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Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Erstes Vierteljahr.

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Gerhart Hauxtmann und sein Biograph

gab. Rhodes war der Meinung, daß für die Erschließung Nhodesias der
Telegraph noch vor der Eisenbahn kommen müsse, und er plante eine tele¬
graphische Verbindung durch das Innere Afrikas von der Kapstadt bis nach
Kairo. Als er die Mittel dafür aufzutreiben suchte, ließ man ihn im Stich.
Von den als Lsers zeichneten nur seine persönlichen Freunde etwas, von den
iZolällelcls, die ihm doch so viel verdankten, traf nichts als der Brief eines
erzürnten Aktionärs ein, der Aufklärung darüber verlangte, wer die Freimarken
und das Papier für die Aufforderung bezahlte. Rhodes soll damals bitter
bemerkt haben, er begreife jetzt, warum die Aktionäre bestohlen würden. Er
stand darum von seinem Plane doch nicht ab. Die Hauptlinie nach dem
Nyassasee mit einer Seitenlinie über Bulawayo und einer Linie nach der Ost¬
küste wurden dennoch fertiggestellt, wenn auch Rhodes vier Fünftel der Kosten
zu bestreikn hatte. Ferner führte er auch die Bahn von Beira nach dem Innern
weiter und veranlaßte Lord Rothschild, eine halbe Million dazu zu geben,
trotzdem dieser nicht an das Unternehmen glaubte und meinte, "er werfe sein
Geld ins Meer."

(Schluß folgt)




Gerhart Hauptmann und sein Biograph
Aarl Rinzel von
(Fortsetzung)

lese Auffassung ist bezeichnend für eine ganze Weltanschauung,
die in der Welt nur zufällig zusammengewürfelte Atome sieht;
drum sind ihre Anhänger Pessimisten und Fatalisten. Deshalb
fehlt ihnen auch das klare Urteil in der Kritik der wirklichen
Vorgänge ebenso wie der Dramen, die solche wiederspiegeln.
Das wird hier besonders am Ausgang des "Friedensfestes" deutlich, der einen
Schimmer von Idealismus wahrt, indem er den Ausblick auf die Rettung
wenigstens eines der Familienglieder gewährt. In dem jüngstenSohne derFamilie
Scholz nämlich lebt ein gewisses moralisches Bewußtsein, walten Kräfte, die es
glaubhaft machen, daß er sich aus dieser Verstrickung von Schuld und Mijzlich-
keiten herausretten werde, wenn ihm die Hand gereicht und die Gelegenheit dazu
geboten wird, wenn ein starker Impuls ihn zur Thatkraft beseelt. Er findet sich
in der Liebe eines reinen Mädchens, die sich mit Hingebung an ihn klammert.
So endet das Stück, freilich ohne daß uns der Dichter andeutet, ob sich unsre
Hoffnung erfüllen wird. Aber sie ist da, und wir halten sie aus den Voraus¬
setzungen für begründet. Paul Schlenther jedoch? -- Man höre, was die Halt-


Gerhart Hauxtmann und sein Biograph

gab. Rhodes war der Meinung, daß für die Erschließung Nhodesias der
Telegraph noch vor der Eisenbahn kommen müsse, und er plante eine tele¬
graphische Verbindung durch das Innere Afrikas von der Kapstadt bis nach
Kairo. Als er die Mittel dafür aufzutreiben suchte, ließ man ihn im Stich.
Von den als Lsers zeichneten nur seine persönlichen Freunde etwas, von den
iZolällelcls, die ihm doch so viel verdankten, traf nichts als der Brief eines
erzürnten Aktionärs ein, der Aufklärung darüber verlangte, wer die Freimarken
und das Papier für die Aufforderung bezahlte. Rhodes soll damals bitter
bemerkt haben, er begreife jetzt, warum die Aktionäre bestohlen würden. Er
stand darum von seinem Plane doch nicht ab. Die Hauptlinie nach dem
Nyassasee mit einer Seitenlinie über Bulawayo und einer Linie nach der Ost¬
küste wurden dennoch fertiggestellt, wenn auch Rhodes vier Fünftel der Kosten
zu bestreikn hatte. Ferner führte er auch die Bahn von Beira nach dem Innern
weiter und veranlaßte Lord Rothschild, eine halbe Million dazu zu geben,
trotzdem dieser nicht an das Unternehmen glaubte und meinte, „er werfe sein
Geld ins Meer."

(Schluß folgt)




Gerhart Hauptmann und sein Biograph
Aarl Rinzel von
(Fortsetzung)

lese Auffassung ist bezeichnend für eine ganze Weltanschauung,
die in der Welt nur zufällig zusammengewürfelte Atome sieht;
drum sind ihre Anhänger Pessimisten und Fatalisten. Deshalb
fehlt ihnen auch das klare Urteil in der Kritik der wirklichen
Vorgänge ebenso wie der Dramen, die solche wiederspiegeln.
Das wird hier besonders am Ausgang des „Friedensfestes" deutlich, der einen
Schimmer von Idealismus wahrt, indem er den Ausblick auf die Rettung
wenigstens eines der Familienglieder gewährt. In dem jüngstenSohne derFamilie
Scholz nämlich lebt ein gewisses moralisches Bewußtsein, walten Kräfte, die es
glaubhaft machen, daß er sich aus dieser Verstrickung von Schuld und Mijzlich-
keiten herausretten werde, wenn ihm die Hand gereicht und die Gelegenheit dazu
geboten wird, wenn ein starker Impuls ihn zur Thatkraft beseelt. Er findet sich
in der Liebe eines reinen Mädchens, die sich mit Hingebung an ihn klammert.
So endet das Stück, freilich ohne daß uns der Dichter andeutet, ob sich unsre
Hoffnung erfüllen wird. Aber sie ist da, und wir halten sie aus den Voraus¬
setzungen für begründet. Paul Schlenther jedoch? — Man höre, was die Halt-


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[0096] Gerhart Hauxtmann und sein Biograph gab. Rhodes war der Meinung, daß für die Erschließung Nhodesias der Telegraph noch vor der Eisenbahn kommen müsse, und er plante eine tele¬ graphische Verbindung durch das Innere Afrikas von der Kapstadt bis nach Kairo. Als er die Mittel dafür aufzutreiben suchte, ließ man ihn im Stich. Von den als Lsers zeichneten nur seine persönlichen Freunde etwas, von den iZolällelcls, die ihm doch so viel verdankten, traf nichts als der Brief eines erzürnten Aktionärs ein, der Aufklärung darüber verlangte, wer die Freimarken und das Papier für die Aufforderung bezahlte. Rhodes soll damals bitter bemerkt haben, er begreife jetzt, warum die Aktionäre bestohlen würden. Er stand darum von seinem Plane doch nicht ab. Die Hauptlinie nach dem Nyassasee mit einer Seitenlinie über Bulawayo und einer Linie nach der Ost¬ küste wurden dennoch fertiggestellt, wenn auch Rhodes vier Fünftel der Kosten zu bestreikn hatte. Ferner führte er auch die Bahn von Beira nach dem Innern weiter und veranlaßte Lord Rothschild, eine halbe Million dazu zu geben, trotzdem dieser nicht an das Unternehmen glaubte und meinte, „er werfe sein Geld ins Meer." (Schluß folgt) Gerhart Hauptmann und sein Biograph Aarl Rinzel von (Fortsetzung) lese Auffassung ist bezeichnend für eine ganze Weltanschauung, die in der Welt nur zufällig zusammengewürfelte Atome sieht; drum sind ihre Anhänger Pessimisten und Fatalisten. Deshalb fehlt ihnen auch das klare Urteil in der Kritik der wirklichen Vorgänge ebenso wie der Dramen, die solche wiederspiegeln. Das wird hier besonders am Ausgang des „Friedensfestes" deutlich, der einen Schimmer von Idealismus wahrt, indem er den Ausblick auf die Rettung wenigstens eines der Familienglieder gewährt. In dem jüngstenSohne derFamilie Scholz nämlich lebt ein gewisses moralisches Bewußtsein, walten Kräfte, die es glaubhaft machen, daß er sich aus dieser Verstrickung von Schuld und Mijzlich- keiten herausretten werde, wenn ihm die Hand gereicht und die Gelegenheit dazu geboten wird, wenn ein starker Impuls ihn zur Thatkraft beseelt. Er findet sich in der Liebe eines reinen Mädchens, die sich mit Hingebung an ihn klammert. So endet das Stück, freilich ohne daß uns der Dichter andeutet, ob sich unsre Hoffnung erfüllen wird. Aber sie ist da, und wir halten sie aus den Voraus¬ setzungen für begründet. Paul Schlenther jedoch? — Man höre, was die Halt-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341869_229685/96>, abgerufen am 03.07.2024.