Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Zweites Vierteljahr.General Friedrich von Gagern Doch was der Brüder Eintracht sich versprach, in Ostermontag 1836 ruhten drei junge Männer an der Süd¬ Grenzboten II I8W ZZ
General Friedrich von Gagern Doch was der Brüder Eintracht sich versprach, in Ostermontag 1836 ruhten drei junge Männer an der Süd¬ Grenzboten II I8W ZZ
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0265" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/227901"/> <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341867_227635/figures/grenzboten_341867_227635_227901_000.jpg"/><lb/> </div> </div> <div n="1"> <head> General Friedrich von Gagern</head><lb/> <quote type="epigraph"> Doch was der Brüder Eintracht sich versprach,<lb/> Das klingt noch immer in der Seele nach,<lb/> Und wie die Inschrift, in den Stein gegraben,<lb/> Besteht das Wort, das nur zum Bund uns gaben.</quote><lb/> <p xml:id="ID_714" next="#ID_715"> in Ostermontag 1836 ruhten drei junge Männer an der Süd¬<lb/> seite des Staufen im Taunus auf dem Felsenvorsprung, der<lb/> einen herrlichen Blick über das Mainthal bis zum Odenwald und<lb/> Spessart gewährt. Sie kamen vom Krankenbett der geliebten<lb/> Mutter, deren vollständige Genesung zu erwarten war. Morgen<lb/> sollte die Trennung und Abreise erfolgen. Sie hatten sich vorher noch manches<lb/> zu sagen und zu diesem Zweck einen Morgenspaziergang unternommen. Die<lb/> wenig trostreiche Lage des Vaterlandes war ihr Hauptthema gewesen. Auf An¬<lb/> regung des ältern erneuerten hier oben alle drei ausdrücklich und feierlich die<lb/> längst stillschweigend bestehende Verabredung, bei allen wichtigen Fragen und<lb/> Ereignissen nach der Übereinstimmung ihres Verhaltens zu streben und im<lb/> Leben auch ferner zusammenzuhalten. Es waren drei Brüder von Gagern,<lb/> der älteste, Friedrich Balduin, Oberstleutnant in niederländischen Diensten,<lb/> der zweite, Heinrich, damals Landwirt und Mitglied des hessischen Landtags,<lb/> und der jüngste, Max, Privatdozent in Bon». Man hat später oft gespottet<lb/> über die „Familienpolitik" der Gagern, aber es ist doch eine Thatsache, daß<lb/> genau nach zwölf Jahren alle drei Brüder zusammenstanden, als der erste<lb/> Anlauf zu der Einheit des Vaterlandes genommen wurde, und daß ihre Namen<lb/> in den ersten Monaten der Bewegung des Jahres 1848 im Munde aller guten<lb/> Deutschen waren. In jener Zeit der Unreife aller deutschen Dinge war es<lb/> schon ein Großes, daß sie durch Erziehung und Überzeugung, trotz ihrer sonst<lb/> auseinandergehenden politischen Meinungen, bereit waren, für die Größe des</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten II I8W ZZ</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0265]
[Abbildung]
General Friedrich von Gagern
Doch was der Brüder Eintracht sich versprach,
Das klingt noch immer in der Seele nach,
Und wie die Inschrift, in den Stein gegraben,
Besteht das Wort, das nur zum Bund uns gaben.
in Ostermontag 1836 ruhten drei junge Männer an der Süd¬
seite des Staufen im Taunus auf dem Felsenvorsprung, der
einen herrlichen Blick über das Mainthal bis zum Odenwald und
Spessart gewährt. Sie kamen vom Krankenbett der geliebten
Mutter, deren vollständige Genesung zu erwarten war. Morgen
sollte die Trennung und Abreise erfolgen. Sie hatten sich vorher noch manches
zu sagen und zu diesem Zweck einen Morgenspaziergang unternommen. Die
wenig trostreiche Lage des Vaterlandes war ihr Hauptthema gewesen. Auf An¬
regung des ältern erneuerten hier oben alle drei ausdrücklich und feierlich die
längst stillschweigend bestehende Verabredung, bei allen wichtigen Fragen und
Ereignissen nach der Übereinstimmung ihres Verhaltens zu streben und im
Leben auch ferner zusammenzuhalten. Es waren drei Brüder von Gagern,
der älteste, Friedrich Balduin, Oberstleutnant in niederländischen Diensten,
der zweite, Heinrich, damals Landwirt und Mitglied des hessischen Landtags,
und der jüngste, Max, Privatdozent in Bon». Man hat später oft gespottet
über die „Familienpolitik" der Gagern, aber es ist doch eine Thatsache, daß
genau nach zwölf Jahren alle drei Brüder zusammenstanden, als der erste
Anlauf zu der Einheit des Vaterlandes genommen wurde, und daß ihre Namen
in den ersten Monaten der Bewegung des Jahres 1848 im Munde aller guten
Deutschen waren. In jener Zeit der Unreife aller deutschen Dinge war es
schon ein Großes, daß sie durch Erziehung und Überzeugung, trotz ihrer sonst
auseinandergehenden politischen Meinungen, bereit waren, für die Größe des
Grenzboten II I8W ZZ
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |