Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Erstes Vierteljahr.Hrcm Venus "Schluß) "!N der Galerie, wo ich zu zeichnen hatte, fand ich es so kalt, daß Ich suchte möglichst bald die meine zu erreichen, um mich ins Bett zu legen, Hrcm Venus «Schluß) »!N der Galerie, wo ich zu zeichnen hatte, fand ich es so kalt, daß Ich suchte möglichst bald die meine zu erreichen, um mich ins Bett zu legen, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0100" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/232652"/> <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341871_232551/figures/grenzboten_341871_232551_232652_000.jpg"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Hrcm Venus<lb/> «Schluß) </head><lb/> <p xml:id="ID_286"> »!N der Galerie, wo ich zu zeichnen hatte, fand ich es so kalt, daß<lb/> ich meine Arbeit aufs äußerste beschleunigte, und nachdem sie beendet<lb/> war, eine Stunde in der Stadt herumlief, um mich zu erwärmen.<lb/> Als ich in unser Hotel zurückkam, fand ich meine Reisegefährtin<lb/> vor dem Kamin auf eiuen Sessel ausgestreckt, ihre kleinen Füße<lb/> ^fast in das lodernde Feuer haltend, während der Hauswächter nach<lb/> ihrer Anweisung neue Scheite im Kamin auftürmte. Sie streckte mir lachend die<lb/> Hand entgegen und versicherte mir, daß es ihr ausgezeichnet in Perugia gefalle,<lb/> daß sie entzückt sei, die Reise unternommen zu haben, wenngleich sie außer dem<lb/> einen Zimmer und dem trefflichen Diener nichts davon gesehen habe, noch zu<lb/> sehen gedenke; sie wollte auch bis zur Stunde der Abreise ihren Platz nicht ver¬<lb/> lassen; ich möge das Frühstück aufs Zimmer bringen lassen. Ich ging also, um<lb/> die nötigen Anordnungen zu treffen, dann wurde der Tisch vor das Feuer ge¬<lb/> schoben und so gut es ging das Frühstück serviert. Obgleich die Gerichte von<lb/> mäßiger Zubereitung waren, aßen wir beide mit gutem Appetit, und da ich für<lb/> trinkbaren Wein gesorgt hatte, stellte sich auch wieder ein Gefühl von Wärme und<lb/> Behagen ein. Nach dem Essen blieben wir vor dem Kamin sitzen und sahen ins<lb/> Feuer, bis die Baronesse sagte, daß sie eine unwiderstehliche Begierde nach einer<lb/> Cigarette habe. Ich lief sofort, ihren Wunsch zu erfüllen, und dann blieben wir<lb/> rauchend und plaudernd auf unsern Plätzen. Sie sprach von den verschiedensten<lb/> Dingen in muntrer, anmutiger Weise, ohne aber mit einem Wort unsrer Reise und<lb/> des überstandnen Ungemachs zu erwähnen. Um drei Uhr kam der Wagen, den ich<lb/> verlangt hatte, um uns zur Station zu fahren, nachdem ich zuvor durch den Diener<lb/> hatte eine wollene Decke besorgen lassen. Ich bestand darauf, daß die Baronesse<lb/> den Pelz behielt, und hüllte mich selbst in diese Decke; auch fanden sich heute die<lb/> Eisenbahnwagen erwärmt. Wir hatten zahlreiche Reisegesellschaft und sprachen wenig<lb/> während der Fahrt, doch bemerkte ich jedesmal, wenn ich zu ihr hiuübersah, daß<lb/> ihre Augen auf mich gerichtet waren. Ich fühlte mich unwohl und war froh, als<lb/> wir in Florenz angelangt waren. Sie bat mich, sie zu einem Wagen zu führen,<lb/> verbat sich aber meine Begleitung und bestand auch darauf, mir deu Pelz dort<lb/> zurückzugeben. Daun reichte sie mir die Hand und fuhr nach ihrer Wohnung.</p><lb/> <p xml:id="ID_287" next="#ID_288"> Ich suchte möglichst bald die meine zu erreichen, um mich ins Bett zu legen,<lb/> das ich mehrere Wochen lang nicht verließ. Denn schon in der Nacht befiel mich<lb/> als Folge der Erkältung ein heftiges Fieber, und es war am ersten Tage des<lb/> neuen Jahres, daß ich zum erstenmal meine Wohnung verließ, um einige notwendige<lb/> Besuche zu machen. Während der ganzen Zeit meiner Krankheit hatte ich nichts<lb/> von der Baronesse gehört. Ich hatte nicht gewagt, zu ihr zu schicke» und nach<lb/> ihrem Befinden zu fragen, weil ich nicht wußte, ob ihre Schwester überhaupt etwas<lb/> von unsrer Reise erfahren hatte, und die Baronesse hatte nichts von sich hören</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0100]
[Abbildung]
Hrcm Venus
«Schluß)
»!N der Galerie, wo ich zu zeichnen hatte, fand ich es so kalt, daß
ich meine Arbeit aufs äußerste beschleunigte, und nachdem sie beendet
war, eine Stunde in der Stadt herumlief, um mich zu erwärmen.
Als ich in unser Hotel zurückkam, fand ich meine Reisegefährtin
vor dem Kamin auf eiuen Sessel ausgestreckt, ihre kleinen Füße
^fast in das lodernde Feuer haltend, während der Hauswächter nach
ihrer Anweisung neue Scheite im Kamin auftürmte. Sie streckte mir lachend die
Hand entgegen und versicherte mir, daß es ihr ausgezeichnet in Perugia gefalle,
daß sie entzückt sei, die Reise unternommen zu haben, wenngleich sie außer dem
einen Zimmer und dem trefflichen Diener nichts davon gesehen habe, noch zu
sehen gedenke; sie wollte auch bis zur Stunde der Abreise ihren Platz nicht ver¬
lassen; ich möge das Frühstück aufs Zimmer bringen lassen. Ich ging also, um
die nötigen Anordnungen zu treffen, dann wurde der Tisch vor das Feuer ge¬
schoben und so gut es ging das Frühstück serviert. Obgleich die Gerichte von
mäßiger Zubereitung waren, aßen wir beide mit gutem Appetit, und da ich für
trinkbaren Wein gesorgt hatte, stellte sich auch wieder ein Gefühl von Wärme und
Behagen ein. Nach dem Essen blieben wir vor dem Kamin sitzen und sahen ins
Feuer, bis die Baronesse sagte, daß sie eine unwiderstehliche Begierde nach einer
Cigarette habe. Ich lief sofort, ihren Wunsch zu erfüllen, und dann blieben wir
rauchend und plaudernd auf unsern Plätzen. Sie sprach von den verschiedensten
Dingen in muntrer, anmutiger Weise, ohne aber mit einem Wort unsrer Reise und
des überstandnen Ungemachs zu erwähnen. Um drei Uhr kam der Wagen, den ich
verlangt hatte, um uns zur Station zu fahren, nachdem ich zuvor durch den Diener
hatte eine wollene Decke besorgen lassen. Ich bestand darauf, daß die Baronesse
den Pelz behielt, und hüllte mich selbst in diese Decke; auch fanden sich heute die
Eisenbahnwagen erwärmt. Wir hatten zahlreiche Reisegesellschaft und sprachen wenig
während der Fahrt, doch bemerkte ich jedesmal, wenn ich zu ihr hiuübersah, daß
ihre Augen auf mich gerichtet waren. Ich fühlte mich unwohl und war froh, als
wir in Florenz angelangt waren. Sie bat mich, sie zu einem Wagen zu führen,
verbat sich aber meine Begleitung und bestand auch darauf, mir deu Pelz dort
zurückzugeben. Daun reichte sie mir die Hand und fuhr nach ihrer Wohnung.
Ich suchte möglichst bald die meine zu erreichen, um mich ins Bett zu legen,
das ich mehrere Wochen lang nicht verließ. Denn schon in der Nacht befiel mich
als Folge der Erkältung ein heftiges Fieber, und es war am ersten Tage des
neuen Jahres, daß ich zum erstenmal meine Wohnung verließ, um einige notwendige
Besuche zu machen. Während der ganzen Zeit meiner Krankheit hatte ich nichts
von der Baronesse gehört. Ich hatte nicht gewagt, zu ihr zu schicke» und nach
ihrem Befinden zu fragen, weil ich nicht wußte, ob ihre Schwester überhaupt etwas
von unsrer Reise erfahren hatte, und die Baronesse hatte nichts von sich hören
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