Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Viertes Vierteljahr.Zur Weihnachtszeit Sophus Bauditz. Erzählung von Übersetzt von Mathilde Mann en ersten Weihnachtstag pflege ich bei meinem alten Freund Jens Nachdem er das Gut losgeworden war, ging jedoch eine große Veränderung Er ist verheiratet, hat eine prächtige Frau. Sie hat von vornherein begriffen, Das einzige Kind ist die Tochter Anna, ebenfalls ein prächtiges Mädchen. Zur Weihnachtszeit Sophus Bauditz. Erzählung von Übersetzt von Mathilde Mann en ersten Weihnachtstag pflege ich bei meinem alten Freund Jens Nachdem er das Gut losgeworden war, ging jedoch eine große Veränderung Er ist verheiratet, hat eine prächtige Frau. Sie hat von vornherein begriffen, Das einzige Kind ist die Tochter Anna, ebenfalls ein prächtiges Mädchen. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0602" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/226832"/> <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341865_226231/figures/grenzboten_341865_226231_226832_000.jpg"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Zur Weihnachtszeit<lb/><note type="byline"> Sophus Bauditz. </note> Erzählung von Übersetzt von Mathilde Mann</head><lb/> <p xml:id="ID_1460"> en ersten Weihnachtstag pflege ich bei meinem alten Freund Jens<lb/> Holgersen, einem ehemaligen Gutsbesitzer und jetzigem Agrarier, zu¬<lb/> zubringen. Eine ganze Reihe von Jahren war er Gutsherr auf<lb/> Arrestrnp hoch oben in Vendshssel, aber er verkaufte deu Besitz,<lb/> während es noch Zeit war, zog nach Kopenhagen und lebt dort<lb/> jetzt als Rentier. Solange er Landmann war, interessirte er sich<lb/> eigentlich außerordentlich wenig für die Wirtschaft, umso mehr aber für die<lb/> Jagd; wenn alle seine Nachbarn wahrend eines dürren Sommers nahe baren<lb/> waren, aus der Haut zu fahren, tröstete er sich damit, daß nun doch die jungen<lb/> Rebhühner uicht unter der Feuchtigkeit zu leiden hatten, und wenn es ein ander<lb/> Jahr derart regnete, daß es nicht möglich war, das Heu einzufahren, freute er sich<lb/> bei dem Gedanken, daß dieses Wetter sehr günstig für die Bekassinen im Vibrander<lb/> Moor sei.</p><lb/> <p xml:id="ID_1461"> Nachdem er das Gut losgeworden war, ging jedoch eine große Veränderung<lb/> mit ihm vor: er gab freilich die Jagd nicht anf, im Gegenteil, er pachtete ein<lb/> großes Revier drüben in Schweden, aber er ist allmählich ein eifriger Landmann<lb/> in abskutiÄ geworden. Er liest landwirtschaftliche Zeitungen, macht Svnntags-<lb/> ausflüge nach Klampenborg oder Lyngbh, mir um zu scheu, wie das Korn steht,<lb/> geht häufig »ach der landwirtschaftlichen Akademie hinaus und besichtigt die Versuchs¬<lb/> kulturen, klagt regelmäßig über das Wetter, das das Meteorologische Institut<lb/> liefert, und ist jetzt soweit gelaugt, daß er sich in Opposition zu jedem Ministerium<lb/> befindet, dessen Hauptaufgabe nicht darin besteht, Bewilligungen für Produktionszentren<lb/> nachzusuchen, einem mhstischeu Etwas, über das weder der brave Jens Holgersen<lb/> uoch sonst irgend jemand mir eine einigermaßen verständliche Erklärung hat geben<lb/> können.</p><lb/> <p xml:id="ID_1462"> Er ist verheiratet, hat eine prächtige Frau. Sie hat von vornherein begriffen,<lb/> daß des Mannes Wahlspruch im Einklang stehen muß mit Erik Glippings Lebens¬<lb/> regel: „Liebe und Jagd sind des Lebens Lust," daß aber die Erotik sich dem<lb/> edeln Waidwerk hübsch unterordnen muß; nie habe ich gesehen, daß sie eine saure<lb/> Miene dazu machte, wenn er zu Mittag zwei Stunden später, als berechnet, uach<lb/> Hause kommt, niemals hat eine Düte mit Salz in dem Frühstückskorb gefehlt, den<lb/> fie gepackt hat.</p><lb/> <p xml:id="ID_1463" next="#ID_1464"> Das einzige Kind ist die Tochter Anna, ebenfalls ein prächtiges Mädchen.<lb/> Frisch und liebreizend, blond und niedlich; ich bin ihr Pate und — selbstverstäud-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0602]
[Abbildung]
Zur Weihnachtszeit
Sophus Bauditz. Erzählung von Übersetzt von Mathilde Mann
en ersten Weihnachtstag pflege ich bei meinem alten Freund Jens
Holgersen, einem ehemaligen Gutsbesitzer und jetzigem Agrarier, zu¬
zubringen. Eine ganze Reihe von Jahren war er Gutsherr auf
Arrestrnp hoch oben in Vendshssel, aber er verkaufte deu Besitz,
während es noch Zeit war, zog nach Kopenhagen und lebt dort
jetzt als Rentier. Solange er Landmann war, interessirte er sich
eigentlich außerordentlich wenig für die Wirtschaft, umso mehr aber für die
Jagd; wenn alle seine Nachbarn wahrend eines dürren Sommers nahe baren
waren, aus der Haut zu fahren, tröstete er sich damit, daß nun doch die jungen
Rebhühner uicht unter der Feuchtigkeit zu leiden hatten, und wenn es ein ander
Jahr derart regnete, daß es nicht möglich war, das Heu einzufahren, freute er sich
bei dem Gedanken, daß dieses Wetter sehr günstig für die Bekassinen im Vibrander
Moor sei.
Nachdem er das Gut losgeworden war, ging jedoch eine große Veränderung
mit ihm vor: er gab freilich die Jagd nicht anf, im Gegenteil, er pachtete ein
großes Revier drüben in Schweden, aber er ist allmählich ein eifriger Landmann
in abskutiÄ geworden. Er liest landwirtschaftliche Zeitungen, macht Svnntags-
ausflüge nach Klampenborg oder Lyngbh, mir um zu scheu, wie das Korn steht,
geht häufig »ach der landwirtschaftlichen Akademie hinaus und besichtigt die Versuchs¬
kulturen, klagt regelmäßig über das Wetter, das das Meteorologische Institut
liefert, und ist jetzt soweit gelaugt, daß er sich in Opposition zu jedem Ministerium
befindet, dessen Hauptaufgabe nicht darin besteht, Bewilligungen für Produktionszentren
nachzusuchen, einem mhstischeu Etwas, über das weder der brave Jens Holgersen
uoch sonst irgend jemand mir eine einigermaßen verständliche Erklärung hat geben
können.
Er ist verheiratet, hat eine prächtige Frau. Sie hat von vornherein begriffen,
daß des Mannes Wahlspruch im Einklang stehen muß mit Erik Glippings Lebens¬
regel: „Liebe und Jagd sind des Lebens Lust," daß aber die Erotik sich dem
edeln Waidwerk hübsch unterordnen muß; nie habe ich gesehen, daß sie eine saure
Miene dazu machte, wenn er zu Mittag zwei Stunden später, als berechnet, uach
Hause kommt, niemals hat eine Düte mit Salz in dem Frühstückskorb gefehlt, den
fie gepackt hat.
Das einzige Kind ist die Tochter Anna, ebenfalls ein prächtiges Mädchen.
Frisch und liebreizend, blond und niedlich; ich bin ihr Pate und — selbstverstäud-
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