Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Erstes Vierteljahr.Gine Frauenfrage n Berlin haben die Führerinnen der Frauenbewegung in Ent¬ Grenzboten I 1898 80
Gine Frauenfrage n Berlin haben die Führerinnen der Frauenbewegung in Ent¬ Grenzboten I 1898 80
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0237" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/227139"/> <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341867_226901/figures/grenzboten_341867_226901_227139_000.jpg"/><lb/> </div> </div> <div n="1"> <head> Gine Frauenfrage</head><lb/> <p xml:id="ID_777" next="#ID_778"> n Berlin haben die Führerinnen der Frauenbewegung in Ent¬<lb/> rüstung über den „Fall Koppen" wieder einmal nach Kräften<lb/> die Lärmtrommel gerührt. Der „Fall" war längst in der Presse<lb/> und sonst von Männern nach Gebühr abgehandelt worden, aber<lb/> er war ja für die führenden Frauen hauptsächlich auch nur Mittel<lb/> zum Zweck; er durfte nicht unbenutzt bleiben in der Agitation für die große<lb/> Sache der modernen Frauenbewegung. Hier soll er uns nicht weiter beschäf¬<lb/> tigen, obwohl die unverantwortliche Ungeschicklichkeit, mit der sich in neuerer<lb/> Zeit die Berliner Polizei um ihren Ruf zu bringen bemüht ist, nicht scharf<lb/> genug gerügt werden kann. Auch die Frauenbewegung soll hier nicht be¬<lb/> sprochen werden. Sie ist eine Krankheitserscheinung wie viele andre, und noch<lb/> dazu eine an sich wenig gefährliche und ernsthafte. Sie gewinnt ihre ernste<lb/> Bedeutung erst dadurch, daß sie von der Sozialdemokratie „zielbewußt" als<lb/> ein Mittel zur Zerrüttung der Gesellschaftsordnung und der Gesellschafts¬<lb/> anschauungen erkannt ist und gemißbraucht wird, und dadurch, daß die nicht-<lb/> sozialdcmokratischcn Modenarren unter den Männern der „modernen Frau" einen<lb/> hervorragenden Platz unter den fixen Ideen ihrer verworrnen Phantasie ein¬<lb/> geräumt haben. Verwahrung möchte ich nur einlegen gegen die beleidigende An¬<lb/> maßung , mit der die Führerinnen der Bewegung schon viel zu lange die<lb/> gesunden, pflichttreuen, werkthätig schaffenden und in der That schon, wo sie<lb/> nur wollen, sehr einflußreichen, die höchste Verehrung und Liebe der ganzen<lb/> Nation verdienenden neun Zehntel der gebildeten deutschen Frauen behandeln.<lb/> Vor unsern Müttern, Frauen und Töchtern sollten wir deutsche Männer uns<lb/> eigentlich schämen, daß wir diese Dreistigkeit so arg haben ins Kraut schießen<lb/> lassen. Mit dem „berechtigten Kern," den man in dieser oder jener von den<lb/> Frauenschützlerinnen aufgebauschten Forderung entdecken kann, werden wir uns</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten I 1898 80</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0237]
[Abbildung]
Gine Frauenfrage
n Berlin haben die Führerinnen der Frauenbewegung in Ent¬
rüstung über den „Fall Koppen" wieder einmal nach Kräften
die Lärmtrommel gerührt. Der „Fall" war längst in der Presse
und sonst von Männern nach Gebühr abgehandelt worden, aber
er war ja für die führenden Frauen hauptsächlich auch nur Mittel
zum Zweck; er durfte nicht unbenutzt bleiben in der Agitation für die große
Sache der modernen Frauenbewegung. Hier soll er uns nicht weiter beschäf¬
tigen, obwohl die unverantwortliche Ungeschicklichkeit, mit der sich in neuerer
Zeit die Berliner Polizei um ihren Ruf zu bringen bemüht ist, nicht scharf
genug gerügt werden kann. Auch die Frauenbewegung soll hier nicht be¬
sprochen werden. Sie ist eine Krankheitserscheinung wie viele andre, und noch
dazu eine an sich wenig gefährliche und ernsthafte. Sie gewinnt ihre ernste
Bedeutung erst dadurch, daß sie von der Sozialdemokratie „zielbewußt" als
ein Mittel zur Zerrüttung der Gesellschaftsordnung und der Gesellschafts¬
anschauungen erkannt ist und gemißbraucht wird, und dadurch, daß die nicht-
sozialdcmokratischcn Modenarren unter den Männern der „modernen Frau" einen
hervorragenden Platz unter den fixen Ideen ihrer verworrnen Phantasie ein¬
geräumt haben. Verwahrung möchte ich nur einlegen gegen die beleidigende An¬
maßung , mit der die Führerinnen der Bewegung schon viel zu lange die
gesunden, pflichttreuen, werkthätig schaffenden und in der That schon, wo sie
nur wollen, sehr einflußreichen, die höchste Verehrung und Liebe der ganzen
Nation verdienenden neun Zehntel der gebildeten deutschen Frauen behandeln.
Vor unsern Müttern, Frauen und Töchtern sollten wir deutsche Männer uns
eigentlich schämen, daß wir diese Dreistigkeit so arg haben ins Kraut schießen
lassen. Mit dem „berechtigten Kern," den man in dieser oder jener von den
Frauenschützlerinnen aufgebauschten Forderung entdecken kann, werden wir uns
Grenzboten I 1898 80
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |