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Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Erstes Vierteljahr.

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Nation und Staat

sondern dem Vciterlcmde, der Welt, und die, die sich jetzt zur Herausgabe dieser
Tagebuchblätter vereinigt haben, trotz der ans Busch gehäuften Schmähungen,
die sind sich bewußt, in treuer Verehrung für den großen Kanzler niemand
nachzustehn.

Zum Schlüsse bedarf es noch eines Worts der Erklärung, wie es kommt,
daß diese Bände jetzt von andrer Hand herausgegeben werden. Dr. Busch
hat zu einer Zeit, wo es ihm nützlich schien, sein Manuskript mit allen Rechten
"ach England verkauft, um das Erscheinen nach dem Tode des Fürsten zu
sichern für den Fall, daß er selbst nicht mehr für die Herausgabe sorgen
könnte. Das Autorrecht für Deutschland mußte und konnte deshalb von dem
Verleger erworben werden, der es für den ersten Teil schon besaß, nun aber
in den Stand gesetzt wurde, das ganze Buch in einer Form zu bringen, die,
ohne seinen Wert zu schmälern, manches Anstößige entfernte. Dr. Busch selbst
ist wegen seines gegenwärtigen Gesundheitszustands und bei seinem hohen Alter
zu einer umfassenden redaktionellen Arbeit nicht mehr imstande, hat aber den
Herausgebern zu dieser Arbeit freie Hand gelassen.

So übergeben wir in der Überzeugung, etwas Nützliches und Gutes zu
thun, dieses Buch, das treue Spiegelbild einer großen Zeit, nicht nur den
deutschen Historikern, denen es nur einzelnes Neue bieten kann, sondern vor
allem auch dem deutschen Volke, dem es seinen größten und volkstümlichsten
Helden in lebendigen Bildern vergegenwärtigen soll.



Nation und ^kaat
<L. von der Briiggen von

aiser Joseph it. war ein Fürst von so hoher Begabung, wie sie
nur selten den Trägern von Kronen verliehen ist, und stellte
seine Gaben mit einem idealen Schwung, einer Energie, einer
Hingebung in den Dienst seines Reichs, deren gute Wirkungen
bis heute in Österreich nicht vergessen sind. Aber er war durch
und durch Büreaukrat, und indem er von diesem Standpunkte aus sein Reich
zu reformieren unternahm, trieb er seine Völker in die Revolution oder bis
dicht an die Revolution. Mit büreaukratischer Gewaltsamkeit wollte er, die
Versäumnis seiner Vorfahren nachholend, aus seinen Erbländern einen deutschen
nationalen Staat machen, und er scheiterte durch die Gewaltsamkeit seiner
Mittel. Trotzdem hatte er eine Saat ausgestreut, die unter dem mildern


Nation und Staat

sondern dem Vciterlcmde, der Welt, und die, die sich jetzt zur Herausgabe dieser
Tagebuchblätter vereinigt haben, trotz der ans Busch gehäuften Schmähungen,
die sind sich bewußt, in treuer Verehrung für den großen Kanzler niemand
nachzustehn.

Zum Schlüsse bedarf es noch eines Worts der Erklärung, wie es kommt,
daß diese Bände jetzt von andrer Hand herausgegeben werden. Dr. Busch
hat zu einer Zeit, wo es ihm nützlich schien, sein Manuskript mit allen Rechten
»ach England verkauft, um das Erscheinen nach dem Tode des Fürsten zu
sichern für den Fall, daß er selbst nicht mehr für die Herausgabe sorgen
könnte. Das Autorrecht für Deutschland mußte und konnte deshalb von dem
Verleger erworben werden, der es für den ersten Teil schon besaß, nun aber
in den Stand gesetzt wurde, das ganze Buch in einer Form zu bringen, die,
ohne seinen Wert zu schmälern, manches Anstößige entfernte. Dr. Busch selbst
ist wegen seines gegenwärtigen Gesundheitszustands und bei seinem hohen Alter
zu einer umfassenden redaktionellen Arbeit nicht mehr imstande, hat aber den
Herausgebern zu dieser Arbeit freie Hand gelassen.

So übergeben wir in der Überzeugung, etwas Nützliches und Gutes zu
thun, dieses Buch, das treue Spiegelbild einer großen Zeit, nicht nur den
deutschen Historikern, denen es nur einzelnes Neue bieten kann, sondern vor
allem auch dem deutschen Volke, dem es seinen größten und volkstümlichsten
Helden in lebendigen Bildern vergegenwärtigen soll.



Nation und ^kaat
<L. von der Briiggen von

aiser Joseph it. war ein Fürst von so hoher Begabung, wie sie
nur selten den Trägern von Kronen verliehen ist, und stellte
seine Gaben mit einem idealen Schwung, einer Energie, einer
Hingebung in den Dienst seines Reichs, deren gute Wirkungen
bis heute in Österreich nicht vergessen sind. Aber er war durch
und durch Büreaukrat, und indem er von diesem Standpunkte aus sein Reich
zu reformieren unternahm, trieb er seine Völker in die Revolution oder bis
dicht an die Revolution. Mit büreaukratischer Gewaltsamkeit wollte er, die
Versäumnis seiner Vorfahren nachholend, aus seinen Erbländern einen deutschen
nationalen Staat machen, und er scheiterte durch die Gewaltsamkeit seiner
Mittel. Trotzdem hatte er eine Saat ausgestreut, die unter dem mildern


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[0637] Nation und Staat sondern dem Vciterlcmde, der Welt, und die, die sich jetzt zur Herausgabe dieser Tagebuchblätter vereinigt haben, trotz der ans Busch gehäuften Schmähungen, die sind sich bewußt, in treuer Verehrung für den großen Kanzler niemand nachzustehn. Zum Schlüsse bedarf es noch eines Worts der Erklärung, wie es kommt, daß diese Bände jetzt von andrer Hand herausgegeben werden. Dr. Busch hat zu einer Zeit, wo es ihm nützlich schien, sein Manuskript mit allen Rechten »ach England verkauft, um das Erscheinen nach dem Tode des Fürsten zu sichern für den Fall, daß er selbst nicht mehr für die Herausgabe sorgen könnte. Das Autorrecht für Deutschland mußte und konnte deshalb von dem Verleger erworben werden, der es für den ersten Teil schon besaß, nun aber in den Stand gesetzt wurde, das ganze Buch in einer Form zu bringen, die, ohne seinen Wert zu schmälern, manches Anstößige entfernte. Dr. Busch selbst ist wegen seines gegenwärtigen Gesundheitszustands und bei seinem hohen Alter zu einer umfassenden redaktionellen Arbeit nicht mehr imstande, hat aber den Herausgebern zu dieser Arbeit freie Hand gelassen. So übergeben wir in der Überzeugung, etwas Nützliches und Gutes zu thun, dieses Buch, das treue Spiegelbild einer großen Zeit, nicht nur den deutschen Historikern, denen es nur einzelnes Neue bieten kann, sondern vor allem auch dem deutschen Volke, dem es seinen größten und volkstümlichsten Helden in lebendigen Bildern vergegenwärtigen soll. [Abbildung] Nation und ^kaat <L. von der Briiggen von aiser Joseph it. war ein Fürst von so hoher Begabung, wie sie nur selten den Trägern von Kronen verliehen ist, und stellte seine Gaben mit einem idealen Schwung, einer Energie, einer Hingebung in den Dienst seines Reichs, deren gute Wirkungen bis heute in Österreich nicht vergessen sind. Aber er war durch und durch Büreaukrat, und indem er von diesem Standpunkte aus sein Reich zu reformieren unternahm, trieb er seine Völker in die Revolution oder bis dicht an die Revolution. Mit büreaukratischer Gewaltsamkeit wollte er, die Versäumnis seiner Vorfahren nachholend, aus seinen Erbländern einen deutschen nationalen Staat machen, und er scheiterte durch die Gewaltsamkeit seiner Mittel. Trotzdem hatte er eine Saat ausgestreut, die unter dem mildern

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341869_229685/637>, abgerufen am 23.07.2024.