Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Zweites Vierteljahr.Maßgebliches und Unmaßgebliches Leiter einer Zeitschrift ist niemals sicher, eine Vorladung vor ein Gericht zu be¬ Banschwindel. Über dies Thema erhalten wir zwei Zuschriften. Herr Beabsichtigt jemand ein neues Haus zu erbauen, so müßte er zunächst ver¬ Nun kann der Bau des neuen Hauses beginnen, denn die Bauhandwerker Nach einer solchen Ordnung der Dinge könnte von einem Schwindel in der Maßgebliches und Unmaßgebliches Leiter einer Zeitschrift ist niemals sicher, eine Vorladung vor ein Gericht zu be¬ Banschwindel. Über dies Thema erhalten wir zwei Zuschriften. Herr Beabsichtigt jemand ein neues Haus zu erbauen, so müßte er zunächst ver¬ Nun kann der Bau des neuen Hauses beginnen, denn die Bauhandwerker Nach einer solchen Ordnung der Dinge könnte von einem Schwindel in der <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0460" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/228096"/> <fw type="header" place="top"> Maßgebliches und Unmaßgebliches</fw><lb/> <p xml:id="ID_1256" prev="#ID_1255"> Leiter einer Zeitschrift ist niemals sicher, eine Vorladung vor ein Gericht zu be¬<lb/> kommen, dessen Sitz er erst ans der Karte suchen muß. Er riskirt auch, vor<lb/> Richter zu kommen, denen er unter Umständen erst auf dem Wege einer umständ¬<lb/> lichen Beweiserhebung die Richtung darthun muß, die er in seinem Blatte vertritt,<lb/> während er bei dem Gerichte des Erscheinnngsvrtes diese Thatsachen als bekannt<lb/> voraussetzen, darf. Im Reichstag ist diese Frage wiederholt angeregt worden, und<lb/> es ist unsers Wissens auch ein solcher Antrag gestellt. Mit einem Znsntze zu § 7<lb/> der R-Ser.-P.-O.: „Für Preßdelikte ist der Gerichtsstand der begangnen That<lb/> der Ort, an dem die Druckschrift erscheint," ist diese Frage zur befriedigenden<lb/> Losung gebracht. Sie kehrt sonst immer wieder, verursacht jedesmal großen Lärm,<lb/> den man in unsern unruhigen Zeiten wohl entbehren kann, und schafft thatsächlich<lb/> unerquickliche Zustände, die für das Ansehen der Gerichte nicht förderlich sind.</p><lb/> </div> <div n="2"> <head> Banschwindel.</head> <p xml:id="ID_1257"> Über dies Thema erhalten wir zwei Zuschriften. Herr<lb/> Otto Koenig in Halberstadt schreibt uns: Das 37. und 38. Heft der Grenzboten<lb/> brachte einen Aufsatz „Einiges von der deutschen Rechtseinheit," worin daraus<lb/> hingewiesen wurde, wie rechtmäßig man zu einem äußerst billigen halb oder ganz<lb/> fertigen neuen Hause kommen kann. Es ist das eine alte Geschichte, die schon<lb/> längst weite Kreise beschäftigt hat. Trotzdem ist bis jetzt alles beim Alten geblieben.<lb/> Den Bauhandwerkern fehlt jeder gesetzliche Schutz, auf den sie sich berufen könnten,<lb/> da scheinbar alles rechtlich zugeht und im Bauwesen ein Schwindel überhaupt<lb/> uicht besteht. Ich will deshalb versuchen, einen sür die Gesetzgebung praktischen<lb/> Vorschlag zu machen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1258"> Beabsichtigt jemand ein neues Haus zu erbauen, so müßte er zunächst ver¬<lb/> pflichtet sein, die Hypothekengläubiger seiner Baustelle in der Weise zu befriedigen,<lb/> daß diese ihre Hypothekenvorrechte aufgeben. Kann er deren Einwilligung nicht<lb/> erlangen, und wäre er auch nicht imstande, diese Hypotheken auszuzahlen, also<lb/> gänzlich zu beseitigen, so dürfte er auch nicht die unbedingt notwendige Bau¬<lb/> erlaubnis erhalten. Erfüllte aber der Bauherr diese gesetzlichen Bedingungen, so<lb/> müßte er auf dem Amtsgericht zu Protokoll geben, ob oder wieviel Schulden schon<lb/> auf der Baustelle lasten. Von diesen Angaben müßte an Gerichtsstelle jeder Ein¬<lb/> sicht nehmen können, sodaß die thatsächlichen Verhältnisse für niemand ein Ge¬<lb/> heimnis sein würden.</p><lb/> <p xml:id="ID_1259"> Nun kann der Bau des neuen Hauses beginnen, denn die Bauhandwerker<lb/> und Baulieferanten sind nicht mehr Von den sonstigen geschäftlichen Verhältnissen<lb/> des Bauherrn abhängig, und seine allgemein bekannte Schuld, die auf der Baustelle<lb/> lastet, hat mit allen andern Forderungen, die aus dem Bau hervorgehen, nnr<lb/> gleiche Rechte. Sollten nun die, die für den Neubau geliefert und gearbeitet<lb/> haben, uicht vollständig befriedigt werden, so müßte in Bezug auf den Neubau ein<lb/> konknrsähnliches Verfahren eingeleitet werden, worin sämtliche Forderungen nach<lb/> Verhältnis des aus dem Grundstück erzielten Kaufpreises befriedigt würden.<lb/> Dieses Verteiluugsverfahreu würde niemand hindern, seine etwa ausgefallnen<lb/> Forderungen beim Bciuherru noch weiter geltend zu machen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1260" next="#ID_1261"> Nach einer solchen Ordnung der Dinge könnte von einem Schwindel in der<lb/> That nicht mehr die Rede sein, da sich für niemand irgend ein nnberechtigter Vor¬<lb/> teil ergiebt, denn der Bauherr würde unter Hinzufügung seiner eignen Arbeit nur<lb/> den Teil des für gemeinschaftliche Rechnung verkauften Hauses bekommen, der nach<lb/> Bezahlung der darauf lastenden Schulden für ihn übrig bliebe. Unter keinen Um¬<lb/> ständen würden die Baulieferauteu über die pekuuittreu Verhältnisse des Bauherrn</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0460]
Maßgebliches und Unmaßgebliches
Leiter einer Zeitschrift ist niemals sicher, eine Vorladung vor ein Gericht zu be¬
kommen, dessen Sitz er erst ans der Karte suchen muß. Er riskirt auch, vor
Richter zu kommen, denen er unter Umständen erst auf dem Wege einer umständ¬
lichen Beweiserhebung die Richtung darthun muß, die er in seinem Blatte vertritt,
während er bei dem Gerichte des Erscheinnngsvrtes diese Thatsachen als bekannt
voraussetzen, darf. Im Reichstag ist diese Frage wiederholt angeregt worden, und
es ist unsers Wissens auch ein solcher Antrag gestellt. Mit einem Znsntze zu § 7
der R-Ser.-P.-O.: „Für Preßdelikte ist der Gerichtsstand der begangnen That
der Ort, an dem die Druckschrift erscheint," ist diese Frage zur befriedigenden
Losung gebracht. Sie kehrt sonst immer wieder, verursacht jedesmal großen Lärm,
den man in unsern unruhigen Zeiten wohl entbehren kann, und schafft thatsächlich
unerquickliche Zustände, die für das Ansehen der Gerichte nicht förderlich sind.
Banschwindel. Über dies Thema erhalten wir zwei Zuschriften. Herr
Otto Koenig in Halberstadt schreibt uns: Das 37. und 38. Heft der Grenzboten
brachte einen Aufsatz „Einiges von der deutschen Rechtseinheit," worin daraus
hingewiesen wurde, wie rechtmäßig man zu einem äußerst billigen halb oder ganz
fertigen neuen Hause kommen kann. Es ist das eine alte Geschichte, die schon
längst weite Kreise beschäftigt hat. Trotzdem ist bis jetzt alles beim Alten geblieben.
Den Bauhandwerkern fehlt jeder gesetzliche Schutz, auf den sie sich berufen könnten,
da scheinbar alles rechtlich zugeht und im Bauwesen ein Schwindel überhaupt
uicht besteht. Ich will deshalb versuchen, einen sür die Gesetzgebung praktischen
Vorschlag zu machen.
Beabsichtigt jemand ein neues Haus zu erbauen, so müßte er zunächst ver¬
pflichtet sein, die Hypothekengläubiger seiner Baustelle in der Weise zu befriedigen,
daß diese ihre Hypothekenvorrechte aufgeben. Kann er deren Einwilligung nicht
erlangen, und wäre er auch nicht imstande, diese Hypotheken auszuzahlen, also
gänzlich zu beseitigen, so dürfte er auch nicht die unbedingt notwendige Bau¬
erlaubnis erhalten. Erfüllte aber der Bauherr diese gesetzlichen Bedingungen, so
müßte er auf dem Amtsgericht zu Protokoll geben, ob oder wieviel Schulden schon
auf der Baustelle lasten. Von diesen Angaben müßte an Gerichtsstelle jeder Ein¬
sicht nehmen können, sodaß die thatsächlichen Verhältnisse für niemand ein Ge¬
heimnis sein würden.
Nun kann der Bau des neuen Hauses beginnen, denn die Bauhandwerker
und Baulieferanten sind nicht mehr Von den sonstigen geschäftlichen Verhältnissen
des Bauherrn abhängig, und seine allgemein bekannte Schuld, die auf der Baustelle
lastet, hat mit allen andern Forderungen, die aus dem Bau hervorgehen, nnr
gleiche Rechte. Sollten nun die, die für den Neubau geliefert und gearbeitet
haben, uicht vollständig befriedigt werden, so müßte in Bezug auf den Neubau ein
konknrsähnliches Verfahren eingeleitet werden, worin sämtliche Forderungen nach
Verhältnis des aus dem Grundstück erzielten Kaufpreises befriedigt würden.
Dieses Verteiluugsverfahreu würde niemand hindern, seine etwa ausgefallnen
Forderungen beim Bciuherru noch weiter geltend zu machen.
Nach einer solchen Ordnung der Dinge könnte von einem Schwindel in der
That nicht mehr die Rede sein, da sich für niemand irgend ein nnberechtigter Vor¬
teil ergiebt, denn der Bauherr würde unter Hinzufügung seiner eignen Arbeit nur
den Teil des für gemeinschaftliche Rechnung verkauften Hauses bekommen, der nach
Bezahlung der darauf lastenden Schulden für ihn übrig bliebe. Unter keinen Um¬
ständen würden die Baulieferauteu über die pekuuittreu Verhältnisse des Bauherrn
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