seit dem
ausbruch des Kriegs bis heute erörtert. Wenn im englischen Parlament über
diesen Zweck des Kriegs keinerlei Differenz der Meinungen besteht, wenn man
über ihn, nachdem man ihn festgestellt hat, kein Wort weiter verliert, wenn man
steh bloß darüber erhitzt, ob der Kriegsminister seine Pflicht gethan hat, ob der
^olomalminister über die Aussichten des Kriegs unter den gegebnen Umstünden
gut oder schlecht informiert war, ob England Angreifer oder Angegriffner war:
so ist das bei dem selbstgefällige,/ Charakter der Engländer verständlich.
Ringer verständlich aber ist es, wenn man sich auf dem Kontinent, wenn
'"an sich aug) ^ meist mit denselben Fragen wie das englische Parlament
Grenb


zotenI Iggg40
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0321" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/232873"/>
          <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341871_232551/figures/grenzboten_341871_232551_232873_000.jpg"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Englische Suprematie in Afrika</head><lb/>
          <p xml:id="ID_1002"> or einigen Tagen konnte man noch nicht erwarten, aber doch<lb/>
hoffen, daß sich nach dem Zusammentritt des Parlaments in<lb/>
London eine Strömung werde geltend machen, die der Fort¬<lb/>
setzung des Kriegs in Südafrika ein Ende bereiten werde, indem<lb/>
NNW sie die für ihn hauptsächlich verantwortlichen Minister entfernte.<lb/>
Heute kann man sich dieser .Hoffnung nicht mehr hingeben. Das Kabinett<lb/>
Salisbury steht geschlossen für seine Politik ein, und die Opposition hat zwar<lb/>
manches an der Ausführung zu rügen, billigt sie aber sowohl wegen des zu-<lb/>
reichenden Grundes als wegen der erstrebten Ziele und ist jedenfalls bereit,<lb/>
die Regierung in der Weiterführung des Kampfs bis zur Erreichung des Ziels<lb/>
zu unterstützen. Der abweichende Standpunkt eines Morley, der überhaupt<lb/>
alle Kolonien abschütteln will, oder der Jrländer hat wenig zu bedeuten. Als<lb/>
Ziel bezeichnete Lord Rosebery, der kommende Mann von der Opposition,<lb/>
die Hissung der britischen Flagge in Pretoria und Johannesburg, und das ist<lb/>
augenscheinlich dasselbe, was die Thronrede bezeichnete: die Errichtung, die<lb/>
Festigung der englischen Suprematie in Südafrika.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1003" next="#ID_1004"> Dieses Ziel der englischen Politik steht in keinem vernünftigen Verhältnis<lb/>
zu dem Interesse und der Leidenschaft, womit die öffentliche Meinung des<lb/>
Kontinents die moralische und die rechtliche Seite dieser Angelegenheit seit dem<lb/>
ausbruch des Kriegs bis heute erörtert. Wenn im englischen Parlament über<lb/>
diesen Zweck des Kriegs keinerlei Differenz der Meinungen besteht, wenn man<lb/>
über ihn, nachdem man ihn festgestellt hat, kein Wort weiter verliert, wenn man<lb/>
steh bloß darüber erhitzt, ob der Kriegsminister seine Pflicht gethan hat, ob der<lb/>
^olomalminister über die Aussichten des Kriegs unter den gegebnen Umstünden<lb/>
gut oder schlecht informiert war, ob England Angreifer oder Angegriffner war:<lb/>
so ist das bei dem selbstgefällige,/ Charakter der Engländer verständlich.<lb/>
Ringer verständlich aber ist es, wenn man sich auf dem Kontinent, wenn<lb/>
'"an sich aug) ^ meist mit denselben Fragen wie das englische Parlament<lb/>
Grenb</p><lb/>
          <fw type="sig" place="bottom"> zotenI Iggg40</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0321] [Abbildung] Englische Suprematie in Afrika or einigen Tagen konnte man noch nicht erwarten, aber doch hoffen, daß sich nach dem Zusammentritt des Parlaments in London eine Strömung werde geltend machen, die der Fort¬ setzung des Kriegs in Südafrika ein Ende bereiten werde, indem NNW sie die für ihn hauptsächlich verantwortlichen Minister entfernte. Heute kann man sich dieser .Hoffnung nicht mehr hingeben. Das Kabinett Salisbury steht geschlossen für seine Politik ein, und die Opposition hat zwar manches an der Ausführung zu rügen, billigt sie aber sowohl wegen des zu- reichenden Grundes als wegen der erstrebten Ziele und ist jedenfalls bereit, die Regierung in der Weiterführung des Kampfs bis zur Erreichung des Ziels zu unterstützen. Der abweichende Standpunkt eines Morley, der überhaupt alle Kolonien abschütteln will, oder der Jrländer hat wenig zu bedeuten. Als Ziel bezeichnete Lord Rosebery, der kommende Mann von der Opposition, die Hissung der britischen Flagge in Pretoria und Johannesburg, und das ist augenscheinlich dasselbe, was die Thronrede bezeichnete: die Errichtung, die Festigung der englischen Suprematie in Südafrika. Dieses Ziel der englischen Politik steht in keinem vernünftigen Verhältnis zu dem Interesse und der Leidenschaft, womit die öffentliche Meinung des Kontinents die moralische und die rechtliche Seite dieser Angelegenheit seit dem ausbruch des Kriegs bis heute erörtert. Wenn im englischen Parlament über diesen Zweck des Kriegs keinerlei Differenz der Meinungen besteht, wenn man über ihn, nachdem man ihn festgestellt hat, kein Wort weiter verliert, wenn man steh bloß darüber erhitzt, ob der Kriegsminister seine Pflicht gethan hat, ob der ^olomalminister über die Aussichten des Kriegs unter den gegebnen Umstünden gut oder schlecht informiert war, ob England Angreifer oder Angegriffner war: so ist das bei dem selbstgefällige,/ Charakter der Engländer verständlich. Ringer verständlich aber ist es, wenn man sich auf dem Kontinent, wenn '"an sich aug) ^ meist mit denselben Fragen wie das englische Parlament Grenb zotenI Iggg40

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341871_232551
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341871_232551/321
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341871_232551/321>, abgerufen am 05.12.2024.