Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Drittes Vierteljahr.Litteratur treten sind, der wcir imstande, sich als akademischen Erzieher unsers Staatsdiener¬ Litteratur sozialpolitische Schriften. Im ersten Hefte des zehnten Bandes des Grenzboten III 1897 M
Litteratur treten sind, der wcir imstande, sich als akademischen Erzieher unsers Staatsdiener¬ Litteratur sozialpolitische Schriften. Im ersten Hefte des zehnten Bandes des Grenzboten III 1897 M
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Litteratur
treten sind, der wcir imstande, sich als akademischen Erzieher unsers Staatsdiener¬
nachwuchses aufzuthun, wenn ihm nur der Segen irgend eines Machthabers der
herrschenden Schule nicht fehlte. Jede Rücksicht auf den praktischen Zweck der
Lehrthätigkeit schien grundsätzlich verpönt. Diesen Unsinn sollte man doch wirklich
nicht länger mit alten Statuten und Privilegien der Fakultäten zu entschuldigen
suchen. Nur theoretisch und praktisch hinreichend vorgebildete Männer sollte der
Staat mit den zur Zeit für ihn wichtigsten Lehrstühlen betrauen. Aber davon
scheint man in Preußen noch weit entfernt zu sein. Wenigsten die neuesten
Leistungen auf diesem Gebiet lassen durchaus den nötigen Ernst vermissen, nach
beiden Seiten hin, nach der wissenschaftlichen wie uach der praktischen.
Litteratur
sozialpolitische Schriften. Im ersten Hefte des zehnten Bandes des
sehr reichhaltigen Brannschen Archivs für soziale Gesetzgebung und Statistik
(Berlin, bei Carl Hcymann) finden wir einen Aufsatz: Ideale der Sozialpolitik
von Werner Sombart, der nichts geringeres als die wissenschaftliche Umgrenzung
und Begründung dieser neuen Wissenschaft leisten will. Daß sie vorläufig uoch
keine Wissenschaft sondern nur eine planlos aufgehäufte Masse von Erfahrungssätzen.
Wünschen, Forderungen und Vorschlägen ist. läßt sich ja nicht bestreiten. Des Ver¬
fassers Entwurf wird Epoche machen; wir skizziren ihn, ohne ihn zu wtisiren.
Die Politik ist teils nationale teils soziale; jene hat es mit dem Auslande, diese
mit der Regelung der innern Verhältnisse zu thun. Die innerpolitischen Ma߬
nahmen beziehen sich entweder aus das Bestehen und Vergehen eines bestimmten
Wirtschaftssystems und der ihm entsprechenden Klasse (Junkertum und Bauernschaft,
Kleinbürgertum, Großbürgertum, Arbeiterschaft) oder nur ans das Wohl und Wehe
einzelner Wirtschaftssnbjekte. Maßregeln der ersten Art sind z. B. Bauernbefreiung,
Handelsverträge, Börsenreform, Befähigungsnachweis, Arbeiterschutz; Maßregeln der
zweiten Art: die Armenpolitik und viele Zweige der Finanzpolitik, z. B. die Ein-
kommensteucrpolitik, die nur die ganz bedeutungslose Unterscheidung von Reich und
Arm kennt, auf den Unterschied zwischen den Trägern der verschiednen Wirtschafts¬
systeme aber keine Rücksicht nimmt. Nur die Maßregeln der ersten Art bilden die
eigentliche Sozialpolitik, die der zweiten könnten Personalpolitik genannt werden.
Die Ideale der Sozialpolitik dürfen nun nicht ans einem dem Wirtschaftsleben
fremden Gebiete, etwa aus der Religion, oder der Moral, oder der Rnsscnhygicne
geholt, sondern müssen ihm selbst entnommen werden. Ihrem oben angedeuteten
Inhalte nach muß die Sozialpolitik Klassenpolitik sein, und der Sozialpolitiker hat
zu fragen: Welches Wirtschaftssystem, welche soziale Klasse soll begünstigt werden?
Die Antwort lautet: „Eine gesunde Sozialpolitik muß sich die thunlichste Unter¬
stützung der den wirtschaftlichen Fortschritt reprttsentirenden sozialen Klasse zur Auf¬
gabe mache», weil nur dadurch ihr Ideal: die höchste Entfaltung der Produktiven
Kräfte verwirklicht werden kann, dessen Verwirklichung aber im Interesse des
Grenzboten III 1897 M
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