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Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Viertes Vierteljahr.

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Weiteres zur ^teuerfrage und zur Finanzreform

is im Herbst 1892 von der Reichsregierung die Vorlage wegen
Verstärkung unsers Heeres an den Reichstag gebracht wurde,
war leider von Anfang an die Finanzfrage damit so verquickt
worden, daß die Reichsregierung auch dem nengewühlten Reichs¬
tage gegenüber genötigt wurde, die Vorlage über die Bier- und
Branntweinsteuer aufzugeben.

Die große Aufregung aber, in die durch die neuesten Steuerpläne der
Reichsregierung wegen der Weiusteuer und der Tabaksteuer alle beteiligten Kreise
versetzt worden sind, hat die Aufmerksamkeit vou den andern Steuern und
namentlich auch von denen, über deren Gerechtigkeit wenigstens im allgemeinen
Einverständnis herrscht, abgelenkt. Unsers Erachtens sollten die Kreise, die
sich dnrch die Steuerpläne der Regierung bedroht glauben, nicht bloß die Ge¬
fahren dieser Pläne für sie selbst darlegen, sondern auch auf die Wege auf¬
merksam machen, die zur Erzielung höherer Einnahmen des Reichs besser
gangbar erscheinen.

Wenn es nun auch zur Herbeiführung einer richtigern Finanzwirtschaft
sowohl im Reiche als in den Einzelstaaten sehr erwünscht ist, daß sich das
Reich neue Einnahmen in viel größerer Höhe als 55 Millionen Mark (die
Kosten der neuen Heeresverstärknng) erschließe und womöglich nicht bloß 100,
sondern 150 Millionen Mark Mehreinnahmen erlange, um viele Ausgabe-
Posten des außerordentlichen Etats richtiger in den ordentlichen Etat ein¬
reihen und auf die Schuldentilgung jährlich nicht bloß fünf, sondern etwa
dreißig Millionen Mark verwenden zu können, so erscheint es doch bei den
Schwierigkeiten, mit denen man bei jeder Steuererhöhung zu kämpfen hat, und
um zur Wahrung der Gerechtigkeit zunächst die erträglichsten Steuern fcst-


Grenzboten IV 1893 50


Weiteres zur ^teuerfrage und zur Finanzreform

is im Herbst 1892 von der Reichsregierung die Vorlage wegen
Verstärkung unsers Heeres an den Reichstag gebracht wurde,
war leider von Anfang an die Finanzfrage damit so verquickt
worden, daß die Reichsregierung auch dem nengewühlten Reichs¬
tage gegenüber genötigt wurde, die Vorlage über die Bier- und
Branntweinsteuer aufzugeben.

Die große Aufregung aber, in die durch die neuesten Steuerpläne der
Reichsregierung wegen der Weiusteuer und der Tabaksteuer alle beteiligten Kreise
versetzt worden sind, hat die Aufmerksamkeit vou den andern Steuern und
namentlich auch von denen, über deren Gerechtigkeit wenigstens im allgemeinen
Einverständnis herrscht, abgelenkt. Unsers Erachtens sollten die Kreise, die
sich dnrch die Steuerpläne der Regierung bedroht glauben, nicht bloß die Ge¬
fahren dieser Pläne für sie selbst darlegen, sondern auch auf die Wege auf¬
merksam machen, die zur Erzielung höherer Einnahmen des Reichs besser
gangbar erscheinen.

Wenn es nun auch zur Herbeiführung einer richtigern Finanzwirtschaft
sowohl im Reiche als in den Einzelstaaten sehr erwünscht ist, daß sich das
Reich neue Einnahmen in viel größerer Höhe als 55 Millionen Mark (die
Kosten der neuen Heeresverstärknng) erschließe und womöglich nicht bloß 100,
sondern 150 Millionen Mark Mehreinnahmen erlange, um viele Ausgabe-
Posten des außerordentlichen Etats richtiger in den ordentlichen Etat ein¬
reihen und auf die Schuldentilgung jährlich nicht bloß fünf, sondern etwa
dreißig Millionen Mark verwenden zu können, so erscheint es doch bei den
Schwierigkeiten, mit denen man bei jeder Steuererhöhung zu kämpfen hat, und
um zur Wahrung der Gerechtigkeit zunächst die erträglichsten Steuern fcst-


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[0401] [Abbildung] Weiteres zur ^teuerfrage und zur Finanzreform is im Herbst 1892 von der Reichsregierung die Vorlage wegen Verstärkung unsers Heeres an den Reichstag gebracht wurde, war leider von Anfang an die Finanzfrage damit so verquickt worden, daß die Reichsregierung auch dem nengewühlten Reichs¬ tage gegenüber genötigt wurde, die Vorlage über die Bier- und Branntweinsteuer aufzugeben. Die große Aufregung aber, in die durch die neuesten Steuerpläne der Reichsregierung wegen der Weiusteuer und der Tabaksteuer alle beteiligten Kreise versetzt worden sind, hat die Aufmerksamkeit vou den andern Steuern und namentlich auch von denen, über deren Gerechtigkeit wenigstens im allgemeinen Einverständnis herrscht, abgelenkt. Unsers Erachtens sollten die Kreise, die sich dnrch die Steuerpläne der Regierung bedroht glauben, nicht bloß die Ge¬ fahren dieser Pläne für sie selbst darlegen, sondern auch auf die Wege auf¬ merksam machen, die zur Erzielung höherer Einnahmen des Reichs besser gangbar erscheinen. Wenn es nun auch zur Herbeiführung einer richtigern Finanzwirtschaft sowohl im Reiche als in den Einzelstaaten sehr erwünscht ist, daß sich das Reich neue Einnahmen in viel größerer Höhe als 55 Millionen Mark (die Kosten der neuen Heeresverstärknng) erschließe und womöglich nicht bloß 100, sondern 150 Millionen Mark Mehreinnahmen erlange, um viele Ausgabe- Posten des außerordentlichen Etats richtiger in den ordentlichen Etat ein¬ reihen und auf die Schuldentilgung jährlich nicht bloß fünf, sondern etwa dreißig Millionen Mark verwenden zu können, so erscheint es doch bei den Schwierigkeiten, mit denen man bei jeder Steuererhöhung zu kämpfen hat, und um zur Wahrung der Gerechtigkeit zunächst die erträglichsten Steuern fcst- Grenzboten IV 1893 50

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341857_215723/401>, abgerufen am 27.06.2024.