Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Viertes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Die gute Gesellschaft

mählich unmöglich geworden war, zu erneuern und zu vergrößern, mußte auch
das Urteil der militärischen Autoritäten des Reichs angerufen werden. Schon
Ende 1884 hat Moltke nach Gotha geschrieben, daß die baldige Vollendung
einer derartigen Karte, "die bestimmt ist, eine sich bisher in der Kartenlitte¬
ratur empfindlich bemerkbar machende Lücke auszufüllen, auch vom militärischen
Standpunkte aus mit Freuden begrüßt werden müßte"; und Anfang 1888,
als ihm fast alle Prvbeblätter vorgelegt werden konnten, gab er seiner Ge¬
nugthuung über die bald zu erwartende Ausgabe der Karte Ausdruck, indem
er, der sein Lob so sorgfältig abwog, das Werk in warmen Worten willkommen
hieß und Redaktion und technische Ausführung, Sichtung des Stoffs und
Geländezeichnung rühmend anerkannte. Dem Unternehmen wurde dann auch
dauernd Rat und Unterstützung der Behörden, der Generalstabe in Berlin,
München und Dresden zu teil.

Aber nicht das militärische Interesse allein soll und wird sich diesen schönen
Blättern zuwenden. Auch für eine Menge andrer Zwecke kann die Karte, die
für größere Reisen ebenso brauchbar ist, wie für die Geschäfts- und Verkehrs¬
welt, Nußen stiften, und die breitesten Schichten unsers Volkes haben Grund,
der geographischen Anstalt zu Gotha für ihre Gabe, der mau nationale Be¬
deutung zuerkennen muß, dankbar zu sein. Möge also Moltke auch Recht be¬
halten mit seiner "Überzeugung, daß dieses Kartenwerk schnell in den weitesten
Kreisen die beste Aufnahme finden und der Anstalt von allen Seiten die ver¬
diente volle Anerkennung gezollt werden wird."


E. Hammer


Die gute Gesellschaft

es will es nur gestehen, daß ich mich fürs Leben gern zur "guten
Gesellschaft" gezählt sähe. Als Inhaber eines siebensilbigen Titels
und Besitzer eines mir niedlichen buntem Vorstoß geschmückten
Knopflochs glaube ich, ein gewisses Recht darauf zu haben. Auf
der andern Seite verschweige ich mir nicht, daß wir, noch dazu
drei Treppen hoch, in der Nordvorstadt wohnen, die Fran Wirkliche Geheime
Oberregieruugsrat Meyer neulich durchaus nicht als fashionable gelten lassen
wollte, daß wir weder im Theater noch im Konzerthaus abonnirt haben, daß
wir unsre jünger" Kinder nur zur Bürgerschule schicken, daß wir wenig in


Die gute Gesellschaft

mählich unmöglich geworden war, zu erneuern und zu vergrößern, mußte auch
das Urteil der militärischen Autoritäten des Reichs angerufen werden. Schon
Ende 1884 hat Moltke nach Gotha geschrieben, daß die baldige Vollendung
einer derartigen Karte, „die bestimmt ist, eine sich bisher in der Kartenlitte¬
ratur empfindlich bemerkbar machende Lücke auszufüllen, auch vom militärischen
Standpunkte aus mit Freuden begrüßt werden müßte"; und Anfang 1888,
als ihm fast alle Prvbeblätter vorgelegt werden konnten, gab er seiner Ge¬
nugthuung über die bald zu erwartende Ausgabe der Karte Ausdruck, indem
er, der sein Lob so sorgfältig abwog, das Werk in warmen Worten willkommen
hieß und Redaktion und technische Ausführung, Sichtung des Stoffs und
Geländezeichnung rühmend anerkannte. Dem Unternehmen wurde dann auch
dauernd Rat und Unterstützung der Behörden, der Generalstabe in Berlin,
München und Dresden zu teil.

Aber nicht das militärische Interesse allein soll und wird sich diesen schönen
Blättern zuwenden. Auch für eine Menge andrer Zwecke kann die Karte, die
für größere Reisen ebenso brauchbar ist, wie für die Geschäfts- und Verkehrs¬
welt, Nußen stiften, und die breitesten Schichten unsers Volkes haben Grund,
der geographischen Anstalt zu Gotha für ihre Gabe, der mau nationale Be¬
deutung zuerkennen muß, dankbar zu sein. Möge also Moltke auch Recht be¬
halten mit seiner „Überzeugung, daß dieses Kartenwerk schnell in den weitesten
Kreisen die beste Aufnahme finden und der Anstalt von allen Seiten die ver¬
diente volle Anerkennung gezollt werden wird."


E. Hammer


Die gute Gesellschaft

es will es nur gestehen, daß ich mich fürs Leben gern zur „guten
Gesellschaft" gezählt sähe. Als Inhaber eines siebensilbigen Titels
und Besitzer eines mir niedlichen buntem Vorstoß geschmückten
Knopflochs glaube ich, ein gewisses Recht darauf zu haben. Auf
der andern Seite verschweige ich mir nicht, daß wir, noch dazu
drei Treppen hoch, in der Nordvorstadt wohnen, die Fran Wirkliche Geheime
Oberregieruugsrat Meyer neulich durchaus nicht als fashionable gelten lassen
wollte, daß wir weder im Theater noch im Konzerthaus abonnirt haben, daß
wir unsre jünger» Kinder nur zur Bürgerschule schicken, daß wir wenig in


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0638" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/216362"/>
          <fw type="header" place="top"> Die gute Gesellschaft</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_2471" prev="#ID_2470"> mählich unmöglich geworden war, zu erneuern und zu vergrößern, mußte auch<lb/>
das Urteil der militärischen Autoritäten des Reichs angerufen werden. Schon<lb/>
Ende 1884 hat Moltke nach Gotha geschrieben, daß die baldige Vollendung<lb/>
einer derartigen Karte, &#x201E;die bestimmt ist, eine sich bisher in der Kartenlitte¬<lb/>
ratur empfindlich bemerkbar machende Lücke auszufüllen, auch vom militärischen<lb/>
Standpunkte aus mit Freuden begrüßt werden müßte"; und Anfang 1888,<lb/>
als ihm fast alle Prvbeblätter vorgelegt werden konnten, gab er seiner Ge¬<lb/>
nugthuung über die bald zu erwartende Ausgabe der Karte Ausdruck, indem<lb/>
er, der sein Lob so sorgfältig abwog, das Werk in warmen Worten willkommen<lb/>
hieß und Redaktion und technische Ausführung, Sichtung des Stoffs und<lb/>
Geländezeichnung rühmend anerkannte. Dem Unternehmen wurde dann auch<lb/>
dauernd Rat und Unterstützung der Behörden, der Generalstabe in Berlin,<lb/>
München und Dresden zu teil.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_2472"> Aber nicht das militärische Interesse allein soll und wird sich diesen schönen<lb/>
Blättern zuwenden. Auch für eine Menge andrer Zwecke kann die Karte, die<lb/>
für größere Reisen ebenso brauchbar ist, wie für die Geschäfts- und Verkehrs¬<lb/>
welt, Nußen stiften, und die breitesten Schichten unsers Volkes haben Grund,<lb/>
der geographischen Anstalt zu Gotha für ihre Gabe, der mau nationale Be¬<lb/>
deutung zuerkennen muß, dankbar zu sein. Möge also Moltke auch Recht be¬<lb/>
halten mit seiner &#x201E;Überzeugung, daß dieses Kartenwerk schnell in den weitesten<lb/>
Kreisen die beste Aufnahme finden und der Anstalt von allen Seiten die ver¬<lb/>
diente volle Anerkennung gezollt werden wird."</p><lb/>
          <note type="byline"> E. Hammer</note><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Die gute Gesellschaft</head><lb/>
          <p xml:id="ID_2473" next="#ID_2474"> es will es nur gestehen, daß ich mich fürs Leben gern zur &#x201E;guten<lb/>
Gesellschaft" gezählt sähe. Als Inhaber eines siebensilbigen Titels<lb/>
und Besitzer eines mir niedlichen buntem Vorstoß geschmückten<lb/>
Knopflochs glaube ich, ein gewisses Recht darauf zu haben. Auf<lb/>
der andern Seite verschweige ich mir nicht, daß wir, noch dazu<lb/>
drei Treppen hoch, in der Nordvorstadt wohnen, die Fran Wirkliche Geheime<lb/>
Oberregieruugsrat Meyer neulich durchaus nicht als fashionable gelten lassen<lb/>
wollte, daß wir weder im Theater noch im Konzerthaus abonnirt haben, daß<lb/>
wir unsre jünger» Kinder nur zur Bürgerschule schicken, daß wir wenig in</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0638] Die gute Gesellschaft mählich unmöglich geworden war, zu erneuern und zu vergrößern, mußte auch das Urteil der militärischen Autoritäten des Reichs angerufen werden. Schon Ende 1884 hat Moltke nach Gotha geschrieben, daß die baldige Vollendung einer derartigen Karte, „die bestimmt ist, eine sich bisher in der Kartenlitte¬ ratur empfindlich bemerkbar machende Lücke auszufüllen, auch vom militärischen Standpunkte aus mit Freuden begrüßt werden müßte"; und Anfang 1888, als ihm fast alle Prvbeblätter vorgelegt werden konnten, gab er seiner Ge¬ nugthuung über die bald zu erwartende Ausgabe der Karte Ausdruck, indem er, der sein Lob so sorgfältig abwog, das Werk in warmen Worten willkommen hieß und Redaktion und technische Ausführung, Sichtung des Stoffs und Geländezeichnung rühmend anerkannte. Dem Unternehmen wurde dann auch dauernd Rat und Unterstützung der Behörden, der Generalstabe in Berlin, München und Dresden zu teil. Aber nicht das militärische Interesse allein soll und wird sich diesen schönen Blättern zuwenden. Auch für eine Menge andrer Zwecke kann die Karte, die für größere Reisen ebenso brauchbar ist, wie für die Geschäfts- und Verkehrs¬ welt, Nußen stiften, und die breitesten Schichten unsers Volkes haben Grund, der geographischen Anstalt zu Gotha für ihre Gabe, der mau nationale Be¬ deutung zuerkennen muß, dankbar zu sein. Möge also Moltke auch Recht be¬ halten mit seiner „Überzeugung, daß dieses Kartenwerk schnell in den weitesten Kreisen die beste Aufnahme finden und der Anstalt von allen Seiten die ver¬ diente volle Anerkennung gezollt werden wird." E. Hammer Die gute Gesellschaft es will es nur gestehen, daß ich mich fürs Leben gern zur „guten Gesellschaft" gezählt sähe. Als Inhaber eines siebensilbigen Titels und Besitzer eines mir niedlichen buntem Vorstoß geschmückten Knopflochs glaube ich, ein gewisses Recht darauf zu haben. Auf der andern Seite verschweige ich mir nicht, daß wir, noch dazu drei Treppen hoch, in der Nordvorstadt wohnen, die Fran Wirkliche Geheime Oberregieruugsrat Meyer neulich durchaus nicht als fashionable gelten lassen wollte, daß wir weder im Theater noch im Konzerthaus abonnirt haben, daß wir unsre jünger» Kinder nur zur Bürgerschule schicken, daß wir wenig in

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341857_215723
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341857_215723/638
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341857_215723/638>, abgerufen am 27.06.2024.