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Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Viertes Vierteljahr.

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Zwei philosophische Systeme

wenn die Sträflingsplantagen und die Besiedlung des Okovangothales durch
entlassene Sträflinge gelänge. Das Okovangothal würde dann die Kornkammer
des Schutzgebiets werden und ihm die Bedürfnisse zuführen, die zur Zeit, wie
Mehl, Reis, Kaffee, Zucker, über Kapstadt hingelangen. Dies würde eine noch
größere Unabhängigkeit von der Kapkolonie zur Folge haben, in die noch
immer ein großer Teil der vom Reiche jährlich für Südwestafrika ausgegebnen
Gelder fließt, der englische Einfluß würde mehr und mehr schwinden und die
Kolonie zu dem werden, was sie sein soll, "ein Abfluß- und Absatzgebiet sür
Deutschland."


Lurt vo" Francois


Zwei philosophische Systeme
(Schluß)

n mehreren Beziehungen bedeutet Hartmanns Metaphysik einen
wirklichen Fortschritt über die frühern Systeme, namentlich aber
in folgenden. Hartmann macht die Wahrheit, daß die Welt den
Grund ihrer Entstehung und Entwicklung nicht in sich selbst hat,
in einem Grade klar, der keinen Zweifel und keinen Widerspruch
mehr aufkommen läßt. Er macht es ferner ebenso klar, daß wir das Absolute
nicht zu erkennen vermögen. "Über der Welt, in der Sphäre der Prinzipien,
hört mit der Möglichkeit des denkenden Bestimmens auch die Möglichkeit
weitern Erklürens auf, und an seine Stelle tritt in allen Jnduttionsreihen das
einfache Konstatiren der letzten Prinzipien, zu denen die Erklärungsbemühungen
hingeführt haben. Das Sein haben wir zu erklären ^was man so erklären
nennt!^, aber nicht das Wesen, aus dem wir das Sein erklären; das Wesen
haben wir nur rückwärts aus dem Sein zu erschließen." Und er macht
endlich klar, daß Gott und Welt nicht reine Denkthätigkeit sein können, wie
Hegel meinte; nicht in Begriffe, sondern in Dinge "dirimirt" sich das Ab¬
solute; das Logische ist reine Form und bedarf eines Inhalts, auf den es
angewandt werden kann. "Aber woher soll das Logische vor Beginn des
Weltprozesses etwas nehmen, das es logisch bestimmen könnte? Wie soll es
demnach bei seiner formalistischen Leerheit zu einem Prozeß und einem Welt¬
inhalt gelangen? Nur auf etwas, das nicht es selbst ist, kann es sich an¬
wenden, d. h. auf ein Unlogisches, das nicht bloß Alogisches bleibt, sondern


Zwei philosophische Systeme

wenn die Sträflingsplantagen und die Besiedlung des Okovangothales durch
entlassene Sträflinge gelänge. Das Okovangothal würde dann die Kornkammer
des Schutzgebiets werden und ihm die Bedürfnisse zuführen, die zur Zeit, wie
Mehl, Reis, Kaffee, Zucker, über Kapstadt hingelangen. Dies würde eine noch
größere Unabhängigkeit von der Kapkolonie zur Folge haben, in die noch
immer ein großer Teil der vom Reiche jährlich für Südwestafrika ausgegebnen
Gelder fließt, der englische Einfluß würde mehr und mehr schwinden und die
Kolonie zu dem werden, was sie sein soll, „ein Abfluß- und Absatzgebiet sür
Deutschland."


Lurt vo» Francois


Zwei philosophische Systeme
(Schluß)

n mehreren Beziehungen bedeutet Hartmanns Metaphysik einen
wirklichen Fortschritt über die frühern Systeme, namentlich aber
in folgenden. Hartmann macht die Wahrheit, daß die Welt den
Grund ihrer Entstehung und Entwicklung nicht in sich selbst hat,
in einem Grade klar, der keinen Zweifel und keinen Widerspruch
mehr aufkommen läßt. Er macht es ferner ebenso klar, daß wir das Absolute
nicht zu erkennen vermögen. „Über der Welt, in der Sphäre der Prinzipien,
hört mit der Möglichkeit des denkenden Bestimmens auch die Möglichkeit
weitern Erklürens auf, und an seine Stelle tritt in allen Jnduttionsreihen das
einfache Konstatiren der letzten Prinzipien, zu denen die Erklärungsbemühungen
hingeführt haben. Das Sein haben wir zu erklären ^was man so erklären
nennt!^, aber nicht das Wesen, aus dem wir das Sein erklären; das Wesen
haben wir nur rückwärts aus dem Sein zu erschließen." Und er macht
endlich klar, daß Gott und Welt nicht reine Denkthätigkeit sein können, wie
Hegel meinte; nicht in Begriffe, sondern in Dinge „dirimirt" sich das Ab¬
solute; das Logische ist reine Form und bedarf eines Inhalts, auf den es
angewandt werden kann. „Aber woher soll das Logische vor Beginn des
Weltprozesses etwas nehmen, das es logisch bestimmen könnte? Wie soll es
demnach bei seiner formalistischen Leerheit zu einem Prozeß und einem Welt¬
inhalt gelangen? Nur auf etwas, das nicht es selbst ist, kann es sich an¬
wenden, d. h. auf ein Unlogisches, das nicht bloß Alogisches bleibt, sondern


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[0080] Zwei philosophische Systeme wenn die Sträflingsplantagen und die Besiedlung des Okovangothales durch entlassene Sträflinge gelänge. Das Okovangothal würde dann die Kornkammer des Schutzgebiets werden und ihm die Bedürfnisse zuführen, die zur Zeit, wie Mehl, Reis, Kaffee, Zucker, über Kapstadt hingelangen. Dies würde eine noch größere Unabhängigkeit von der Kapkolonie zur Folge haben, in die noch immer ein großer Teil der vom Reiche jährlich für Südwestafrika ausgegebnen Gelder fließt, der englische Einfluß würde mehr und mehr schwinden und die Kolonie zu dem werden, was sie sein soll, „ein Abfluß- und Absatzgebiet sür Deutschland." Lurt vo» Francois Zwei philosophische Systeme (Schluß) n mehreren Beziehungen bedeutet Hartmanns Metaphysik einen wirklichen Fortschritt über die frühern Systeme, namentlich aber in folgenden. Hartmann macht die Wahrheit, daß die Welt den Grund ihrer Entstehung und Entwicklung nicht in sich selbst hat, in einem Grade klar, der keinen Zweifel und keinen Widerspruch mehr aufkommen läßt. Er macht es ferner ebenso klar, daß wir das Absolute nicht zu erkennen vermögen. „Über der Welt, in der Sphäre der Prinzipien, hört mit der Möglichkeit des denkenden Bestimmens auch die Möglichkeit weitern Erklürens auf, und an seine Stelle tritt in allen Jnduttionsreihen das einfache Konstatiren der letzten Prinzipien, zu denen die Erklärungsbemühungen hingeführt haben. Das Sein haben wir zu erklären ^was man so erklären nennt!^, aber nicht das Wesen, aus dem wir das Sein erklären; das Wesen haben wir nur rückwärts aus dem Sein zu erschließen." Und er macht endlich klar, daß Gott und Welt nicht reine Denkthätigkeit sein können, wie Hegel meinte; nicht in Begriffe, sondern in Dinge „dirimirt" sich das Ab¬ solute; das Logische ist reine Form und bedarf eines Inhalts, auf den es angewandt werden kann. „Aber woher soll das Logische vor Beginn des Weltprozesses etwas nehmen, das es logisch bestimmen könnte? Wie soll es demnach bei seiner formalistischen Leerheit zu einem Prozeß und einem Welt¬ inhalt gelangen? Nur auf etwas, das nicht es selbst ist, kann es sich an¬ wenden, d. h. auf ein Unlogisches, das nicht bloß Alogisches bleibt, sondern

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341865_226231/80>, abgerufen am 22.07.2024.