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Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Viertes Vierteljahr.

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Erlebtes und Beobachtetes aus Rußland

auf die Dauer nicht ausführbar ist. Soll diese erreicht werden -- und daß
sie erstrebenswert ist, wird in den weitesten Kreisen anerkannt --, so wird
das nur möglich sein, wenn dieser Zweck klar ausgesprochen, die mit der Aus¬
führung beauftragte Behörde mit deu nötigen obrigkeitlichen Befugnissen,
namentlich aber mit Geldmitteln ausgerüstet und von den Entschließungen
des Verkäufers unabhängig gemacht wird. Es würde nicht nur nichts ent¬
gegenstehen, sondern sogar wünschenswert sein, dieser Behörde nach wie vor
auch die Befugnis zu lasten, Renten durch die Nentenbank abzulösen, die auf
den von Privaten gebildeten Nentengütern ruhen. Hierbei müßte sie aller¬
dings auf die Wahrnehmung fiskalischer Interessen -- Prüfung der Sicherheit
der Rente -- eingeschränkt werden. Dadurch wäre dann aber auch Privaten
im weitesten Maße Gelegenheit gegeben, das Werk der innern Kolonisation
mittelbar zu fördern, wie es anscheinend von der neuerdings gegründeten
Landbank beabsichtigt wird.

Die staatlichen Behörden können aber nur auf dem angegebnen Wege in
die Lage kommen, planmäßig an diese Aufgabe zu gehen, deren glückliche Lösung
den mannichfachsten Interessen des Vaterlandes zum Segen gereichen würde.




Erlebtes und Beobachtetes aus Rußland
Lin Nachklang zur Raiserkrönung
v Rurt Treusch von Buttlar on(Fortsetzung)
4

cis eben Gesagte giebt auch die Erklärung dafür, daß in den
letzten Jahrzehnten das Deutschtum so mancher Familie bis auf
den Namen dahingeschwunden ist. Wo einmal eine Russin in
eine deutsche Familie hineingeheiratet hat, da ist die Nussifizirung,
das kann man getrost sagen, nur eine Frage der Zeit; daß eine
Deutsche, die einem Russen die Hand reicht, dem Nusfentum verfallen ist, ist
selbstverständlich; im besten Falle wahrt sie sich noch für ihre Person die
deutsche Art.

In Petersburg wie in Moskau giebt es bekanntlich starke deutsche Kolonien.
Manche Familien in diesen Kolonien sind schon seit Peter dem Großen und


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auf die Dauer nicht ausführbar ist. Soll diese erreicht werden — und daß
sie erstrebenswert ist, wird in den weitesten Kreisen anerkannt —, so wird
das nur möglich sein, wenn dieser Zweck klar ausgesprochen, die mit der Aus¬
führung beauftragte Behörde mit deu nötigen obrigkeitlichen Befugnissen,
namentlich aber mit Geldmitteln ausgerüstet und von den Entschließungen
des Verkäufers unabhängig gemacht wird. Es würde nicht nur nichts ent¬
gegenstehen, sondern sogar wünschenswert sein, dieser Behörde nach wie vor
auch die Befugnis zu lasten, Renten durch die Nentenbank abzulösen, die auf
den von Privaten gebildeten Nentengütern ruhen. Hierbei müßte sie aller¬
dings auf die Wahrnehmung fiskalischer Interessen — Prüfung der Sicherheit
der Rente — eingeschränkt werden. Dadurch wäre dann aber auch Privaten
im weitesten Maße Gelegenheit gegeben, das Werk der innern Kolonisation
mittelbar zu fördern, wie es anscheinend von der neuerdings gegründeten
Landbank beabsichtigt wird.

Die staatlichen Behörden können aber nur auf dem angegebnen Wege in
die Lage kommen, planmäßig an diese Aufgabe zu gehen, deren glückliche Lösung
den mannichfachsten Interessen des Vaterlandes zum Segen gereichen würde.




Erlebtes und Beobachtetes aus Rußland
Lin Nachklang zur Raiserkrönung
v Rurt Treusch von Buttlar on(Fortsetzung)
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cis eben Gesagte giebt auch die Erklärung dafür, daß in den
letzten Jahrzehnten das Deutschtum so mancher Familie bis auf
den Namen dahingeschwunden ist. Wo einmal eine Russin in
eine deutsche Familie hineingeheiratet hat, da ist die Nussifizirung,
das kann man getrost sagen, nur eine Frage der Zeit; daß eine
Deutsche, die einem Russen die Hand reicht, dem Nusfentum verfallen ist, ist
selbstverständlich; im besten Falle wahrt sie sich noch für ihre Person die
deutsche Art.

In Petersburg wie in Moskau giebt es bekanntlich starke deutsche Kolonien.
Manche Familien in diesen Kolonien sind schon seit Peter dem Großen und


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[0134] Erlebtes und Beobachtetes aus Rußland auf die Dauer nicht ausführbar ist. Soll diese erreicht werden — und daß sie erstrebenswert ist, wird in den weitesten Kreisen anerkannt —, so wird das nur möglich sein, wenn dieser Zweck klar ausgesprochen, die mit der Aus¬ führung beauftragte Behörde mit deu nötigen obrigkeitlichen Befugnissen, namentlich aber mit Geldmitteln ausgerüstet und von den Entschließungen des Verkäufers unabhängig gemacht wird. Es würde nicht nur nichts ent¬ gegenstehen, sondern sogar wünschenswert sein, dieser Behörde nach wie vor auch die Befugnis zu lasten, Renten durch die Nentenbank abzulösen, die auf den von Privaten gebildeten Nentengütern ruhen. Hierbei müßte sie aller¬ dings auf die Wahrnehmung fiskalischer Interessen — Prüfung der Sicherheit der Rente — eingeschränkt werden. Dadurch wäre dann aber auch Privaten im weitesten Maße Gelegenheit gegeben, das Werk der innern Kolonisation mittelbar zu fördern, wie es anscheinend von der neuerdings gegründeten Landbank beabsichtigt wird. Die staatlichen Behörden können aber nur auf dem angegebnen Wege in die Lage kommen, planmäßig an diese Aufgabe zu gehen, deren glückliche Lösung den mannichfachsten Interessen des Vaterlandes zum Segen gereichen würde. Erlebtes und Beobachtetes aus Rußland Lin Nachklang zur Raiserkrönung v Rurt Treusch von Buttlar on(Fortsetzung) 4 cis eben Gesagte giebt auch die Erklärung dafür, daß in den letzten Jahrzehnten das Deutschtum so mancher Familie bis auf den Namen dahingeschwunden ist. Wo einmal eine Russin in eine deutsche Familie hineingeheiratet hat, da ist die Nussifizirung, das kann man getrost sagen, nur eine Frage der Zeit; daß eine Deutsche, die einem Russen die Hand reicht, dem Nusfentum verfallen ist, ist selbstverständlich; im besten Falle wahrt sie sich noch für ihre Person die deutsche Art. In Petersburg wie in Moskau giebt es bekanntlich starke deutsche Kolonien. Manche Familien in diesen Kolonien sind schon seit Peter dem Großen und

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341863_223583/134>, abgerufen am 05.01.2025.