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Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Drittes Vierteljahr.

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Der Kern der Apothekenreformbewegung

durch sogenannte Manqnements und durch Abkommcmdirungen offnen Leutnants¬
stellen ausgefüllt würden, so könnte die Anstrengung merklich vermindert werden.
Der Vorschlag verdient Beherzigung, und darum wird er hier von neuem
gemacht.

Das Ergebnis unsrer Betrachtungen ist, daß in weiten Kreisen unklare
Anschauungen über Offizierbeförderung und -Pensionirung, sowie über einige
verwandte Fragen bestehen und zur Nahrung einer gewissen Konfliktsstimmung
ausgenutzt werden, der kein Erfolg winkt und auch im vaterländischen Interesse
nicht zu wünschen ist. Deutschland hat andre Aufgaben zu lösen, als sich
durch einen Konflikt hindurchzuarbeiten, der der Einheit des Reichs nicht
förderlich sein kann. Oder glaubt vielleicht jemand, daß sich die bairische
Krone, nachdem sie während eines Konflikts treu zum Kaiser gestanden hat,
zur Aufgebung eines Neservatrechts geneigter zeigen würde? Es ist doch eher
das Gegenteil anzunehmen. Die Neigung zum Konflikt setzt sich aus ver-
schiednen Strömungen zusammen, unter denen, vorläufig noch verborgen, das
alte Streben nach parlamentarischer Herrschaft sicher am thätigsten ist. Mit
Erfolg entgegenwirken läßt sich dem nur durch Vertiefung in die bedenklichen
Fragen, nicht aber durch ihre Behandlung im Sinne der Tagesmeinnng, die
heute so ist und vielleicht schon morgen, sicher aber dann, wenn die Zeiten ernst
werden, anders sein wird. Dazu gehören alle Fragen, die in engerer oder
weiterer Beziehung zum Heere stehen. Ein Beharren bei dem seither in der
Presse und den Parteien üblich gewordnen Verfahren wird in seinem weitern
Verlauf nicht mir etwa auf den "jugendlichen" Willen des Kaisers, sondern
bei allen deutschen Fürsten ans einmütiger Widerstand stoßen, der unüber¬
windlich ist, weil er die wirklichen Interessen des Vaterlands vertritt. Man
wolle nicht vergessen, daß gerade der "alte Kurs" dem Heere seinen Ursprung
und seine Dauer verdankte.




Der Kern der Apothekenreformbewegung

in Notwendigkeit einer Apothekenreform ergiebt sich ganz von
selbst aus der ungeheuern Litteratur, die dieser Gegenstand seit
Jahrzehnten hervorgerufen hat. Sie giebt ein Bild der Unzu¬
friedenheit ans Seiten der Besitzer wie der Besitzlosen. Während
die Bewegung eingeleitet wurde durch die Frage: Apothekenschutz
oder Freiheit? kämpfen heute sozusagen uur noch die Anhänger der unver¬
äußerlichen Konzession gegen die der veräußerlichen, während die, die in der


Der Kern der Apothekenreformbewegung

durch sogenannte Manqnements und durch Abkommcmdirungen offnen Leutnants¬
stellen ausgefüllt würden, so könnte die Anstrengung merklich vermindert werden.
Der Vorschlag verdient Beherzigung, und darum wird er hier von neuem
gemacht.

Das Ergebnis unsrer Betrachtungen ist, daß in weiten Kreisen unklare
Anschauungen über Offizierbeförderung und -Pensionirung, sowie über einige
verwandte Fragen bestehen und zur Nahrung einer gewissen Konfliktsstimmung
ausgenutzt werden, der kein Erfolg winkt und auch im vaterländischen Interesse
nicht zu wünschen ist. Deutschland hat andre Aufgaben zu lösen, als sich
durch einen Konflikt hindurchzuarbeiten, der der Einheit des Reichs nicht
förderlich sein kann. Oder glaubt vielleicht jemand, daß sich die bairische
Krone, nachdem sie während eines Konflikts treu zum Kaiser gestanden hat,
zur Aufgebung eines Neservatrechts geneigter zeigen würde? Es ist doch eher
das Gegenteil anzunehmen. Die Neigung zum Konflikt setzt sich aus ver-
schiednen Strömungen zusammen, unter denen, vorläufig noch verborgen, das
alte Streben nach parlamentarischer Herrschaft sicher am thätigsten ist. Mit
Erfolg entgegenwirken läßt sich dem nur durch Vertiefung in die bedenklichen
Fragen, nicht aber durch ihre Behandlung im Sinne der Tagesmeinnng, die
heute so ist und vielleicht schon morgen, sicher aber dann, wenn die Zeiten ernst
werden, anders sein wird. Dazu gehören alle Fragen, die in engerer oder
weiterer Beziehung zum Heere stehen. Ein Beharren bei dem seither in der
Presse und den Parteien üblich gewordnen Verfahren wird in seinem weitern
Verlauf nicht mir etwa auf den „jugendlichen" Willen des Kaisers, sondern
bei allen deutschen Fürsten ans einmütiger Widerstand stoßen, der unüber¬
windlich ist, weil er die wirklichen Interessen des Vaterlands vertritt. Man
wolle nicht vergessen, daß gerade der „alte Kurs" dem Heere seinen Ursprung
und seine Dauer verdankte.




Der Kern der Apothekenreformbewegung

in Notwendigkeit einer Apothekenreform ergiebt sich ganz von
selbst aus der ungeheuern Litteratur, die dieser Gegenstand seit
Jahrzehnten hervorgerufen hat. Sie giebt ein Bild der Unzu¬
friedenheit ans Seiten der Besitzer wie der Besitzlosen. Während
die Bewegung eingeleitet wurde durch die Frage: Apothekenschutz
oder Freiheit? kämpfen heute sozusagen uur noch die Anhänger der unver¬
äußerlichen Konzession gegen die der veräußerlichen, während die, die in der


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[0311] Der Kern der Apothekenreformbewegung durch sogenannte Manqnements und durch Abkommcmdirungen offnen Leutnants¬ stellen ausgefüllt würden, so könnte die Anstrengung merklich vermindert werden. Der Vorschlag verdient Beherzigung, und darum wird er hier von neuem gemacht. Das Ergebnis unsrer Betrachtungen ist, daß in weiten Kreisen unklare Anschauungen über Offizierbeförderung und -Pensionirung, sowie über einige verwandte Fragen bestehen und zur Nahrung einer gewissen Konfliktsstimmung ausgenutzt werden, der kein Erfolg winkt und auch im vaterländischen Interesse nicht zu wünschen ist. Deutschland hat andre Aufgaben zu lösen, als sich durch einen Konflikt hindurchzuarbeiten, der der Einheit des Reichs nicht förderlich sein kann. Oder glaubt vielleicht jemand, daß sich die bairische Krone, nachdem sie während eines Konflikts treu zum Kaiser gestanden hat, zur Aufgebung eines Neservatrechts geneigter zeigen würde? Es ist doch eher das Gegenteil anzunehmen. Die Neigung zum Konflikt setzt sich aus ver- schiednen Strömungen zusammen, unter denen, vorläufig noch verborgen, das alte Streben nach parlamentarischer Herrschaft sicher am thätigsten ist. Mit Erfolg entgegenwirken läßt sich dem nur durch Vertiefung in die bedenklichen Fragen, nicht aber durch ihre Behandlung im Sinne der Tagesmeinnng, die heute so ist und vielleicht schon morgen, sicher aber dann, wenn die Zeiten ernst werden, anders sein wird. Dazu gehören alle Fragen, die in engerer oder weiterer Beziehung zum Heere stehen. Ein Beharren bei dem seither in der Presse und den Parteien üblich gewordnen Verfahren wird in seinem weitern Verlauf nicht mir etwa auf den „jugendlichen" Willen des Kaisers, sondern bei allen deutschen Fürsten ans einmütiger Widerstand stoßen, der unüber¬ windlich ist, weil er die wirklichen Interessen des Vaterlands vertritt. Man wolle nicht vergessen, daß gerade der „alte Kurs" dem Heere seinen Ursprung und seine Dauer verdankte. Der Kern der Apothekenreformbewegung in Notwendigkeit einer Apothekenreform ergiebt sich ganz von selbst aus der ungeheuern Litteratur, die dieser Gegenstand seit Jahrzehnten hervorgerufen hat. Sie giebt ein Bild der Unzu¬ friedenheit ans Seiten der Besitzer wie der Besitzlosen. Während die Bewegung eingeleitet wurde durch die Frage: Apothekenschutz oder Freiheit? kämpfen heute sozusagen uur noch die Anhänger der unver¬ äußerlichen Konzession gegen die der veräußerlichen, während die, die in der

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341865_225585/311>, abgerufen am 27.06.2024.