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Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Erstes Vierteljahr.

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An der Schwelle des Orients
von iL. Ad. Fotzer lFortsetzung)

is ich V
on der Arbeit wieder aufsah, da zeigten sich rechts
und links von der Donau zum Teil schön bewaldete, zum Teil
fclsbraune, hohe Berge, die beiderseits dicht um den seit Alt-
palanka wieder nach Südosten fließenden Strom herantreten und
ihn hier schmaler aber auch tiefer und lebendiger machen. In
elegantem Bogen fuhr das Dampfboot aus der Strömung heraus nach der
Landesteile von Bazias, das von Bedeutung ist als Umschlagstation von der
Bahn zu Schiff und umgekehrt; so konnte ich während des längern Aufent¬
halts mit Ruhe an den dicht am Fluß liegenden Bahnhof hinübergehn, um
meine Sachen abzusenden und einen Blick auf den zwischen Berg und Wasser
eingeklemmten, aber aufblühenden Ort zu werfen. Kanitz meinte von Bazias
schon in den sechziger Jahren, es sei "eine der sprechendsten Illustrationen,
welchen Aufschwungs die von der Natur reich gesegneten Donauufer fähig sind,
sobald nur Kapital, Intelligenz und Arbeit sich ihnen in reicheren Maße zu¬
wenden wollten. Vor wenigen Jahren noch ein ärmliches, in tiefem Waldgrün
verstecktes Klöstercheu besitzt es nunmehr, außer seinem stattlichen Bahnhöfe,
großartige Werkstätten mit einem Kordonhansc, netten Gasthofe und hübschen
Wohnhäusern. Die nahen Werke von Steierdorf, deren Kohle mit der besten
englischen an Güte wetteifert, sichern Bazias und dessen Umgebung eine reiche
Zukunft." Nur was den netten Gasthof betrifft, so hat es der jetzige König
Carol von Rumänien damals doch nicht ganz so tadellos gefunden. Auf seiner
kühne" Jntognitvreise durch Osterreich-Ungarn, um die Negierung von Ru¬
mänien zu übernehmen, war er (18. Mai 1866) bis nach Bazias gekommen;
aber der Ausbruch des Kriegs zwischen Osterreich und Preußen hatte infolge
der großen Truppentransporte Störungen des Verkehrs bewirkt, der erwartete
Schiffsanschluß war eine Verrechnung, und so war "der Prinz dazu verurteilt,
zwei Tage in dem kleinen Neste zu bleiben, während jede Stunde länger in
der österreichischen Monarchie die Gefahr des Entdecktwerdens vermehrte." "In
einem sehr schmutzigen Gasthof, erzählt sein Biograph, fanden Prinz und Ge¬
folge eine notdürftige Unterkunft," und auch die Baziaser Beamten kommen
in den offenbar bei schlechtem Wetter gemachten Aufzeichnungen übel weg. Um
sich unerkannt zu erhalten, speiste Carol im Wirtszimmer unter ihnen und




An der Schwelle des Orients
von iL. Ad. Fotzer lFortsetzung)

is ich V
on der Arbeit wieder aufsah, da zeigten sich rechts
und links von der Donau zum Teil schön bewaldete, zum Teil
fclsbraune, hohe Berge, die beiderseits dicht um den seit Alt-
palanka wieder nach Südosten fließenden Strom herantreten und
ihn hier schmaler aber auch tiefer und lebendiger machen. In
elegantem Bogen fuhr das Dampfboot aus der Strömung heraus nach der
Landesteile von Bazias, das von Bedeutung ist als Umschlagstation von der
Bahn zu Schiff und umgekehrt; so konnte ich während des längern Aufent¬
halts mit Ruhe an den dicht am Fluß liegenden Bahnhof hinübergehn, um
meine Sachen abzusenden und einen Blick auf den zwischen Berg und Wasser
eingeklemmten, aber aufblühenden Ort zu werfen. Kanitz meinte von Bazias
schon in den sechziger Jahren, es sei „eine der sprechendsten Illustrationen,
welchen Aufschwungs die von der Natur reich gesegneten Donauufer fähig sind,
sobald nur Kapital, Intelligenz und Arbeit sich ihnen in reicheren Maße zu¬
wenden wollten. Vor wenigen Jahren noch ein ärmliches, in tiefem Waldgrün
verstecktes Klöstercheu besitzt es nunmehr, außer seinem stattlichen Bahnhöfe,
großartige Werkstätten mit einem Kordonhansc, netten Gasthofe und hübschen
Wohnhäusern. Die nahen Werke von Steierdorf, deren Kohle mit der besten
englischen an Güte wetteifert, sichern Bazias und dessen Umgebung eine reiche
Zukunft." Nur was den netten Gasthof betrifft, so hat es der jetzige König
Carol von Rumänien damals doch nicht ganz so tadellos gefunden. Auf seiner
kühne» Jntognitvreise durch Osterreich-Ungarn, um die Negierung von Ru¬
mänien zu übernehmen, war er (18. Mai 1866) bis nach Bazias gekommen;
aber der Ausbruch des Kriegs zwischen Osterreich und Preußen hatte infolge
der großen Truppentransporte Störungen des Verkehrs bewirkt, der erwartete
Schiffsanschluß war eine Verrechnung, und so war „der Prinz dazu verurteilt,
zwei Tage in dem kleinen Neste zu bleiben, während jede Stunde länger in
der österreichischen Monarchie die Gefahr des Entdecktwerdens vermehrte." „In
einem sehr schmutzigen Gasthof, erzählt sein Biograph, fanden Prinz und Ge¬
folge eine notdürftige Unterkunft," und auch die Baziaser Beamten kommen
in den offenbar bei schlechtem Wetter gemachten Aufzeichnungen übel weg. Um
sich unerkannt zu erhalten, speiste Carol im Wirtszimmer unter ihnen und


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[0236] [Abbildung] An der Schwelle des Orients von iL. Ad. Fotzer lFortsetzung) is ich V on der Arbeit wieder aufsah, da zeigten sich rechts und links von der Donau zum Teil schön bewaldete, zum Teil fclsbraune, hohe Berge, die beiderseits dicht um den seit Alt- palanka wieder nach Südosten fließenden Strom herantreten und ihn hier schmaler aber auch tiefer und lebendiger machen. In elegantem Bogen fuhr das Dampfboot aus der Strömung heraus nach der Landesteile von Bazias, das von Bedeutung ist als Umschlagstation von der Bahn zu Schiff und umgekehrt; so konnte ich während des längern Aufent¬ halts mit Ruhe an den dicht am Fluß liegenden Bahnhof hinübergehn, um meine Sachen abzusenden und einen Blick auf den zwischen Berg und Wasser eingeklemmten, aber aufblühenden Ort zu werfen. Kanitz meinte von Bazias schon in den sechziger Jahren, es sei „eine der sprechendsten Illustrationen, welchen Aufschwungs die von der Natur reich gesegneten Donauufer fähig sind, sobald nur Kapital, Intelligenz und Arbeit sich ihnen in reicheren Maße zu¬ wenden wollten. Vor wenigen Jahren noch ein ärmliches, in tiefem Waldgrün verstecktes Klöstercheu besitzt es nunmehr, außer seinem stattlichen Bahnhöfe, großartige Werkstätten mit einem Kordonhansc, netten Gasthofe und hübschen Wohnhäusern. Die nahen Werke von Steierdorf, deren Kohle mit der besten englischen an Güte wetteifert, sichern Bazias und dessen Umgebung eine reiche Zukunft." Nur was den netten Gasthof betrifft, so hat es der jetzige König Carol von Rumänien damals doch nicht ganz so tadellos gefunden. Auf seiner kühne» Jntognitvreise durch Osterreich-Ungarn, um die Negierung von Ru¬ mänien zu übernehmen, war er (18. Mai 1866) bis nach Bazias gekommen; aber der Ausbruch des Kriegs zwischen Osterreich und Preußen hatte infolge der großen Truppentransporte Störungen des Verkehrs bewirkt, der erwartete Schiffsanschluß war eine Verrechnung, und so war „der Prinz dazu verurteilt, zwei Tage in dem kleinen Neste zu bleiben, während jede Stunde länger in der österreichischen Monarchie die Gefahr des Entdecktwerdens vermehrte." „In einem sehr schmutzigen Gasthof, erzählt sein Biograph, fanden Prinz und Ge¬ folge eine notdürftige Unterkunft," und auch die Baziaser Beamten kommen in den offenbar bei schlechtem Wetter gemachten Aufzeichnungen übel weg. Um sich unerkannt zu erhalten, speiste Carol im Wirtszimmer unter ihnen und

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341871_232551/236>, abgerufen am 27.06.2024.