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Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Erstes Vierteljahr.

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Zur Geschichte des Rheinbundes

zur See zu wecken, und es ist nun vom deutschen Volk dieselbe Einsicht zu
hoffen, wie sie damals das englische gezeigt hat.

Die Geschichte kennt kein Beispiel dafür, daß sich ein Staat durch Aus¬
gaben für die Stärkung seiner Wehrkraft geschadet hätte, wohl aber dafür, daß
Staaten ihren Untergang gefunden oder an Macht und Wohlstand Einbuße
erlitten haben, weil sie aus Pfennigsparsamkeit Ausgaben für die Unterhaltung
der Landeswehr im Frieden gescheut hatten. Die Hauptaufgabe des Staates
ist die Erhaltung seiner Widerstandskraft gegen die Außenwelt, und Pflicht
aller Bürger ist es, ihn darin zu fördern.


R. A,


Zur Geschichte des Rheinbundes

en Anteil, den Württemberg an den großen Ereignisse" von 1812
bis 1815 gehabt hat, quellenmüßig festzustellen ist der Zweck
zweier jüngst erschienenen Werke des württembergischen General¬
majors z. D. Dr. A. Pfister.*) Der Verfasser verbindet damit
noch den weitern Zweck, die Fäden der geschichtlichen Entwicklung
Deutschlands, die aus der Vergangenheit in die Gegenwart herüberreichen, auf¬
zuzeigen und dem Leser den geschichtlichen Zusammenhang der vaterländischen
Geschicke verständlich zu machen. Also neben dem rein wissenschaftlichen zu¬
gleich ein lehrhafter, erzieherischer Zweck. Durch diesen doppelten Zweck ist es
zu erklären, daß die Darstellung zuweilen aufgehalten wird durch Vor- und
Rückblicke, Wiederholungen und Einschaltungen; mau möchte ihr einen straffem
Gang wünschen. Im übrigen ist sie gehaltreich, eindringlich und nicht ohne
patriotischen Schwung. Berichte von Augenzeugen geben anschauliche Bilder
von Kriegsereignissen und von diplomatischen Vorgängen. Für das Wesen der
Rheinbundstaaten, die in unverminderter Souveränität und mit starr aus¬
gebildetem Partikularismus, unter sich und gegen die Großmächte getrennt
durch Neid und Argwohn, aus der napoleonischen Zeit in die des Bundes¬
tags herübergenommen wurden, sind die Mitteilungen Pfisters höchst lehrreich.

Nächst Baiern ist Württemberg noch am weitesten zurück in der Eröffnung
seiner Archive. Aber man hat doch angefangen, einzelnes nach Auswahl



*) Dr. Albert Pfister, Generalmajor z, D,: Im Lager des Rheinbunds. 1812
und 1813. Stuttgart, Deutsche Verlngsanstalt, 1897. Aus dem Lager der Verbündeten.
1814 und 181ö. Derselbe Verlag, 1898,
Zur Geschichte des Rheinbundes

zur See zu wecken, und es ist nun vom deutschen Volk dieselbe Einsicht zu
hoffen, wie sie damals das englische gezeigt hat.

Die Geschichte kennt kein Beispiel dafür, daß sich ein Staat durch Aus¬
gaben für die Stärkung seiner Wehrkraft geschadet hätte, wohl aber dafür, daß
Staaten ihren Untergang gefunden oder an Macht und Wohlstand Einbuße
erlitten haben, weil sie aus Pfennigsparsamkeit Ausgaben für die Unterhaltung
der Landeswehr im Frieden gescheut hatten. Die Hauptaufgabe des Staates
ist die Erhaltung seiner Widerstandskraft gegen die Außenwelt, und Pflicht
aller Bürger ist es, ihn darin zu fördern.


R. A,


Zur Geschichte des Rheinbundes

en Anteil, den Württemberg an den großen Ereignisse» von 1812
bis 1815 gehabt hat, quellenmüßig festzustellen ist der Zweck
zweier jüngst erschienenen Werke des württembergischen General¬
majors z. D. Dr. A. Pfister.*) Der Verfasser verbindet damit
noch den weitern Zweck, die Fäden der geschichtlichen Entwicklung
Deutschlands, die aus der Vergangenheit in die Gegenwart herüberreichen, auf¬
zuzeigen und dem Leser den geschichtlichen Zusammenhang der vaterländischen
Geschicke verständlich zu machen. Also neben dem rein wissenschaftlichen zu¬
gleich ein lehrhafter, erzieherischer Zweck. Durch diesen doppelten Zweck ist es
zu erklären, daß die Darstellung zuweilen aufgehalten wird durch Vor- und
Rückblicke, Wiederholungen und Einschaltungen; mau möchte ihr einen straffem
Gang wünschen. Im übrigen ist sie gehaltreich, eindringlich und nicht ohne
patriotischen Schwung. Berichte von Augenzeugen geben anschauliche Bilder
von Kriegsereignissen und von diplomatischen Vorgängen. Für das Wesen der
Rheinbundstaaten, die in unverminderter Souveränität und mit starr aus¬
gebildetem Partikularismus, unter sich und gegen die Großmächte getrennt
durch Neid und Argwohn, aus der napoleonischen Zeit in die des Bundes¬
tags herübergenommen wurden, sind die Mitteilungen Pfisters höchst lehrreich.

Nächst Baiern ist Württemberg noch am weitesten zurück in der Eröffnung
seiner Archive. Aber man hat doch angefangen, einzelnes nach Auswahl



*) Dr. Albert Pfister, Generalmajor z, D,: Im Lager des Rheinbunds. 1812
und 1813. Stuttgart, Deutsche Verlngsanstalt, 1897. Aus dem Lager der Verbündeten.
1814 und 181ö. Derselbe Verlag, 1898,
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[0080] Zur Geschichte des Rheinbundes zur See zu wecken, und es ist nun vom deutschen Volk dieselbe Einsicht zu hoffen, wie sie damals das englische gezeigt hat. Die Geschichte kennt kein Beispiel dafür, daß sich ein Staat durch Aus¬ gaben für die Stärkung seiner Wehrkraft geschadet hätte, wohl aber dafür, daß Staaten ihren Untergang gefunden oder an Macht und Wohlstand Einbuße erlitten haben, weil sie aus Pfennigsparsamkeit Ausgaben für die Unterhaltung der Landeswehr im Frieden gescheut hatten. Die Hauptaufgabe des Staates ist die Erhaltung seiner Widerstandskraft gegen die Außenwelt, und Pflicht aller Bürger ist es, ihn darin zu fördern. R. A, Zur Geschichte des Rheinbundes en Anteil, den Württemberg an den großen Ereignisse» von 1812 bis 1815 gehabt hat, quellenmüßig festzustellen ist der Zweck zweier jüngst erschienenen Werke des württembergischen General¬ majors z. D. Dr. A. Pfister.*) Der Verfasser verbindet damit noch den weitern Zweck, die Fäden der geschichtlichen Entwicklung Deutschlands, die aus der Vergangenheit in die Gegenwart herüberreichen, auf¬ zuzeigen und dem Leser den geschichtlichen Zusammenhang der vaterländischen Geschicke verständlich zu machen. Also neben dem rein wissenschaftlichen zu¬ gleich ein lehrhafter, erzieherischer Zweck. Durch diesen doppelten Zweck ist es zu erklären, daß die Darstellung zuweilen aufgehalten wird durch Vor- und Rückblicke, Wiederholungen und Einschaltungen; mau möchte ihr einen straffem Gang wünschen. Im übrigen ist sie gehaltreich, eindringlich und nicht ohne patriotischen Schwung. Berichte von Augenzeugen geben anschauliche Bilder von Kriegsereignissen und von diplomatischen Vorgängen. Für das Wesen der Rheinbundstaaten, die in unverminderter Souveränität und mit starr aus¬ gebildetem Partikularismus, unter sich und gegen die Großmächte getrennt durch Neid und Argwohn, aus der napoleonischen Zeit in die des Bundes¬ tags herübergenommen wurden, sind die Mitteilungen Pfisters höchst lehrreich. Nächst Baiern ist Württemberg noch am weitesten zurück in der Eröffnung seiner Archive. Aber man hat doch angefangen, einzelnes nach Auswahl *) Dr. Albert Pfister, Generalmajor z, D,: Im Lager des Rheinbunds. 1812 und 1813. Stuttgart, Deutsche Verlngsanstalt, 1897. Aus dem Lager der Verbündeten. 1814 und 181ö. Derselbe Verlag, 1898,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341867_226901/80>, abgerufen am 05.01.2025.