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Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Erstes Vierteljahr.

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mußte so Ohrenzeuge ihrer für ihn wenig hoffnungsvollen Meinungen fein, er
werde sich ebenso unmöglich machen wie der Kusa. und es werde nicht lange
dauern, dann jagten ihn die Walnchen davon. Nun ich denke, der König Carol
wird schon damals den Geschichtspropheten auf der Bierbank nicht allzuviel
geglaubt haben, und jedenfalls hat er ihre Erwartungen gar nicht erfüllt, denn
keinen: Volk als den Rumänen wird es heute weniger einfallen, seinen Fürsten
zu verjagen; freilich aber giebt es auch kaum einen König nicht heute nur,
sondern in Jahrhunderten, der in so hohem Grade die Liebe und Treue seines
Volks verdienen würde, als dieser Hohenzoller, der sein Land in einem einzigen
Menschenalter aus dem kläglichsten Schmutze zu staunenerregendem Glanz er¬
hoben hat und es nicht nnr befreit und unabhängig gemacht, sondern zugleich
zu einem Wall westeuropäischer Kultur und zu einem starken Keile zwischen
den Süd- "ut Nordslawen gemacht hat. Den Mann hat Bismarck richtig er¬
kannt, als er ihn trieb, auch ohne die Zustimmung des mehr als rechtlichen
Königs Wilhelm nach jener Krone zu greifen, denn Carol war der Mann
dazu,' diese deutsche und diese weltgeschichtliche That ersten Ranges zu voll¬
bringen.

Es hätte mir nicht wenig Spaß gemacht, ein Gläschen in Bazias mit
den weisen Honoratioren zu trinken, die damals dem Hoheuzollernprinzen einen
so kurzen Aufenthalt in Rumänien vorausgesagt haben, darüber aber versäumten,
ihm eiuen noch längern, unfreiwilligen in Österreich zu bereiten. Was sie wohl
heute vou ihm gesagt hätten? Aber nur selbst war ein längerer Aufenthalt in
der lockenden Gegend versagt, und ich mußte eilen, wieder muss Schiff zu kommen,
sonst hätte ich auf das nächste warten müssen, das erst in drei Tagen ging.
An sich freilich wäre hier auch ein dreitägiger Aufenthalt nicht allzuschrccklich
gewesen, denn nicht allzuweit liegen Weißkirchen und Wcrschctz, und von Jaffe-
"owa aus hätte sich auch mit der Zweiglinie nach Steierdvrf ein Ausflug nach
den Montanwerken der österreichisch-ungarischen Staatscisenbahneu machen lassen,
der sich gewiß gedankt hätte.

Von Bazins ging es nun, während die Berge links und namentlich rechts
Wieder zurücktraten, an mehreren flachen Inselchen vorbei nach dem serbischen
!>fer hinüber zur Mündung des goldführenden Pet, an der das kleine Städtchen
^Mdischte liegt. Auch hier auf der Stätte des antiken Picnus sind schöne
Funde antiker Münzen gemacht "morden. Aber ohne daß man sich hier auf¬
gehalten hätte, und auch ohne daß die altberühmte Festung Altmoldowa berührt
Worden wäre, fuhren wir unmittelbar auf Golubaz zu, wo dann "die gro߬
artigste Strompnrtie Europas." wie sie mit Recht genannt worden ist, beginnt,
°le Fahrt auf der Kataraktenstreckc der Donau und durch das Eiserne Thor,
M weitern Sinne dieser Bezeichnung.

Nicht nur die Donau hat ein Eisernes Thor, sondern much andre Flüsse,
s" namentlich der Wardar, da wo die Berge Mittelmakcdoniens noch einmal
Wg zusammentreten, wie um den, rauschenden Fluß deu Austritt in die weite
Ebne von Niedermakedonieu zu verwehren, den er sich zwischen ihren ragenden


mußte so Ohrenzeuge ihrer für ihn wenig hoffnungsvollen Meinungen fein, er
werde sich ebenso unmöglich machen wie der Kusa. und es werde nicht lange
dauern, dann jagten ihn die Walnchen davon. Nun ich denke, der König Carol
wird schon damals den Geschichtspropheten auf der Bierbank nicht allzuviel
geglaubt haben, und jedenfalls hat er ihre Erwartungen gar nicht erfüllt, denn
keinen: Volk als den Rumänen wird es heute weniger einfallen, seinen Fürsten
zu verjagen; freilich aber giebt es auch kaum einen König nicht heute nur,
sondern in Jahrhunderten, der in so hohem Grade die Liebe und Treue seines
Volks verdienen würde, als dieser Hohenzoller, der sein Land in einem einzigen
Menschenalter aus dem kläglichsten Schmutze zu staunenerregendem Glanz er¬
hoben hat und es nicht nnr befreit und unabhängig gemacht, sondern zugleich
zu einem Wall westeuropäischer Kultur und zu einem starken Keile zwischen
den Süd- »ut Nordslawen gemacht hat. Den Mann hat Bismarck richtig er¬
kannt, als er ihn trieb, auch ohne die Zustimmung des mehr als rechtlichen
Königs Wilhelm nach jener Krone zu greifen, denn Carol war der Mann
dazu,' diese deutsche und diese weltgeschichtliche That ersten Ranges zu voll¬
bringen.

Es hätte mir nicht wenig Spaß gemacht, ein Gläschen in Bazias mit
den weisen Honoratioren zu trinken, die damals dem Hoheuzollernprinzen einen
so kurzen Aufenthalt in Rumänien vorausgesagt haben, darüber aber versäumten,
ihm eiuen noch längern, unfreiwilligen in Österreich zu bereiten. Was sie wohl
heute vou ihm gesagt hätten? Aber nur selbst war ein längerer Aufenthalt in
der lockenden Gegend versagt, und ich mußte eilen, wieder muss Schiff zu kommen,
sonst hätte ich auf das nächste warten müssen, das erst in drei Tagen ging.
An sich freilich wäre hier auch ein dreitägiger Aufenthalt nicht allzuschrccklich
gewesen, denn nicht allzuweit liegen Weißkirchen und Wcrschctz, und von Jaffe-
»owa aus hätte sich auch mit der Zweiglinie nach Steierdvrf ein Ausflug nach
den Montanwerken der österreichisch-ungarischen Staatscisenbahneu machen lassen,
der sich gewiß gedankt hätte.

Von Bazins ging es nun, während die Berge links und namentlich rechts
Wieder zurücktraten, an mehreren flachen Inselchen vorbei nach dem serbischen
!>fer hinüber zur Mündung des goldführenden Pet, an der das kleine Städtchen
^Mdischte liegt. Auch hier auf der Stätte des antiken Picnus sind schöne
Funde antiker Münzen gemacht »morden. Aber ohne daß man sich hier auf¬
gehalten hätte, und auch ohne daß die altberühmte Festung Altmoldowa berührt
Worden wäre, fuhren wir unmittelbar auf Golubaz zu, wo dann „die gro߬
artigste Strompnrtie Europas." wie sie mit Recht genannt worden ist, beginnt,
°le Fahrt auf der Kataraktenstreckc der Donau und durch das Eiserne Thor,
M weitern Sinne dieser Bezeichnung.

Nicht nur die Donau hat ein Eisernes Thor, sondern much andre Flüsse,
s" namentlich der Wardar, da wo die Berge Mittelmakcdoniens noch einmal
Wg zusammentreten, wie um den, rauschenden Fluß deu Austritt in die weite
Ebne von Niedermakedonieu zu verwehren, den er sich zwischen ihren ragenden


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341871_232551/237>, abgerufen am 01.07.2024.