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Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Viertes Vierteljahr.

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Willibald Beyschlags Lebenserinnerungen

manu wird es gerechtfertigt finden, daß für eine öfter herausgcgebne Zeitung
eine höhere Gebühr zu entrichten ist, als für eine seltner erscheinende. Die
weitre Entwicklung der periodischen Presse wird dadurch nicht gehemmt werden,
da sich bei einer Vermehrung der Ausgaben einer Zeitung die durch Erhöhung
der Postgebühr entstehende Preissteigerung stets in mäßigen Grenzen halten
und gegenüber der Vergrößerung des Wertes der Zeitung für den Besteller
kaum in Betracht kommen wird.

Von einem bestimmten Vorschlage sehen wir ab, da ein solcher, wenn er
sich nicht auf umfangreiche statistische Ermittlungen stützt, keinen Wert haben
kann. Jedenfalls wird sich ein zweckmäßig gestalteter Zeitungstarif aus zweierlei
zusammensetzen müssen, aus der festen Debitstaxe und einer nach der Häufig¬
keit des Erscheinens der Zeitungen abzustufenden Befördernngstaxe. Ein
solcher Tarif, der dem Geldwert der Leistungen der Post möglichst genau an¬
gepaßt wäre, würde den Interessen der drei am Zeitungswesen beteiligten
Parteien: des Verlegers, der Post und des Zeitungslesers in jeder Beziehung
entsprechen und dazu beitragen, daß sich die deutsche Presse in Zukunft in
F. H. gesunder Weise weiter entwickelt.




Willibald Beyschlags Lebenserinnerungen
(Schluß)

le Teilnahme an Kinkels "Maikäferbund" tritt als eine völlig
selbständige und, wenn man will, absonderliche Episode aus dem
herkömmlichen Nahmen einer Thcologenlaufbahu heraus; gleich¬
wohl bildet sie in Beyschlags Erinnerungen einen leuchtenden
und besonders anziehenden Teil. Dem Zauber der talentvollen
und hochsinnigen Frau, die Gottfried Kinkel bald darauf heimführte, entzog
sich der warmherzige und poetische Student nicht. "Ihr Wesen war ein¬
nehmend, von anmutiger Freiheit und Sicherheit, ohne unweibliche Zuthat
und in einer Weise geistig ausgiebig, daß man darüber den Mangel an Jugend
und Schönheit vergaß." Das tief und echt musikalische Naturell und die
ebenso begeisterte als ernste Anschauung ihrer Kunst, die Frau Johanna eigen
war, wirkten stark auf Beyschlags offne Empfänglichkeit, im ganzen hatte er das
Gefühl, daß Johanna ihren geistvollen Verlobten durch eine gewisse Genialität
überrage, "es war kein Zweifel, diese reiche, weibliche Künstlernatur war seine


Willibald Beyschlags Lebenserinnerungen

manu wird es gerechtfertigt finden, daß für eine öfter herausgcgebne Zeitung
eine höhere Gebühr zu entrichten ist, als für eine seltner erscheinende. Die
weitre Entwicklung der periodischen Presse wird dadurch nicht gehemmt werden,
da sich bei einer Vermehrung der Ausgaben einer Zeitung die durch Erhöhung
der Postgebühr entstehende Preissteigerung stets in mäßigen Grenzen halten
und gegenüber der Vergrößerung des Wertes der Zeitung für den Besteller
kaum in Betracht kommen wird.

Von einem bestimmten Vorschlage sehen wir ab, da ein solcher, wenn er
sich nicht auf umfangreiche statistische Ermittlungen stützt, keinen Wert haben
kann. Jedenfalls wird sich ein zweckmäßig gestalteter Zeitungstarif aus zweierlei
zusammensetzen müssen, aus der festen Debitstaxe und einer nach der Häufig¬
keit des Erscheinens der Zeitungen abzustufenden Befördernngstaxe. Ein
solcher Tarif, der dem Geldwert der Leistungen der Post möglichst genau an¬
gepaßt wäre, würde den Interessen der drei am Zeitungswesen beteiligten
Parteien: des Verlegers, der Post und des Zeitungslesers in jeder Beziehung
entsprechen und dazu beitragen, daß sich die deutsche Presse in Zukunft in
F. H. gesunder Weise weiter entwickelt.




Willibald Beyschlags Lebenserinnerungen
(Schluß)

le Teilnahme an Kinkels „Maikäferbund" tritt als eine völlig
selbständige und, wenn man will, absonderliche Episode aus dem
herkömmlichen Nahmen einer Thcologenlaufbahu heraus; gleich¬
wohl bildet sie in Beyschlags Erinnerungen einen leuchtenden
und besonders anziehenden Teil. Dem Zauber der talentvollen
und hochsinnigen Frau, die Gottfried Kinkel bald darauf heimführte, entzog
sich der warmherzige und poetische Student nicht. „Ihr Wesen war ein¬
nehmend, von anmutiger Freiheit und Sicherheit, ohne unweibliche Zuthat
und in einer Weise geistig ausgiebig, daß man darüber den Mangel an Jugend
und Schönheit vergaß." Das tief und echt musikalische Naturell und die
ebenso begeisterte als ernste Anschauung ihrer Kunst, die Frau Johanna eigen
war, wirkten stark auf Beyschlags offne Empfänglichkeit, im ganzen hatte er das
Gefühl, daß Johanna ihren geistvollen Verlobten durch eine gewisse Genialität
überrage, „es war kein Zweifel, diese reiche, weibliche Künstlernatur war seine


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[0331] Willibald Beyschlags Lebenserinnerungen manu wird es gerechtfertigt finden, daß für eine öfter herausgcgebne Zeitung eine höhere Gebühr zu entrichten ist, als für eine seltner erscheinende. Die weitre Entwicklung der periodischen Presse wird dadurch nicht gehemmt werden, da sich bei einer Vermehrung der Ausgaben einer Zeitung die durch Erhöhung der Postgebühr entstehende Preissteigerung stets in mäßigen Grenzen halten und gegenüber der Vergrößerung des Wertes der Zeitung für den Besteller kaum in Betracht kommen wird. Von einem bestimmten Vorschlage sehen wir ab, da ein solcher, wenn er sich nicht auf umfangreiche statistische Ermittlungen stützt, keinen Wert haben kann. Jedenfalls wird sich ein zweckmäßig gestalteter Zeitungstarif aus zweierlei zusammensetzen müssen, aus der festen Debitstaxe und einer nach der Häufig¬ keit des Erscheinens der Zeitungen abzustufenden Befördernngstaxe. Ein solcher Tarif, der dem Geldwert der Leistungen der Post möglichst genau an¬ gepaßt wäre, würde den Interessen der drei am Zeitungswesen beteiligten Parteien: des Verlegers, der Post und des Zeitungslesers in jeder Beziehung entsprechen und dazu beitragen, daß sich die deutsche Presse in Zukunft in F. H. gesunder Weise weiter entwickelt. Willibald Beyschlags Lebenserinnerungen (Schluß) le Teilnahme an Kinkels „Maikäferbund" tritt als eine völlig selbständige und, wenn man will, absonderliche Episode aus dem herkömmlichen Nahmen einer Thcologenlaufbahu heraus; gleich¬ wohl bildet sie in Beyschlags Erinnerungen einen leuchtenden und besonders anziehenden Teil. Dem Zauber der talentvollen und hochsinnigen Frau, die Gottfried Kinkel bald darauf heimführte, entzog sich der warmherzige und poetische Student nicht. „Ihr Wesen war ein¬ nehmend, von anmutiger Freiheit und Sicherheit, ohne unweibliche Zuthat und in einer Weise geistig ausgiebig, daß man darüber den Mangel an Jugend und Schönheit vergaß." Das tief und echt musikalische Naturell und die ebenso begeisterte als ernste Anschauung ihrer Kunst, die Frau Johanna eigen war, wirkten stark auf Beyschlags offne Empfänglichkeit, im ganzen hatte er das Gefühl, daß Johanna ihren geistvollen Verlobten durch eine gewisse Genialität überrage, „es war kein Zweifel, diese reiche, weibliche Künstlernatur war seine

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341863_223583/331>, abgerufen am 05.01.2025.