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Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Erstes Vierteljahr.

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Der Zusammenschluß der Deutschen in Österreich

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E/<-WWus einem fast hoffnungslosen Durcheinander sind die Dinge in
Osterreich zu einem Punkte durchgedrungen, der endlich einige
Aussicht auf eiuen gewissen Abschluß des Nativnalitütenhaders
eröffnet. Und das haben sich die Deutschen durch die Zähigkeit
ihres Wollens und die Stärke ihres nationalen Bewußtseins
errungen. Der Zusammenschluß aller deutsche" Parteien zum Kampfe gegen
die ohne Zweifel ungesetzlichen Sprachenvervrdnungeu ist in den letzten Wochen
eine Thatsache geworden. Haben sich früher die Deutschen der übrigen Kron-
länder wenig oder gar nicht um die Vorgänge auf dem böhmisch-mährischen
Kriegsschauplatze gekümmert, so wetteifern jetzt ihre Landtage in Kundgebungen
gegen die unseligen Verordnungen, und selbst die deutschen Klerikalen haben
soeben durch ihren Führer Ebenhoch im oberösterreichischen Landtage erklären
lassen, daß auch sie in diesem Kampf auf der Seite ihrer deutschen Landsleute
stünden. Das deutsche Gewissen der klerikalen Wählerschaften ist eben endlich
erwacht. Unter dem ermutigenden Eindruck dieser Vorgänge steht ersichtlich
die deutsche Minderheit des böhmischen Landtags. Sie ist bis jetzt nicht einen
Zoll breit gewichen, und sie findet eine nicht zu unterschützende Stütze in der
entschlossenen Haltung der deutschen Professoren- und Studentenschaft der
deutschen Hochschulen Prags, die wieder die deutsche Studentenschaft in Wien,
Graz, Brünn und Innsbruck ebenso hinter sich haben, wie die deutschböhmischen
Abgeordneten die Landtage der deutscheu Kronländer. Der jetzt ausgcbrochne
Streik an sämtlichen Hochschulen Deutsch-Österreichs, ein im Mittelalter nicht
ganz seltnes, in der Neuzeit unerhörtes Ereignis der deutschen Universitäts¬
geschichte, mag nicht schön sein, aber er ist ein Beweis für die Stärke der
nationalen Leidenschaft bei der akademischen Jugend Deutsch-Österreichs, und er
ist unzweifelhaft provozirt worden. Denn wieweit das Verbot, die Verbindungs-


Grenzboten I 1898 37


Der Zusammenschluß der Deutschen in Österreich

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Osterreich zu einem Punkte durchgedrungen, der endlich einige
Aussicht auf eiuen gewissen Abschluß des Nativnalitütenhaders
eröffnet. Und das haben sich die Deutschen durch die Zähigkeit
ihres Wollens und die Stärke ihres nationalen Bewußtseins
errungen. Der Zusammenschluß aller deutsche» Parteien zum Kampfe gegen
die ohne Zweifel ungesetzlichen Sprachenvervrdnungeu ist in den letzten Wochen
eine Thatsache geworden. Haben sich früher die Deutschen der übrigen Kron-
länder wenig oder gar nicht um die Vorgänge auf dem böhmisch-mährischen
Kriegsschauplatze gekümmert, so wetteifern jetzt ihre Landtage in Kundgebungen
gegen die unseligen Verordnungen, und selbst die deutschen Klerikalen haben
soeben durch ihren Führer Ebenhoch im oberösterreichischen Landtage erklären
lassen, daß auch sie in diesem Kampf auf der Seite ihrer deutschen Landsleute
stünden. Das deutsche Gewissen der klerikalen Wählerschaften ist eben endlich
erwacht. Unter dem ermutigenden Eindruck dieser Vorgänge steht ersichtlich
die deutsche Minderheit des böhmischen Landtags. Sie ist bis jetzt nicht einen
Zoll breit gewichen, und sie findet eine nicht zu unterschützende Stütze in der
entschlossenen Haltung der deutschen Professoren- und Studentenschaft der
deutschen Hochschulen Prags, die wieder die deutsche Studentenschaft in Wien,
Graz, Brünn und Innsbruck ebenso hinter sich haben, wie die deutschböhmischen
Abgeordneten die Landtage der deutscheu Kronländer. Der jetzt ausgcbrochne
Streik an sämtlichen Hochschulen Deutsch-Österreichs, ein im Mittelalter nicht
ganz seltnes, in der Neuzeit unerhörtes Ereignis der deutschen Universitäts¬
geschichte, mag nicht schön sein, aber er ist ein Beweis für die Stärke der
nationalen Leidenschaft bei der akademischen Jugend Deutsch-Österreichs, und er
ist unzweifelhaft provozirt worden. Denn wieweit das Verbot, die Verbindungs-


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[0293] [Abbildung] Der Zusammenschluß der Deutschen in Österreich A^^M t^MMM Hi-^ /? ?>».W R^KM E/<-WWus einem fast hoffnungslosen Durcheinander sind die Dinge in Osterreich zu einem Punkte durchgedrungen, der endlich einige Aussicht auf eiuen gewissen Abschluß des Nativnalitütenhaders eröffnet. Und das haben sich die Deutschen durch die Zähigkeit ihres Wollens und die Stärke ihres nationalen Bewußtseins errungen. Der Zusammenschluß aller deutsche» Parteien zum Kampfe gegen die ohne Zweifel ungesetzlichen Sprachenvervrdnungeu ist in den letzten Wochen eine Thatsache geworden. Haben sich früher die Deutschen der übrigen Kron- länder wenig oder gar nicht um die Vorgänge auf dem böhmisch-mährischen Kriegsschauplatze gekümmert, so wetteifern jetzt ihre Landtage in Kundgebungen gegen die unseligen Verordnungen, und selbst die deutschen Klerikalen haben soeben durch ihren Führer Ebenhoch im oberösterreichischen Landtage erklären lassen, daß auch sie in diesem Kampf auf der Seite ihrer deutschen Landsleute stünden. Das deutsche Gewissen der klerikalen Wählerschaften ist eben endlich erwacht. Unter dem ermutigenden Eindruck dieser Vorgänge steht ersichtlich die deutsche Minderheit des böhmischen Landtags. Sie ist bis jetzt nicht einen Zoll breit gewichen, und sie findet eine nicht zu unterschützende Stütze in der entschlossenen Haltung der deutschen Professoren- und Studentenschaft der deutschen Hochschulen Prags, die wieder die deutsche Studentenschaft in Wien, Graz, Brünn und Innsbruck ebenso hinter sich haben, wie die deutschböhmischen Abgeordneten die Landtage der deutscheu Kronländer. Der jetzt ausgcbrochne Streik an sämtlichen Hochschulen Deutsch-Österreichs, ein im Mittelalter nicht ganz seltnes, in der Neuzeit unerhörtes Ereignis der deutschen Universitäts¬ geschichte, mag nicht schön sein, aber er ist ein Beweis für die Stärke der nationalen Leidenschaft bei der akademischen Jugend Deutsch-Österreichs, und er ist unzweifelhaft provozirt worden. Denn wieweit das Verbot, die Verbindungs- Grenzboten I 1898 37

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341867_226901/293>, abgerufen am 05.01.2025.