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Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Zweites Vierteljahr.

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Aufschrei, und in donnerndem Unisono besiegelt das Orchester das Unheil, das
über Santnzza und Lucia hereingebrochen ist.

Die Cavalleria ist das Werk eines noch unreifen, aber feurigen und hoch¬
begabten Geistes. Daß keine der weitern Opern Masengnis mehr einen gleichen
Erfolg zu verzeichnen gehabt hat, will bei einem nach so jungen Komponisten
nichts bedeuten. Es ist ja die Regel, daß auf übermüßige Erhebung ein ent¬
sprechender Rückgang eintritt- Deshalb glauben zu wollen, Maseagni habe
sich ausgegeben, wäre verfehlt. Die Schlappen sind ganz gesund für ihn,
denn sie zwingen ihn -- wenn er ehrgeizig ist, und das fcheint er ja reichlich
zu sein ^, tüchtig weiter zu arbeiten, um sich die Sporen immer wieder aufs
neue zu verdienen. Wenn er es fertig bringen sollte, seinen Geschmack zu
veredeln, wie das Verdi in so erstaunlicher Weise, leider nur zu spät, gelungen
ist, so wäre er imstande, uns Werke zu bescheren, an denen man seine un¬
getrübte Freude haben könnte.

(Fortsetzung folgt)




Sedini
(Fortsetzung)

le Begeisterung hielt an bei Franzi. Am zweiten Tage hatte
Janko einen Hauch von Farbe in die Zeichnung gebracht, und
dann war Sell, der Kunsthändler, gekommen. Er war entzückt
und machte Franzi ein Kompliment übers andre. Sie ging weg
und ließ die Männer allein, aber am andern Morgen trat
sie schon mit der Frage ein, was sie noch verhandelt hätten.
Sedini saß auf auf dem niedrigen Hocker und rauchte, die Leinwand für das
Bild war noch nicht aufgespannt. Er zog die Schultern in die Höhe.

Faber Kerl! Thut wie besessen wegen der Skizze, als obs was besondres
wär. Wenn das Bild fertig ist, will er sie auch haben, will allein dafür
zweihundert Mark zahlen und was nicht alles, und ich, wenn ich wollt, ich
würd ihm was hiumalen, daß er ganz still thät werden und schaun!

Dann thun Sie doch wollen!

Meinen Sie, Kind? Wie macht man denn das, wollen?

Franzi überlegte: Wie unser Brauner daheim den Fuß verletzt gehabt hat,
damals in der Ernte, und der Tierarzt gekommen ist, gerad wie von den
Mannsleuten keiner am Hof ist, und die Mägde alle davongelaufen sind vor
Angst, wie ich sie gerufen hab, und ich bin hingegangen und hab dem Roß
den Huf aufgehoben, da hab ich gewollt.

Er lächelte. Von Franzi ging Kraft aus, wie von der Sonne Wärme
ausgeht. Da haben Sie halt eine deutliche Vorstellung von der Notwendigkeit


Zchimi

Aufschrei, und in donnerndem Unisono besiegelt das Orchester das Unheil, das
über Santnzza und Lucia hereingebrochen ist.

Die Cavalleria ist das Werk eines noch unreifen, aber feurigen und hoch¬
begabten Geistes. Daß keine der weitern Opern Masengnis mehr einen gleichen
Erfolg zu verzeichnen gehabt hat, will bei einem nach so jungen Komponisten
nichts bedeuten. Es ist ja die Regel, daß auf übermüßige Erhebung ein ent¬
sprechender Rückgang eintritt- Deshalb glauben zu wollen, Maseagni habe
sich ausgegeben, wäre verfehlt. Die Schlappen sind ganz gesund für ihn,
denn sie zwingen ihn — wenn er ehrgeizig ist, und das fcheint er ja reichlich
zu sein ^, tüchtig weiter zu arbeiten, um sich die Sporen immer wieder aufs
neue zu verdienen. Wenn er es fertig bringen sollte, seinen Geschmack zu
veredeln, wie das Verdi in so erstaunlicher Weise, leider nur zu spät, gelungen
ist, so wäre er imstande, uns Werke zu bescheren, an denen man seine un¬
getrübte Freude haben könnte.

(Fortsetzung folgt)




Sedini
(Fortsetzung)

le Begeisterung hielt an bei Franzi. Am zweiten Tage hatte
Janko einen Hauch von Farbe in die Zeichnung gebracht, und
dann war Sell, der Kunsthändler, gekommen. Er war entzückt
und machte Franzi ein Kompliment übers andre. Sie ging weg
und ließ die Männer allein, aber am andern Morgen trat
sie schon mit der Frage ein, was sie noch verhandelt hätten.
Sedini saß auf auf dem niedrigen Hocker und rauchte, die Leinwand für das
Bild war noch nicht aufgespannt. Er zog die Schultern in die Höhe.

Faber Kerl! Thut wie besessen wegen der Skizze, als obs was besondres
wär. Wenn das Bild fertig ist, will er sie auch haben, will allein dafür
zweihundert Mark zahlen und was nicht alles, und ich, wenn ich wollt, ich
würd ihm was hiumalen, daß er ganz still thät werden und schaun!

Dann thun Sie doch wollen!

Meinen Sie, Kind? Wie macht man denn das, wollen?

Franzi überlegte: Wie unser Brauner daheim den Fuß verletzt gehabt hat,
damals in der Ernte, und der Tierarzt gekommen ist, gerad wie von den
Mannsleuten keiner am Hof ist, und die Mägde alle davongelaufen sind vor
Angst, wie ich sie gerufen hab, und ich bin hingegangen und hab dem Roß
den Huf aufgehoben, da hab ich gewollt.

Er lächelte. Von Franzi ging Kraft aus, wie von der Sonne Wärme
ausgeht. Da haben Sie halt eine deutliche Vorstellung von der Notwendigkeit


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[0197] Zchimi Aufschrei, und in donnerndem Unisono besiegelt das Orchester das Unheil, das über Santnzza und Lucia hereingebrochen ist. Die Cavalleria ist das Werk eines noch unreifen, aber feurigen und hoch¬ begabten Geistes. Daß keine der weitern Opern Masengnis mehr einen gleichen Erfolg zu verzeichnen gehabt hat, will bei einem nach so jungen Komponisten nichts bedeuten. Es ist ja die Regel, daß auf übermüßige Erhebung ein ent¬ sprechender Rückgang eintritt- Deshalb glauben zu wollen, Maseagni habe sich ausgegeben, wäre verfehlt. Die Schlappen sind ganz gesund für ihn, denn sie zwingen ihn — wenn er ehrgeizig ist, und das fcheint er ja reichlich zu sein ^, tüchtig weiter zu arbeiten, um sich die Sporen immer wieder aufs neue zu verdienen. Wenn er es fertig bringen sollte, seinen Geschmack zu veredeln, wie das Verdi in so erstaunlicher Weise, leider nur zu spät, gelungen ist, so wäre er imstande, uns Werke zu bescheren, an denen man seine un¬ getrübte Freude haben könnte. (Fortsetzung folgt) Sedini (Fortsetzung) le Begeisterung hielt an bei Franzi. Am zweiten Tage hatte Janko einen Hauch von Farbe in die Zeichnung gebracht, und dann war Sell, der Kunsthändler, gekommen. Er war entzückt und machte Franzi ein Kompliment übers andre. Sie ging weg und ließ die Männer allein, aber am andern Morgen trat sie schon mit der Frage ein, was sie noch verhandelt hätten. Sedini saß auf auf dem niedrigen Hocker und rauchte, die Leinwand für das Bild war noch nicht aufgespannt. Er zog die Schultern in die Höhe. Faber Kerl! Thut wie besessen wegen der Skizze, als obs was besondres wär. Wenn das Bild fertig ist, will er sie auch haben, will allein dafür zweihundert Mark zahlen und was nicht alles, und ich, wenn ich wollt, ich würd ihm was hiumalen, daß er ganz still thät werden und schaun! Dann thun Sie doch wollen! Meinen Sie, Kind? Wie macht man denn das, wollen? Franzi überlegte: Wie unser Brauner daheim den Fuß verletzt gehabt hat, damals in der Ernte, und der Tierarzt gekommen ist, gerad wie von den Mannsleuten keiner am Hof ist, und die Mägde alle davongelaufen sind vor Angst, wie ich sie gerufen hab, und ich bin hingegangen und hab dem Roß den Huf aufgehoben, da hab ich gewollt. Er lächelte. Von Franzi ging Kraft aus, wie von der Sonne Wärme ausgeht. Da haben Sie halt eine deutliche Vorstellung von der Notwendigkeit

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341861_219675/197>, abgerufen am 21.12.2024.