Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Drittes Vierteljahr.Rechtsphilosophische Phantasien eines Laien Reiche muß möglich werden. Ohne sie giebt es keine nationale Politik des Wo immer Versöhnung notthut, hat der Kaiser die Hand dazu geboten. Rechtsphilosophische Phantasien eines Laien i emlich genau vor einem Jahre brachten die Grenzboten einen 1 Die Grundlage jedes Strafgesetzes, wie es auch immer sein mag, ja des Das vielbehandelte Problem von der Freiheit oder Unfreiheit des Willens Über den dunkeln Drnng nach einem guten Rechtsweg von N, Goldschmidt,
Rechtsphilosophische Phantasien eines Laien Reiche muß möglich werden. Ohne sie giebt es keine nationale Politik des Wo immer Versöhnung notthut, hat der Kaiser die Hand dazu geboten. Rechtsphilosophische Phantasien eines Laien i emlich genau vor einem Jahre brachten die Grenzboten einen 1 Die Grundlage jedes Strafgesetzes, wie es auch immer sein mag, ja des Das vielbehandelte Problem von der Freiheit oder Unfreiheit des Willens Über den dunkeln Drnng nach einem guten Rechtsweg von N, Goldschmidt,
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0015" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/228317"/> <fw type="header" place="top"> Rechtsphilosophische Phantasien eines Laien</fw><lb/> <p xml:id="ID_20" prev="#ID_19"> Reiche muß möglich werden. Ohne sie giebt es keine nationale Politik des<lb/> deutschen Volks.</p><lb/> <p xml:id="ID_21"> Wo immer Versöhnung notthut, hat der Kaiser die Hand dazu geboten.<lb/> Das deutsche Volk wirds ihm noch danken lernen. Gebe der Himmel, daß<lb/> das nicht zu spät geschieht.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Rechtsphilosophische Phantasien eines Laien</head><lb/> <p xml:id="ID_22"> i emlich genau vor einem Jahre brachten die Grenzboten einen<lb/> längern Aufsatz aus der Feder eines erfahrnen Juristen, der sich<lb/> mit der praktischen Rechtspflege beschäftigte und hierbei zur<lb/> theoretischen Begründung der aufgestellten Forderungen auch<lb/> einen Streifzug in das rechtsphilosophische Gebiet unternahm.")<lb/> Wenn ein sachverständiger Mann von Urteil die von ihm auf seinem Gebiete<lb/> gemachten Erfahrungen mitteilt, so wird man immer von ihm lernen können.<lb/> Andre Sachverständige mögen die Ergebnisse seines Nachdenkens und die von ihm<lb/> aufgestellten Forderungen in Bezug auf ihre Durchführbarkeit prüfen, der Laie<lb/> kaun dabei kaum mitsprechen, da er die Folgerungen, die sich für das praktische<lb/> Leben ergeben, zu wenig übersehen kann. An dem theoretisch-philosophischen<lb/> Unterbau läßt sich dagegen auch ohne Erfahrungen in der praktischen Rechts¬<lb/> pflege Kritik üben.</p><lb/> <div n="2"> <head> 1</head><lb/> <p xml:id="ID_23"> Die Grundlage jedes Strafgesetzes, wie es auch immer sein mag, ja des<lb/> Begriffes der Strafe überhaupt ist die Verantwortung des Menschen für sein<lb/> Thun. Diese Verantwortung hat man grundsätzlich und praktisch wohl noch<lb/> niemals verneint, denn die Folge davon müßte die Aufhebung der Strafen<lb/> sein; somit ist diese Verneinung auch theoretisch unhaltbar, denn eine Theorie,<lb/> die zu absurden Folgerungen führt, ist eben schlechthin falsch.</p><lb/> <p xml:id="ID_24"> Das vielbehandelte Problem von der Freiheit oder Unfreiheit des Willens<lb/> ist in der üblichen Auffassung falsch gestellt und kann darum auch keine<lb/> befriedigende Antwort finden. Die persönliche Freiheit liegt im menschlichen<lb/> Bewußtsein; daß aber jede Willensäußerung dem Gesetz der Kausalität unter¬<lb/> liegt, kann ebenso wenig geleugnet werden. Schiller läßt seinen Wallenstein<lb/> sagen:</p><lb/> <note xml:id="FID_2" place="foot"> Über den dunkeln Drnng nach einem guten Rechtsweg von N, Goldschmidt,</note><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0015]
Rechtsphilosophische Phantasien eines Laien
Reiche muß möglich werden. Ohne sie giebt es keine nationale Politik des
deutschen Volks.
Wo immer Versöhnung notthut, hat der Kaiser die Hand dazu geboten.
Das deutsche Volk wirds ihm noch danken lernen. Gebe der Himmel, daß
das nicht zu spät geschieht.
Rechtsphilosophische Phantasien eines Laien
i emlich genau vor einem Jahre brachten die Grenzboten einen
längern Aufsatz aus der Feder eines erfahrnen Juristen, der sich
mit der praktischen Rechtspflege beschäftigte und hierbei zur
theoretischen Begründung der aufgestellten Forderungen auch
einen Streifzug in das rechtsphilosophische Gebiet unternahm.")
Wenn ein sachverständiger Mann von Urteil die von ihm auf seinem Gebiete
gemachten Erfahrungen mitteilt, so wird man immer von ihm lernen können.
Andre Sachverständige mögen die Ergebnisse seines Nachdenkens und die von ihm
aufgestellten Forderungen in Bezug auf ihre Durchführbarkeit prüfen, der Laie
kaun dabei kaum mitsprechen, da er die Folgerungen, die sich für das praktische
Leben ergeben, zu wenig übersehen kann. An dem theoretisch-philosophischen
Unterbau läßt sich dagegen auch ohne Erfahrungen in der praktischen Rechts¬
pflege Kritik üben.
1
Die Grundlage jedes Strafgesetzes, wie es auch immer sein mag, ja des
Begriffes der Strafe überhaupt ist die Verantwortung des Menschen für sein
Thun. Diese Verantwortung hat man grundsätzlich und praktisch wohl noch
niemals verneint, denn die Folge davon müßte die Aufhebung der Strafen
sein; somit ist diese Verneinung auch theoretisch unhaltbar, denn eine Theorie,
die zu absurden Folgerungen führt, ist eben schlechthin falsch.
Das vielbehandelte Problem von der Freiheit oder Unfreiheit des Willens
ist in der üblichen Auffassung falsch gestellt und kann darum auch keine
befriedigende Antwort finden. Die persönliche Freiheit liegt im menschlichen
Bewußtsein; daß aber jede Willensäußerung dem Gesetz der Kausalität unter¬
liegt, kann ebenso wenig geleugnet werden. Schiller läßt seinen Wallenstein
sagen:
Über den dunkeln Drnng nach einem guten Rechtsweg von N, Goldschmidt,
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |