Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Zweites Vierteljahr.Der Bernstein als ^loff für das Kunstgewerbe L. von Lzihak von(Schluß) 5", ^M"' I Die Bernsteinverarbeitung ist vollständig zurückgegangen, was die kunst¬ Der Bernstein als ^loff für das Kunstgewerbe L. von Lzihak von(Schluß) 5», ^M«' I Die Bernsteinverarbeitung ist vollständig zurückgegangen, was die kunst¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0296" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/230728"/> <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341869_230431/figures/grenzboten_341869_230431_230728_000.jpg"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Der Bernstein als ^loff für das Kunstgewerbe<lb/><note type="byline"> L. von Lzihak</note> von(Schluß)</head><lb/> <p xml:id="ID_925"> 5», ^M«' I<lb/> MiUM<lb/> MUMM-Wmeer den Anklagen, die bei dem Stolper Prozeß gegen den Ge¬<lb/> heimen Kommerzienrat Becker erhoben worden sind, ist keine<lb/> weniger gerechtfertigt gewesen, als daß er die einheimische Bern¬<lb/> steinverarbeitung zu Grunde gerichtet und die Vernsteinindustrie<lb/> ins Ausland getrieben habe. Die leider nicht wegzuleugnende<lb/> Thatsache, daß eine bedeutende inländische Bernsteinwareuindustrie nicht besteht,<lb/> ist schon vor Beckers Eintreten in das Bernsteingeschäft vorhanden gewesen<lb/> und beruht auf ganz andern Ursachen, insbesondre darauf, daß die Dreher¬<lb/> zünfte schon seit länger als einem Jahrhundert durch innere Undichtigkeit<lb/> zurückgegangen und leistungslos geworden sind, und daß von seiten der<lb/> Negierung bedauerlicherweise nichts geschehen ist, um ihr Gewerbe zu heben<lb/> und eine Kunstindustrie ins Leben zu rufen. Denn wenn überhaupt<lb/> irgendwo, so ist eine solche Kunstindustrie im Ursprungslands des Stoffs am<lb/> Platze, wo sie nachweislich auch früher geblüht hat. Wenn man den Erzeug¬<lb/> nissen des Kunstgewerbes aus Bernstein nachgeht, die sich in unsern Museen<lb/> erhalten haben, wenn wir in den Berichten und Rechnungen früherer Jahr¬<lb/> hunderte lesen, welche große Rolle der Bernstein am Hofe der preußischen<lb/> Herzöge und der brandenburgischen Kurfürsten bei Prunkgeräten und Geschenken<lb/> an fürstliche und andre hohe Persönlichkeiten gespielt hat, so erhält man eine<lb/> andre Meinung von der Verwendbarkeit dieses kostbaren Stoffes im Kunst¬<lb/> gewerbe, als wenn man die kläglichen Fabrikate der heutigen Drechsler, die<lb/> Schmucksachen und Spiegelrähmchen aus aneinandergereihten naturalistischen<lb/> Rosenblättern und Blümchen durchmustert, die sinnlosen Nippes, die zur Be¬<lb/> festigung von Thermometern dienenden Obelisken, die Uhrgehäuse in Form<lb/> plumper Kommoden, die Tintenfässer, die in Gestalt von Hauptwachen auf<lb/> einem mit kleinen Berusteinfliesen gepflasterten mit Ketten umgebnen Platze<lb/> stehen, schließlich die brutalen sogenannten Felsen aus Vrackstein, mit daran<lb/> herumkriechenden Eidechsen und Fröschen aus Metallkompositiou.</p><lb/> <p xml:id="ID_926" next="#ID_927"> Die Bernsteinverarbeitung ist vollständig zurückgegangen, was die kunst¬<lb/> gewerbliche Verwertung des Steins anbelangt. Sie steht in dieser Beziehung<lb/> noch auf dem Standpunkte der dreißiger und vierziger Jahre unsers Jahr-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0296]
[Abbildung]
Der Bernstein als ^loff für das Kunstgewerbe
L. von Lzihak von(Schluß)
5», ^M«' I
MiUM
MUMM-Wmeer den Anklagen, die bei dem Stolper Prozeß gegen den Ge¬
heimen Kommerzienrat Becker erhoben worden sind, ist keine
weniger gerechtfertigt gewesen, als daß er die einheimische Bern¬
steinverarbeitung zu Grunde gerichtet und die Vernsteinindustrie
ins Ausland getrieben habe. Die leider nicht wegzuleugnende
Thatsache, daß eine bedeutende inländische Bernsteinwareuindustrie nicht besteht,
ist schon vor Beckers Eintreten in das Bernsteingeschäft vorhanden gewesen
und beruht auf ganz andern Ursachen, insbesondre darauf, daß die Dreher¬
zünfte schon seit länger als einem Jahrhundert durch innere Undichtigkeit
zurückgegangen und leistungslos geworden sind, und daß von seiten der
Negierung bedauerlicherweise nichts geschehen ist, um ihr Gewerbe zu heben
und eine Kunstindustrie ins Leben zu rufen. Denn wenn überhaupt
irgendwo, so ist eine solche Kunstindustrie im Ursprungslands des Stoffs am
Platze, wo sie nachweislich auch früher geblüht hat. Wenn man den Erzeug¬
nissen des Kunstgewerbes aus Bernstein nachgeht, die sich in unsern Museen
erhalten haben, wenn wir in den Berichten und Rechnungen früherer Jahr¬
hunderte lesen, welche große Rolle der Bernstein am Hofe der preußischen
Herzöge und der brandenburgischen Kurfürsten bei Prunkgeräten und Geschenken
an fürstliche und andre hohe Persönlichkeiten gespielt hat, so erhält man eine
andre Meinung von der Verwendbarkeit dieses kostbaren Stoffes im Kunst¬
gewerbe, als wenn man die kläglichen Fabrikate der heutigen Drechsler, die
Schmucksachen und Spiegelrähmchen aus aneinandergereihten naturalistischen
Rosenblättern und Blümchen durchmustert, die sinnlosen Nippes, die zur Be¬
festigung von Thermometern dienenden Obelisken, die Uhrgehäuse in Form
plumper Kommoden, die Tintenfässer, die in Gestalt von Hauptwachen auf
einem mit kleinen Berusteinfliesen gepflasterten mit Ketten umgebnen Platze
stehen, schließlich die brutalen sogenannten Felsen aus Vrackstein, mit daran
herumkriechenden Eidechsen und Fröschen aus Metallkompositiou.
Die Bernsteinverarbeitung ist vollständig zurückgegangen, was die kunst¬
gewerbliche Verwertung des Steins anbelangt. Sie steht in dieser Beziehung
noch auf dem Standpunkte der dreißiger und vierziger Jahre unsers Jahr-
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