Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Viertes Vierteljahr.Skizzen aus unserm heutigen Volksleben Gewiß holen sie dich wieder zum Könige, sagte der Meister. Nein, es war ein Telegramm. Und in dem Telegramm stand, daß von Es hat dem berühmten Arzt das Herz gebrochen. Wohl gab er nicht gleich Als er einzog in die heimatlichen Räume, da stand in einer Ecke des großen In dem Hause ist sie geblieben, die Siegesgöttin der Entsagung. Und die Skizzen aus unserm heutigen Volksleben Fritz Anders von Neue Folge 1.0. Der Drang nach höherm er alte Johann August Zausch Skizzen aus unserm heutigen Volksleben Gewiß holen sie dich wieder zum Könige, sagte der Meister. Nein, es war ein Telegramm. Und in dem Telegramm stand, daß von Es hat dem berühmten Arzt das Herz gebrochen. Wohl gab er nicht gleich Als er einzog in die heimatlichen Räume, da stand in einer Ecke des großen In dem Hause ist sie geblieben, die Siegesgöttin der Entsagung. Und die Skizzen aus unserm heutigen Volksleben Fritz Anders von Neue Folge 1.0. Der Drang nach höherm er alte Johann August Zausch <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0223" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/229172"/> <fw type="header" place="top"> Skizzen aus unserm heutigen Volksleben</fw><lb/> <p xml:id="ID_592"> Gewiß holen sie dich wieder zum Könige, sagte der Meister.</p><lb/> <p xml:id="ID_593"> Nein, es war ein Telegramm. Und in dem Telegramm stand, daß von<lb/> London aus die Nachricht eingetroffen sei, der Naturforscher Dr. S. sei vor zehn<lb/> Tagen am Tropeufieber gestorben. Weitere Nachrichten fehlten. . . .</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p xml:id="ID_594"> Es hat dem berühmten Arzt das Herz gebrochen. Wohl gab er nicht gleich<lb/> nach: die Pflicht, die ihn durchs Leben geführt hatte, hielt ihn aufrecht. Als er<lb/> aber merkte, daß das Gift des Schmerzes anfing, seine Einsicht zu trüben und die<lb/> Hand unsicher zu machen, da faßte er den Entschluß, aus der Hauptstadt wieder<lb/> in die stille Heimat überzusiedeln, von der er, ein einfacher Mann, einst aus¬<lb/> gezogen war. Es war nun genug. Er hatte alles gethan für die Menschheit,<lb/> Könige kurirt, um der Armen willen die Nachte durchwacht; er hatte auch sein<lb/> Teuerstes, sein Kind, seinen Stolz dahingegeben. . . .</p><lb/> <p xml:id="ID_595"> Als er einzog in die heimatlichen Räume, da stand in einer Ecke des großen<lb/> Hauptzimmers zwischen Blumen die Viktorin seines Freundes, die der Musiker<lb/> dort hatte aufstellen lassen.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p xml:id="ID_596"> In dem Hause ist sie geblieben, die Siegesgöttin der Entsagung. Und die<lb/> Männer, von denen wir schreiben, tragen die Namen: Schönlein, Meyerbeer,<lb/> Rauch.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Skizzen aus unserm heutigen Volksleben<lb/><note type="byline"> Fritz Anders</note> von<lb/> Neue Folge<lb/> 1.0. Der Drang nach höherm </head><lb/> <p xml:id="ID_597" next="#ID_598"> er alte Johann August Zausch<lb/> , der nun schon lange tot ist, war<lb/> seines Zeichens Buchbindermeister gewesen, aber er hatte von jeher<lb/> einen Drang nach etwas Höheren in seinem Busen getragen. Diesem<lb/> Drange folgend hatte er seinen Buchbinderladen zu einer „Buch¬<lb/> handlung" erweitert, in der man Gesangbücher, Schulbücher, Kalender<lb/> und eine schöne Auswahl von Nieritzschen und Hoffmannschen Schriften<lb/> fand. Laden und Wohnung lagen im ältesten Teile der Stadt. Das Haus war<lb/> ein großer, schwarz geräucherter Kasten, und der Laden sah aus, wie eben Kram¬<lb/> läden ans dem Anfange dieses Jahrhunderts auszusehen Pflegen. Ihr kennt sie ja,<lb/> die breiten, oben flachrunden Thüren — weißgestrichen, mit kleinen Fensterscheiben —,<lb/> deren eine Hälfte den Eingang bildet, während hinter den Scheiben der andern<lb/> Hälfte allerlei schöne Dinge aufgehängt sind. Hinter dein Laden befand sich die<lb/> Bnchbinderwerkstatt und dahinter die gute Stube. Laden, Werkstatt und Stube</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0223]
Skizzen aus unserm heutigen Volksleben
Gewiß holen sie dich wieder zum Könige, sagte der Meister.
Nein, es war ein Telegramm. Und in dem Telegramm stand, daß von
London aus die Nachricht eingetroffen sei, der Naturforscher Dr. S. sei vor zehn
Tagen am Tropeufieber gestorben. Weitere Nachrichten fehlten. . . .
Es hat dem berühmten Arzt das Herz gebrochen. Wohl gab er nicht gleich
nach: die Pflicht, die ihn durchs Leben geführt hatte, hielt ihn aufrecht. Als er
aber merkte, daß das Gift des Schmerzes anfing, seine Einsicht zu trüben und die
Hand unsicher zu machen, da faßte er den Entschluß, aus der Hauptstadt wieder
in die stille Heimat überzusiedeln, von der er, ein einfacher Mann, einst aus¬
gezogen war. Es war nun genug. Er hatte alles gethan für die Menschheit,
Könige kurirt, um der Armen willen die Nachte durchwacht; er hatte auch sein
Teuerstes, sein Kind, seinen Stolz dahingegeben. . . .
Als er einzog in die heimatlichen Räume, da stand in einer Ecke des großen
Hauptzimmers zwischen Blumen die Viktorin seines Freundes, die der Musiker
dort hatte aufstellen lassen.
In dem Hause ist sie geblieben, die Siegesgöttin der Entsagung. Und die
Männer, von denen wir schreiben, tragen die Namen: Schönlein, Meyerbeer,
Rauch.
Skizzen aus unserm heutigen Volksleben
Fritz Anders von
Neue Folge
1.0. Der Drang nach höherm
er alte Johann August Zausch
, der nun schon lange tot ist, war
seines Zeichens Buchbindermeister gewesen, aber er hatte von jeher
einen Drang nach etwas Höheren in seinem Busen getragen. Diesem
Drange folgend hatte er seinen Buchbinderladen zu einer „Buch¬
handlung" erweitert, in der man Gesangbücher, Schulbücher, Kalender
und eine schöne Auswahl von Nieritzschen und Hoffmannschen Schriften
fand. Laden und Wohnung lagen im ältesten Teile der Stadt. Das Haus war
ein großer, schwarz geräucherter Kasten, und der Laden sah aus, wie eben Kram¬
läden ans dem Anfange dieses Jahrhunderts auszusehen Pflegen. Ihr kennt sie ja,
die breiten, oben flachrunden Thüren — weißgestrichen, mit kleinen Fensterscheiben —,
deren eine Hälfte den Eingang bildet, während hinter den Scheiben der andern
Hälfte allerlei schöne Dinge aufgehängt sind. Hinter dein Laden befand sich die
Bnchbinderwerkstatt und dahinter die gute Stube. Laden, Werkstatt und Stube
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