Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Viertes Vierteljahr.Maßgebliches und Unmaßgebliches Lore Fay dient als Zofe im Hause des Rats und hat dort viel zu erdulden. Schließlich weisen wir noch auf einen Band Neue Novellen vou Hans Maßgebliches und Unmaßgebliches Der Personcilkredit des ländlichen Kleingrundbesitzes. Unter dieser Richtig ist, daß man in den Berichten eine gewisse Bevorzugung der Maßgebliches und Unmaßgebliches Lore Fay dient als Zofe im Hause des Rats und hat dort viel zu erdulden. Schließlich weisen wir noch auf einen Band Neue Novellen vou Hans Maßgebliches und Unmaßgebliches Der Personcilkredit des ländlichen Kleingrundbesitzes. Unter dieser Richtig ist, daß man in den Berichten eine gewisse Bevorzugung der <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0502" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/226732"/> <fw type="header" place="top"> Maßgebliches und Unmaßgebliches</fw><lb/> <p xml:id="ID_1221" prev="#ID_1220"> Lore Fay dient als Zofe im Hause des Rats und hat dort viel zu erdulden.<lb/> Sie ist von guter Herkunft, aber ihr Vater hat einen juristisch konstruirten<lb/> Hochverrat mit dem Kopfe gebüßt, und nun ist sie selbst vogelfrei. Wie sie<lb/> wegen angeblich ehrlosen Wandels von der patentirter ehrenhaften Gesellschaft<lb/> geächtet wird, aufs Spinnhaus kommt, Kirchenbuße thut und gerade auf den<lb/> Pranger ins Halseisen soll, als der Abgesandte der Königin Anna uach be¬<lb/> endigter Audienz eben vom Schlosse her über den Markt sprengt, das Mädchen<lb/> befreit, das bald darauf Lady Fitzroy wird, das alles ist vorzüglich geschildert,<lb/> sodaß wir den Eindruck eines wirklichen Ereignisses bekommen. Hat die Ver¬<lb/> fasserin etwa in der That die Hauptsache einer historischen Quelle entnommen,<lb/> so bleibt ihr immer noch das wohlgemessene Verdienst der stilgerechten Ein¬<lb/> kleidung.</p><lb/> <p xml:id="ID_1222"> Schließlich weisen wir noch auf einen Band Neue Novellen vou Hans<lb/> Arnold hin (4. Auflage; Stuttgart, Bonz u. Comp.). Wir haben unsern<lb/> Lesern den beliebten Erzähler schon öfter vorgeführt. Die große Gewandtheit<lb/> seines gefälligen und liebenswürdigen Talents wird auch durch jede dieser<lb/> fünf kleinen Geschichten bekundet. Vier sind konnscher Art. Uns sind die<lb/> ernstern lieber. Unter diesen erweckt nur „Schach der Königin" ein tieferes<lb/> Interesse: ein kleines Erlebnis in einem vornehmen Hause, das mit feinem<lb/> Sinn und vertrauter Kenntnis des Dehors höchst unterhaltend, man möchte<lb/> sagen delikat angerichtet wird. Sollten kritisch gestimmte Leser, die nicht in<lb/> gräflichen Häusern zu Verkehren Pflegen, hierbei fragen: War das möglich?<lb/> so wüßten wir ihnen auch keine bestimmte Auskunft zu geben, sondern müßten<lb/> sie bitten, mit ihrer Nachfrage weiter zu gehen, vielleicht ins Land der Dichter.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Maßgebliches und Unmaßgebliches</head><lb/> <p xml:id="ID_1223"> Der Personcilkredit des ländlichen Kleingrundbesitzes. Unter dieser<lb/> Überschrift hat Haus Glagau in Ur. 38 der Grenzboten die Ergebnisse der Unter¬<lb/> suchungen, die der Verein für Sozicilpolitik über diesen Gegenstand angestellt hat,<lb/> gerade in dem Augenblick besprochen, wo der Verein in Köln mündlich über die<lb/> Sache verhandelte. Wer an jenen Verhandlungen teilnahm, mußte aber sofort<lb/> erkennen, daß Glcigau die Untcrsnchungsergebnissc nicht mit der nötigen Sachlichkeit<lb/> besprochen hat, denn die Verhandlungen sowohl als auch die gründliche Durchsicht<lb/> der beiden Bände, die der Verein voriges Jahr veröffentlicht hat, ergeben ein ganz<lb/> andres Bild, als man es bei Glagau findet.</p><lb/> <p xml:id="ID_1224" next="#ID_1225"> Richtig ist, daß man in den Berichten eine gewisse Bevorzugung der<lb/> ländlichen Darlehnskassen erkennt — die aber keineswegs nnr Raiffeisenkassen<lb/> sind, sondern vielfach nach Schulze-Dclitzschs Grundsätzen errichtet wurden und<lb/> arbeiten und sich nun ländlichen und landwirtschaftlichen Verhältnissen angepaßt<lb/> haben, was bei städtischen Vorschnßvereinen, die zwar anch viele Landwirte zu Mit-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0502]
Maßgebliches und Unmaßgebliches
Lore Fay dient als Zofe im Hause des Rats und hat dort viel zu erdulden.
Sie ist von guter Herkunft, aber ihr Vater hat einen juristisch konstruirten
Hochverrat mit dem Kopfe gebüßt, und nun ist sie selbst vogelfrei. Wie sie
wegen angeblich ehrlosen Wandels von der patentirter ehrenhaften Gesellschaft
geächtet wird, aufs Spinnhaus kommt, Kirchenbuße thut und gerade auf den
Pranger ins Halseisen soll, als der Abgesandte der Königin Anna uach be¬
endigter Audienz eben vom Schlosse her über den Markt sprengt, das Mädchen
befreit, das bald darauf Lady Fitzroy wird, das alles ist vorzüglich geschildert,
sodaß wir den Eindruck eines wirklichen Ereignisses bekommen. Hat die Ver¬
fasserin etwa in der That die Hauptsache einer historischen Quelle entnommen,
so bleibt ihr immer noch das wohlgemessene Verdienst der stilgerechten Ein¬
kleidung.
Schließlich weisen wir noch auf einen Band Neue Novellen vou Hans
Arnold hin (4. Auflage; Stuttgart, Bonz u. Comp.). Wir haben unsern
Lesern den beliebten Erzähler schon öfter vorgeführt. Die große Gewandtheit
seines gefälligen und liebenswürdigen Talents wird auch durch jede dieser
fünf kleinen Geschichten bekundet. Vier sind konnscher Art. Uns sind die
ernstern lieber. Unter diesen erweckt nur „Schach der Königin" ein tieferes
Interesse: ein kleines Erlebnis in einem vornehmen Hause, das mit feinem
Sinn und vertrauter Kenntnis des Dehors höchst unterhaltend, man möchte
sagen delikat angerichtet wird. Sollten kritisch gestimmte Leser, die nicht in
gräflichen Häusern zu Verkehren Pflegen, hierbei fragen: War das möglich?
so wüßten wir ihnen auch keine bestimmte Auskunft zu geben, sondern müßten
sie bitten, mit ihrer Nachfrage weiter zu gehen, vielleicht ins Land der Dichter.
Maßgebliches und Unmaßgebliches
Der Personcilkredit des ländlichen Kleingrundbesitzes. Unter dieser
Überschrift hat Haus Glagau in Ur. 38 der Grenzboten die Ergebnisse der Unter¬
suchungen, die der Verein für Sozicilpolitik über diesen Gegenstand angestellt hat,
gerade in dem Augenblick besprochen, wo der Verein in Köln mündlich über die
Sache verhandelte. Wer an jenen Verhandlungen teilnahm, mußte aber sofort
erkennen, daß Glcigau die Untcrsnchungsergebnissc nicht mit der nötigen Sachlichkeit
besprochen hat, denn die Verhandlungen sowohl als auch die gründliche Durchsicht
der beiden Bände, die der Verein voriges Jahr veröffentlicht hat, ergeben ein ganz
andres Bild, als man es bei Glagau findet.
Richtig ist, daß man in den Berichten eine gewisse Bevorzugung der
ländlichen Darlehnskassen erkennt — die aber keineswegs nnr Raiffeisenkassen
sind, sondern vielfach nach Schulze-Dclitzschs Grundsätzen errichtet wurden und
arbeiten und sich nun ländlichen und landwirtschaftlichen Verhältnissen angepaßt
haben, was bei städtischen Vorschnßvereinen, die zwar anch viele Landwirte zu Mit-
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