Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Viertes Vierteljahr.Maßgebliches und Unmaßgebliches Von der österreichischen Parteiwirrnis. Als der Graf Badeni vorm <Z^- . ^ ""es der so interessante" Exkommunikation des so interessanten Ba"er"vnIer>->^vMowM gar nichts zu erzählen weiß.
Maßgebliches und Unmaßgebliches Von der österreichischen Parteiwirrnis. Als der Graf Badeni vorm <Z^- . ^ ""es der so interessante» Exkommunikation des so interessanten Ba»er»vnIer>->^vMowM gar nichts zu erzählen weiß.
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0251" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/223835"/> </div> <div n="1"> <head> Maßgebliches und Unmaßgebliches</head><lb/> <div n="2"> <head> Von der österreichischen Parteiwirrnis.</head> <p xml:id="ID_788" next="#ID_789"> Als der Graf Badeni vorm<lb/> Jahre mit zwei polnischen Kollegen die Regierung übernahm, machten wir auf eine<lb/> eigentümliche Erscheinung in unsrer reichsdeutschcn Presse aufmerksam. Alle die<lb/> von unsern Zeitungen, die sich vorzugsweise ihrer nationalen Gesinnung rühme»,<lb/> sind erbitterte Polenfeinde und haben bis vor etwa anderthalb Jahren von Zeit<lb/> zu Zeit auch die polnische Wirtschaft in Galizien gegeißelt. Da es nun gerade<lb/> Badeui ist. unter dessen Statthalterschaft die wirklich abscheuliche polnische Adels¬<lb/> wirtschaft ihren höchsten Grad erreicht und die Bauern bis hart an die Schwelle des<lb/> Aufruhrs getrieben hat, und da die letzte That Badeuis in Galizien eine ganz<lb/> unerhörte Vergewaltigung der bäuerlichen Opposition bei den Landtagswahlen ge¬<lb/> wesen war, so durfte man erwarten, daß unsre nationalen Blätter erstens diese<lb/> Gelegenheit, das Treiben der galizischen Schlachtn wieder einmal zu geißeln, mit<lb/> Vergnügen benutze», und daß sie zweitens die Auslieferung von ganz Cisleithanien<lb/> an diese Schlachtn als eine empörende Vergewaltigung der Deutschen in Österreich<lb/> bekämpfen würden. Sie haben aber keins von beide» gethan; sie haben ihre»<lb/> Leser» von den in Galizien vorgcfallncn Schandthaten wenig oder nichts verrate»,<lb/> und sie habe» Badeni mit wohlwollender Höflichkeit begrüßt. Ähnlich habe» sie<lb/> sich jetzt wieder Verhalten bei zwei Gelegenheiten, die noch dazu geeignet waren,<lb/> ihre kulturkämpferischen Neigungen zu befriedigen. Am 6. Oktober wurde die<lb/> Regierung vou dem „liberalen" Grasen Kuenburg wegen der allzu freundliche»<lb/> Begrüßung des Salzburger Katholikentages durch deu Statthalter interpellirt, und<lb/> Baden! antwortete, der Statthalter habe die hochwichtige Versammlung selbstver¬<lb/> ständlich mit seiner Zustimmung begrüßt. Das hat ihm nicht allein für die Zu¬<lb/> kunft die Unterstützung der Klerikalen Österreichs gesichert, sondern auch die Ver¬<lb/> ehrung der rcichsdcutschen klerikalen Blätter, z. B. der Kölnischen Volkszeitung,<lb/> ""gebracht, während sich allerdings andre, aber weniger einflußreiche Zcntrums-<lb/> blätter noch mißtrauisch gegen ihn verhalten. A» dcmselbc» Tage wurde der<lb/> Dringlichkeitsantrag Lewnkowskis wegen Beschränkung des Versammlungsrechts in<lb/> Galizien verhandelt und am folgenden Tage nur darum abgelehnt, weil zur An-<lb/> "nhine der Dringlichkeit eine Zweidrittelmehrheit erfordert wird und die Jnng-<lb/> tsthecheu durch das Begräbnis des Abgeordneten Gregr am Erscheinen verhindert<lb/> waren; für die Dringlichkeit stimmten 106, dagegen nur 78 Abgeordnete, und<lb/> we>r stimmten sowohl die Antisemiten wie die Deutschliberalen gegen die Regierung,<lb/> deren Vertreter die Einschränkung der Versammlungsfreiheit u. a. damit recht¬<lb/> fertigten, daß die bäuerlichen Agitatoren die Autorität der Kirche, also der Hierarchie.<lb/> U'ttergrübeu. Mehr bedauernd als triumphirend wurde das in unsrer nationalen<lb/> -Presse berichtet,") und die interessanten Einzelheiten der Debatte hätte man ver¬<lb/> geblich darin gesucht. Daß „Gauner" und „Betrüger" noch zu deu höflichem uuter<lb/> °e« Titeln gehörten, mit denen der feurige Pernerstvrfer die k. k. Beamten schmückte,Rechnen wir nicht zum interessanten, aber folgende Stelle aus Luegers Rede<lb/> verdient gewiß die weiteste Verbreitung: „Wenn man bedenkt, daß es einen Be-<lb/> ^rkshcinptmann in Galizien gegeben hoben soll, der jenen Bauer, der gegen den<lb/> Schnaps predigte, einsperren ließ oder ihm wenigstens die Agitation verbot, dann</p><lb/> <note xml:id="FID_38" place="foot"> <Z^- . ^ ""es der so interessante» Exkommunikation des so interessanten Ba»er»vnIer>->^vMowM gar nichts zu erzählen weiß.</note><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0251]
Maßgebliches und Unmaßgebliches
Von der österreichischen Parteiwirrnis. Als der Graf Badeni vorm
Jahre mit zwei polnischen Kollegen die Regierung übernahm, machten wir auf eine
eigentümliche Erscheinung in unsrer reichsdeutschcn Presse aufmerksam. Alle die
von unsern Zeitungen, die sich vorzugsweise ihrer nationalen Gesinnung rühme»,
sind erbitterte Polenfeinde und haben bis vor etwa anderthalb Jahren von Zeit
zu Zeit auch die polnische Wirtschaft in Galizien gegeißelt. Da es nun gerade
Badeui ist. unter dessen Statthalterschaft die wirklich abscheuliche polnische Adels¬
wirtschaft ihren höchsten Grad erreicht und die Bauern bis hart an die Schwelle des
Aufruhrs getrieben hat, und da die letzte That Badeuis in Galizien eine ganz
unerhörte Vergewaltigung der bäuerlichen Opposition bei den Landtagswahlen ge¬
wesen war, so durfte man erwarten, daß unsre nationalen Blätter erstens diese
Gelegenheit, das Treiben der galizischen Schlachtn wieder einmal zu geißeln, mit
Vergnügen benutze», und daß sie zweitens die Auslieferung von ganz Cisleithanien
an diese Schlachtn als eine empörende Vergewaltigung der Deutschen in Österreich
bekämpfen würden. Sie haben aber keins von beide» gethan; sie haben ihre»
Leser» von den in Galizien vorgcfallncn Schandthaten wenig oder nichts verrate»,
und sie habe» Badeni mit wohlwollender Höflichkeit begrüßt. Ähnlich habe» sie
sich jetzt wieder Verhalten bei zwei Gelegenheiten, die noch dazu geeignet waren,
ihre kulturkämpferischen Neigungen zu befriedigen. Am 6. Oktober wurde die
Regierung vou dem „liberalen" Grasen Kuenburg wegen der allzu freundliche»
Begrüßung des Salzburger Katholikentages durch deu Statthalter interpellirt, und
Baden! antwortete, der Statthalter habe die hochwichtige Versammlung selbstver¬
ständlich mit seiner Zustimmung begrüßt. Das hat ihm nicht allein für die Zu¬
kunft die Unterstützung der Klerikalen Österreichs gesichert, sondern auch die Ver¬
ehrung der rcichsdcutschen klerikalen Blätter, z. B. der Kölnischen Volkszeitung,
""gebracht, während sich allerdings andre, aber weniger einflußreiche Zcntrums-
blätter noch mißtrauisch gegen ihn verhalten. A» dcmselbc» Tage wurde der
Dringlichkeitsantrag Lewnkowskis wegen Beschränkung des Versammlungsrechts in
Galizien verhandelt und am folgenden Tage nur darum abgelehnt, weil zur An-
"nhine der Dringlichkeit eine Zweidrittelmehrheit erfordert wird und die Jnng-
tsthecheu durch das Begräbnis des Abgeordneten Gregr am Erscheinen verhindert
waren; für die Dringlichkeit stimmten 106, dagegen nur 78 Abgeordnete, und
we>r stimmten sowohl die Antisemiten wie die Deutschliberalen gegen die Regierung,
deren Vertreter die Einschränkung der Versammlungsfreiheit u. a. damit recht¬
fertigten, daß die bäuerlichen Agitatoren die Autorität der Kirche, also der Hierarchie.
U'ttergrübeu. Mehr bedauernd als triumphirend wurde das in unsrer nationalen
-Presse berichtet,") und die interessanten Einzelheiten der Debatte hätte man ver¬
geblich darin gesucht. Daß „Gauner" und „Betrüger" noch zu deu höflichem uuter
°e« Titeln gehörten, mit denen der feurige Pernerstvrfer die k. k. Beamten schmückte,Rechnen wir nicht zum interessanten, aber folgende Stelle aus Luegers Rede
verdient gewiß die weiteste Verbreitung: „Wenn man bedenkt, daß es einen Be-
^rkshcinptmann in Galizien gegeben hoben soll, der jenen Bauer, der gegen den
Schnaps predigte, einsperren ließ oder ihm wenigstens die Agitation verbot, dann
<Z^- . ^ ""es der so interessante» Exkommunikation des so interessanten Ba»er»vnIer>->^vMowM gar nichts zu erzählen weiß.
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