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Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Erstes Vierteljahr.

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Ver Kampf in den Ostmarken
2. Die neuen Figuren und ihre Zuge

nsre beiden Borschläge werden manchem seltsam erscheinen; wir
wollen daher versuchen, sie auch dem Zweifler härtlich und an¬
nehmbar zu machen.

Ehe man aber erwarten darf, daß der mächtige Helfer im
Streit, der deutsche Erzengel Michael, für die Deutschen Partei
ergreift, muß man vor allem selbst Partei nehmen. Ja, Partei nehmen, und
sich der Partei unterordnen, das ist eine Sache, die dem Deutschen so schwer
wird. Er mochte immer unparteiisch sein.

Diese seltsam fürchterlichen Gedanken Dantes können sich auch die parteilosen
Deutschen gesagt sein lassen. Die Verblendung, denen die Polen im Jahre
^848 ihre Triumphe verdankten, weil sie es verstanden, sich in das Unschulds¬
kleid der Freiheit zu hüllen, ist noch immer nicht von den Deutschen gewichen.
Noch immer giebt es Querkopfe unter uns, die auf die Bedrängnis der Ballen
"n russischen Reiche hinweisen und sagen: Was wir dort für verwerflich halten,
dürfen wir selbst nicht gegen die Polen ausüben. Wenn diese Querkopfe
wenigstens so viel Gefühl für politische Vergeltung Hütten, daß sie sagten:
Eben weil wir die Unterdrückung der Deutschen in den Ostseeprovinzen nicht
hindern wollen oder können, darum wollen auch wir unterdrücken, so lange
es angeht, damit wir im ganzen keine Einbuße an der Ausdehnung des
deutschen Volkstums erleiden und der dortige Verlust hier wieder wett gemacht


Grenzboten 1 1896 57


Ver Kampf in den Ostmarken
2. Die neuen Figuren und ihre Zuge

nsre beiden Borschläge werden manchem seltsam erscheinen; wir
wollen daher versuchen, sie auch dem Zweifler härtlich und an¬
nehmbar zu machen.

Ehe man aber erwarten darf, daß der mächtige Helfer im
Streit, der deutsche Erzengel Michael, für die Deutschen Partei
ergreift, muß man vor allem selbst Partei nehmen. Ja, Partei nehmen, und
sich der Partei unterordnen, das ist eine Sache, die dem Deutschen so schwer
wird. Er mochte immer unparteiisch sein.

Diese seltsam fürchterlichen Gedanken Dantes können sich auch die parteilosen
Deutschen gesagt sein lassen. Die Verblendung, denen die Polen im Jahre
^848 ihre Triumphe verdankten, weil sie es verstanden, sich in das Unschulds¬
kleid der Freiheit zu hüllen, ist noch immer nicht von den Deutschen gewichen.
Noch immer giebt es Querkopfe unter uns, die auf die Bedrängnis der Ballen
"n russischen Reiche hinweisen und sagen: Was wir dort für verwerflich halten,
dürfen wir selbst nicht gegen die Polen ausüben. Wenn diese Querkopfe
wenigstens so viel Gefühl für politische Vergeltung Hütten, daß sie sagten:
Eben weil wir die Unterdrückung der Deutschen in den Ostseeprovinzen nicht
hindern wollen oder können, darum wollen auch wir unterdrücken, so lange
es angeht, damit wir im ganzen keine Einbuße an der Ausdehnung des
deutschen Volkstums erleiden und der dortige Verlust hier wieder wett gemacht


Grenzboten 1 1896 57
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[0457] [Abbildung] Ver Kampf in den Ostmarken 2. Die neuen Figuren und ihre Zuge nsre beiden Borschläge werden manchem seltsam erscheinen; wir wollen daher versuchen, sie auch dem Zweifler härtlich und an¬ nehmbar zu machen. Ehe man aber erwarten darf, daß der mächtige Helfer im Streit, der deutsche Erzengel Michael, für die Deutschen Partei ergreift, muß man vor allem selbst Partei nehmen. Ja, Partei nehmen, und sich der Partei unterordnen, das ist eine Sache, die dem Deutschen so schwer wird. Er mochte immer unparteiisch sein. Diese seltsam fürchterlichen Gedanken Dantes können sich auch die parteilosen Deutschen gesagt sein lassen. Die Verblendung, denen die Polen im Jahre ^848 ihre Triumphe verdankten, weil sie es verstanden, sich in das Unschulds¬ kleid der Freiheit zu hüllen, ist noch immer nicht von den Deutschen gewichen. Noch immer giebt es Querkopfe unter uns, die auf die Bedrängnis der Ballen "n russischen Reiche hinweisen und sagen: Was wir dort für verwerflich halten, dürfen wir selbst nicht gegen die Polen ausüben. Wenn diese Querkopfe wenigstens so viel Gefühl für politische Vergeltung Hütten, daß sie sagten: Eben weil wir die Unterdrückung der Deutschen in den Ostseeprovinzen nicht hindern wollen oder können, darum wollen auch wir unterdrücken, so lange es angeht, damit wir im ganzen keine Einbuße an der Ausdehnung des deutschen Volkstums erleiden und der dortige Verlust hier wieder wett gemacht Grenzboten 1 1896 57

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341863_221645/457>, abgerufen am 01.09.2024.