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Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Viertes Vierteljahr.

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Die Aompetenzerweiterung der Amtsgerichte

grenzen nur Festungen bauen und besetzen wollte, ohne ein starkes Feldheer zu
haben, das den Krieg in Feindesland tragen kann. Nur weil das römische
Reich kein Feldheer, sondern bloß ein Festungsheer hatte, mußte es auf die
Unterwerfung der Germanen verzichten, und daran ist es zu Grunde gegangen.

Die Abbildungen, flott hingeworfen und gut ausgeführt, bilden ebenso eine
Zierde des Werks, wie sie wesentlich zur Veranschaulichung des Gesagten bei¬
tragen. Für eine zweite Auflage empfehlen wir nur eine Vermehrung der
Schiffsbilder aus der ältern Zeit. Möge das Buch auf recht vielen Weihnachts¬
tischen zu finden sein und nicht nur betrachtet, sondern auch gelesen und be¬
herzigt werden!




Die Kompetenzerweiterung der Amtsgerichte
und die Rechtsanwaltschaft

or einigen Wochen brachten die Grenzboten unter der hier noch¬
mals verwendeten Überschrift einen Aufsatz, worin zutreffend dar¬
gelegt wurde, daß eine Erweiterung der Kompetenz der Amts¬
gerichte, wie sie die Justizverwaltung ins Auge faßt, für die
Rechtsanwaltschaft in ihrer heutigen Gestaltung geradezu unan¬
nehmbar erscheine. Doch glaubt der Verfasser -- da er sich nicht genannt hat,
will ich ihn Herrn .L nennen -- den Nachteilen und Gefahren, die diese Ma߬
regel für die Anwaltschaft zur Folge haben muß, wirksam dadurch begegnen
zu können, daß er eine Zweiteilung der Anwaltschaft vorschlägt. Es soll eine
Aintsgerichtsanwaltschaft geschaffen werden, die als Vorstufe zu der Rechts¬
anwaltschaft bei den Kollegialgerichten dienen soll; bei den Kollegialgerichten
sollen nur solche Anwälte zugelassen werden, die drei Jahre lang entweder als
Amtsgerichtsanwälte oder anderweit im Justizdienst beschäftigt gewesen sind.

Ich bin überzeugt, daß eine solche Maßnahme die Übelstände, die jetzigen
wie die weitern, die von der geplanten Kompetenzerweiterung mit Recht ge¬
fürchtet werden, keineswegs heben, wohl aber verschärfen würde. Soll es dem
jungen Juristen, der eben die Staatsprüfung bestanden hat, freistehen, Amts¬
gerichtsanwalt zu werden, während ihm die Möglichkeit, Landgerichtsmiwalt
zu werden, zur Zeit, ebenso wie die Möglichkeit, Richter zu werden, verschlossen
ist, so wird der Stand der Amtsgerichtsanwälte wenig geachtet und wenig be¬
neidenswert sein. Materiell mag er Einnahmen bringen, die, um mit Herrn X


Die Aompetenzerweiterung der Amtsgerichte

grenzen nur Festungen bauen und besetzen wollte, ohne ein starkes Feldheer zu
haben, das den Krieg in Feindesland tragen kann. Nur weil das römische
Reich kein Feldheer, sondern bloß ein Festungsheer hatte, mußte es auf die
Unterwerfung der Germanen verzichten, und daran ist es zu Grunde gegangen.

Die Abbildungen, flott hingeworfen und gut ausgeführt, bilden ebenso eine
Zierde des Werks, wie sie wesentlich zur Veranschaulichung des Gesagten bei¬
tragen. Für eine zweite Auflage empfehlen wir nur eine Vermehrung der
Schiffsbilder aus der ältern Zeit. Möge das Buch auf recht vielen Weihnachts¬
tischen zu finden sein und nicht nur betrachtet, sondern auch gelesen und be¬
herzigt werden!




Die Kompetenzerweiterung der Amtsgerichte
und die Rechtsanwaltschaft

or einigen Wochen brachten die Grenzboten unter der hier noch¬
mals verwendeten Überschrift einen Aufsatz, worin zutreffend dar¬
gelegt wurde, daß eine Erweiterung der Kompetenz der Amts¬
gerichte, wie sie die Justizverwaltung ins Auge faßt, für die
Rechtsanwaltschaft in ihrer heutigen Gestaltung geradezu unan¬
nehmbar erscheine. Doch glaubt der Verfasser — da er sich nicht genannt hat,
will ich ihn Herrn .L nennen — den Nachteilen und Gefahren, die diese Ma߬
regel für die Anwaltschaft zur Folge haben muß, wirksam dadurch begegnen
zu können, daß er eine Zweiteilung der Anwaltschaft vorschlägt. Es soll eine
Aintsgerichtsanwaltschaft geschaffen werden, die als Vorstufe zu der Rechts¬
anwaltschaft bei den Kollegialgerichten dienen soll; bei den Kollegialgerichten
sollen nur solche Anwälte zugelassen werden, die drei Jahre lang entweder als
Amtsgerichtsanwälte oder anderweit im Justizdienst beschäftigt gewesen sind.

Ich bin überzeugt, daß eine solche Maßnahme die Übelstände, die jetzigen
wie die weitern, die von der geplanten Kompetenzerweiterung mit Recht ge¬
fürchtet werden, keineswegs heben, wohl aber verschärfen würde. Soll es dem
jungen Juristen, der eben die Staatsprüfung bestanden hat, freistehen, Amts¬
gerichtsanwalt zu werden, während ihm die Möglichkeit, Landgerichtsmiwalt
zu werden, zur Zeit, ebenso wie die Möglichkeit, Richter zu werden, verschlossen
ist, so wird der Stand der Amtsgerichtsanwälte wenig geachtet und wenig be¬
neidenswert sein. Materiell mag er Einnahmen bringen, die, um mit Herrn X


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[0549] Die Aompetenzerweiterung der Amtsgerichte grenzen nur Festungen bauen und besetzen wollte, ohne ein starkes Feldheer zu haben, das den Krieg in Feindesland tragen kann. Nur weil das römische Reich kein Feldheer, sondern bloß ein Festungsheer hatte, mußte es auf die Unterwerfung der Germanen verzichten, und daran ist es zu Grunde gegangen. Die Abbildungen, flott hingeworfen und gut ausgeführt, bilden ebenso eine Zierde des Werks, wie sie wesentlich zur Veranschaulichung des Gesagten bei¬ tragen. Für eine zweite Auflage empfehlen wir nur eine Vermehrung der Schiffsbilder aus der ältern Zeit. Möge das Buch auf recht vielen Weihnachts¬ tischen zu finden sein und nicht nur betrachtet, sondern auch gelesen und be¬ herzigt werden! Die Kompetenzerweiterung der Amtsgerichte und die Rechtsanwaltschaft or einigen Wochen brachten die Grenzboten unter der hier noch¬ mals verwendeten Überschrift einen Aufsatz, worin zutreffend dar¬ gelegt wurde, daß eine Erweiterung der Kompetenz der Amts¬ gerichte, wie sie die Justizverwaltung ins Auge faßt, für die Rechtsanwaltschaft in ihrer heutigen Gestaltung geradezu unan¬ nehmbar erscheine. Doch glaubt der Verfasser — da er sich nicht genannt hat, will ich ihn Herrn .L nennen — den Nachteilen und Gefahren, die diese Ma߬ regel für die Anwaltschaft zur Folge haben muß, wirksam dadurch begegnen zu können, daß er eine Zweiteilung der Anwaltschaft vorschlägt. Es soll eine Aintsgerichtsanwaltschaft geschaffen werden, die als Vorstufe zu der Rechts¬ anwaltschaft bei den Kollegialgerichten dienen soll; bei den Kollegialgerichten sollen nur solche Anwälte zugelassen werden, die drei Jahre lang entweder als Amtsgerichtsanwälte oder anderweit im Justizdienst beschäftigt gewesen sind. Ich bin überzeugt, daß eine solche Maßnahme die Übelstände, die jetzigen wie die weitern, die von der geplanten Kompetenzerweiterung mit Recht ge¬ fürchtet werden, keineswegs heben, wohl aber verschärfen würde. Soll es dem jungen Juristen, der eben die Staatsprüfung bestanden hat, freistehen, Amts¬ gerichtsanwalt zu werden, während ihm die Möglichkeit, Landgerichtsmiwalt zu werden, zur Zeit, ebenso wie die Möglichkeit, Richter zu werden, verschlossen ist, so wird der Stand der Amtsgerichtsanwälte wenig geachtet und wenig be¬ neidenswert sein. Materiell mag er Einnahmen bringen, die, um mit Herrn X

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341863_223583/549>, abgerufen am 05.01.2025.