Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Erstes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite

Erinnerungen an Johann Georg Fischer von seinem Sohne
Hermann Fischer ist ein kleines Heft (Tübingen, Laupp) betitelt, über das
wir einige Bemerkungen hier anschließen möchten. Der ältere Fischer starb
kürzlich achtzig Jahre alt und gehört zu den nicht wenigen schwäbischen Dichtern,
die nach guter Landesart und Sitte erst etwas tüchtiges gelernt und sich einen
Lebensberuf erarbeitet haben, ehe sie Gedichte veröffentlichen, die dann, ohne
etwas bedeutendes zu sein, als freundliche Zugabe im Kreise der Freunde und
Landsleute gern aufgenommen werden und auch weiterleben. Sein Ruhm
beruht, wie uns der Sohn mitteilt, hauptsächlich auf zuerst 1854 gesammelt
bei Cotta erschienenen Gedichten, die dann noch zweimal wieder aufgelegt
worden sind (1858, 1883). "Wenn Goethe der eigentliche Vertreter dieser
dichterischen Weltanschauung (eines naturalistischen Pantheismus) und nach
ihm Mörike ihr bedeutendster Vertreter ist, so ist diese Grundstimmung am
ausschließlichsten, vielleicht am reinsten bei meinem Vater vorhanden," lesen
wir S. 30. Aber die Gedichte waren, heißt es Weiter, schwerverständlich, und
für größere Dichtungen war die ganze Art wenig geeignet. Wir kennen sie
nicht, und vielleicht geht es den meisten so außerhalb Schwabens. Aber
überall wird man dieses kurze sehr gut geschriebne Lebensbild eines tüchtigen
und angesehenen Schulmanns mit Nutzen lesen. Die geistige Atmosphäre, in
der wir uns befinden, ist durch und durch gesund, und das Büchlein rühmlich
für die Umgebung, für Volk und Land, aus dem es hervorgegangen ist.




Madlene Z. H. Löffler Erzählung aus dem oberfränkischen Volksleben von
(Fortsetzung)
7. Auf dem Sichclmarkt

as our ein Sprung über den Helbnch. Der murmelte verwundert
über des Mädchens Frische und Kraft. Hinwärts wäre sie beinahe
zu kurz gesprungen, daß der Bach schon gierig much den weißen
Strümpfen leckte; und nun heimwärts war der Sprung so weit,
daß der Bach beinahe noch einmal so breit hätte sein können. Der
ist die Hochzeit in die Beine gefahren! lachten die Sprudelwellen
und eilten ihrer Vermählung mit der Biber entgegen.

Mndlene hätte doch beinahe laut zu singen begonnen am Neulehn hinaus nach
der Leiten zu. Aber sie ließ das Lied nur leis zwischen deu halbgeöffneten Lippen
hindurch:


Erinnerungen an Johann Georg Fischer von seinem Sohne
Hermann Fischer ist ein kleines Heft (Tübingen, Laupp) betitelt, über das
wir einige Bemerkungen hier anschließen möchten. Der ältere Fischer starb
kürzlich achtzig Jahre alt und gehört zu den nicht wenigen schwäbischen Dichtern,
die nach guter Landesart und Sitte erst etwas tüchtiges gelernt und sich einen
Lebensberuf erarbeitet haben, ehe sie Gedichte veröffentlichen, die dann, ohne
etwas bedeutendes zu sein, als freundliche Zugabe im Kreise der Freunde und
Landsleute gern aufgenommen werden und auch weiterleben. Sein Ruhm
beruht, wie uns der Sohn mitteilt, hauptsächlich auf zuerst 1854 gesammelt
bei Cotta erschienenen Gedichten, die dann noch zweimal wieder aufgelegt
worden sind (1858, 1883). „Wenn Goethe der eigentliche Vertreter dieser
dichterischen Weltanschauung (eines naturalistischen Pantheismus) und nach
ihm Mörike ihr bedeutendster Vertreter ist, so ist diese Grundstimmung am
ausschließlichsten, vielleicht am reinsten bei meinem Vater vorhanden," lesen
wir S. 30. Aber die Gedichte waren, heißt es Weiter, schwerverständlich, und
für größere Dichtungen war die ganze Art wenig geeignet. Wir kennen sie
nicht, und vielleicht geht es den meisten so außerhalb Schwabens. Aber
überall wird man dieses kurze sehr gut geschriebne Lebensbild eines tüchtigen
und angesehenen Schulmanns mit Nutzen lesen. Die geistige Atmosphäre, in
der wir uns befinden, ist durch und durch gesund, und das Büchlein rühmlich
für die Umgebung, für Volk und Land, aus dem es hervorgegangen ist.




Madlene Z. H. Löffler Erzählung aus dem oberfränkischen Volksleben von
(Fortsetzung)
7. Auf dem Sichclmarkt

as our ein Sprung über den Helbnch. Der murmelte verwundert
über des Mädchens Frische und Kraft. Hinwärts wäre sie beinahe
zu kurz gesprungen, daß der Bach schon gierig much den weißen
Strümpfen leckte; und nun heimwärts war der Sprung so weit,
daß der Bach beinahe noch einmal so breit hätte sein können. Der
ist die Hochzeit in die Beine gefahren! lachten die Sprudelwellen
und eilten ihrer Vermählung mit der Biber entgegen.

Mndlene hätte doch beinahe laut zu singen begonnen am Neulehn hinaus nach
der Leiten zu. Aber sie ließ das Lied nur leis zwischen deu halbgeöffneten Lippen
hindurch:


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0331" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/227233"/>
          <fw type="header" place="top"/><lb/>
          <p xml:id="ID_1087"> Erinnerungen an Johann Georg Fischer von seinem Sohne<lb/>
Hermann Fischer ist ein kleines Heft (Tübingen, Laupp) betitelt, über das<lb/>
wir einige Bemerkungen hier anschließen möchten. Der ältere Fischer starb<lb/>
kürzlich achtzig Jahre alt und gehört zu den nicht wenigen schwäbischen Dichtern,<lb/>
die nach guter Landesart und Sitte erst etwas tüchtiges gelernt und sich einen<lb/>
Lebensberuf erarbeitet haben, ehe sie Gedichte veröffentlichen, die dann, ohne<lb/>
etwas bedeutendes zu sein, als freundliche Zugabe im Kreise der Freunde und<lb/>
Landsleute gern aufgenommen werden und auch weiterleben. Sein Ruhm<lb/>
beruht, wie uns der Sohn mitteilt, hauptsächlich auf zuerst 1854 gesammelt<lb/>
bei Cotta erschienenen Gedichten, die dann noch zweimal wieder aufgelegt<lb/>
worden sind (1858, 1883). &#x201E;Wenn Goethe der eigentliche Vertreter dieser<lb/>
dichterischen Weltanschauung (eines naturalistischen Pantheismus) und nach<lb/>
ihm Mörike ihr bedeutendster Vertreter ist, so ist diese Grundstimmung am<lb/>
ausschließlichsten, vielleicht am reinsten bei meinem Vater vorhanden," lesen<lb/>
wir S. 30. Aber die Gedichte waren, heißt es Weiter, schwerverständlich, und<lb/>
für größere Dichtungen war die ganze Art wenig geeignet. Wir kennen sie<lb/>
nicht, und vielleicht geht es den meisten so außerhalb Schwabens. Aber<lb/>
überall wird man dieses kurze sehr gut geschriebne Lebensbild eines tüchtigen<lb/>
und angesehenen Schulmanns mit Nutzen lesen. Die geistige Atmosphäre, in<lb/>
der wir uns befinden, ist durch und durch gesund, und das Büchlein rühmlich<lb/>
für die Umgebung, für Volk und Land, aus dem es hervorgegangen ist.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Madlene<note type="byline"> Z. H. Löffler</note> Erzählung aus dem oberfränkischen Volksleben von<lb/>
(Fortsetzung)<lb/>
7. Auf dem Sichclmarkt</head><lb/>
          <p xml:id="ID_1088"> as our ein Sprung über den Helbnch. Der murmelte verwundert<lb/>
über des Mädchens Frische und Kraft. Hinwärts wäre sie beinahe<lb/>
zu kurz gesprungen, daß der Bach schon gierig much den weißen<lb/>
Strümpfen leckte; und nun heimwärts war der Sprung so weit,<lb/>
daß der Bach beinahe noch einmal so breit hätte sein können. Der<lb/>
ist die Hochzeit in die Beine gefahren! lachten die Sprudelwellen<lb/>
und eilten ihrer Vermählung mit der Biber entgegen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1089"> Mndlene hätte doch beinahe laut zu singen begonnen am Neulehn hinaus nach<lb/>
der Leiten zu. Aber sie ließ das Lied nur leis zwischen deu halbgeöffneten Lippen<lb/>
hindurch:</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0331] Erinnerungen an Johann Georg Fischer von seinem Sohne Hermann Fischer ist ein kleines Heft (Tübingen, Laupp) betitelt, über das wir einige Bemerkungen hier anschließen möchten. Der ältere Fischer starb kürzlich achtzig Jahre alt und gehört zu den nicht wenigen schwäbischen Dichtern, die nach guter Landesart und Sitte erst etwas tüchtiges gelernt und sich einen Lebensberuf erarbeitet haben, ehe sie Gedichte veröffentlichen, die dann, ohne etwas bedeutendes zu sein, als freundliche Zugabe im Kreise der Freunde und Landsleute gern aufgenommen werden und auch weiterleben. Sein Ruhm beruht, wie uns der Sohn mitteilt, hauptsächlich auf zuerst 1854 gesammelt bei Cotta erschienenen Gedichten, die dann noch zweimal wieder aufgelegt worden sind (1858, 1883). „Wenn Goethe der eigentliche Vertreter dieser dichterischen Weltanschauung (eines naturalistischen Pantheismus) und nach ihm Mörike ihr bedeutendster Vertreter ist, so ist diese Grundstimmung am ausschließlichsten, vielleicht am reinsten bei meinem Vater vorhanden," lesen wir S. 30. Aber die Gedichte waren, heißt es Weiter, schwerverständlich, und für größere Dichtungen war die ganze Art wenig geeignet. Wir kennen sie nicht, und vielleicht geht es den meisten so außerhalb Schwabens. Aber überall wird man dieses kurze sehr gut geschriebne Lebensbild eines tüchtigen und angesehenen Schulmanns mit Nutzen lesen. Die geistige Atmosphäre, in der wir uns befinden, ist durch und durch gesund, und das Büchlein rühmlich für die Umgebung, für Volk und Land, aus dem es hervorgegangen ist. Madlene Z. H. Löffler Erzählung aus dem oberfränkischen Volksleben von (Fortsetzung) 7. Auf dem Sichclmarkt as our ein Sprung über den Helbnch. Der murmelte verwundert über des Mädchens Frische und Kraft. Hinwärts wäre sie beinahe zu kurz gesprungen, daß der Bach schon gierig much den weißen Strümpfen leckte; und nun heimwärts war der Sprung so weit, daß der Bach beinahe noch einmal so breit hätte sein können. Der ist die Hochzeit in die Beine gefahren! lachten die Sprudelwellen und eilten ihrer Vermählung mit der Biber entgegen. Mndlene hätte doch beinahe laut zu singen begonnen am Neulehn hinaus nach der Leiten zu. Aber sie ließ das Lied nur leis zwischen deu halbgeöffneten Lippen hindurch:

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341867_226901
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341867_226901/331
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341867_226901/331>, abgerufen am 05.01.2025.