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Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Viertes Vierteljahr.

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Manöverbetrachtungen eines Beteiligten

le Man "verbrieft.', die während des Spätsommers in vielen Zei¬
tungen eine stehende Rubrik bilden, werden meist von unbeteiligten
Zuschauern geschrieben, oft genug von solchen, die nie des Königs
Rock getragen haben. Sie bekunden denn auch häufig eine grau¬
same Unkenntnis in militärischen Dingen, nud ihre Verfasser
haben nnr die äußere Schale gesehen. Gleichwohl werden diese Berichte eifrig
gelesen, und das ist kein Wunder: der biedere Staatsbürger will etwas hören
über deu Verlauf dieser Herbstprüfuugeu des Heeres, und die farbenreichen
Schilderungen der heißen Friedensschlachten und der strammen Parademärsche
erfüllen sein Männerherz mit einem Gefühle der Befriedigung und der Sicher¬
heit, das ihm wohl zu gönnen ist. So finden denn wohl auch einige nachträg¬
liche Bemerkungen noch Beachtung, die mehr allgemein gehalten sind und ein
paar Eindrücke wiedergeben, die einer empfangen hat, der mit dabei war.

Über das Landschaftliche will ich mich kurz fassen, obschon unser Übungs-
geläude auch in dieser Beziehung wahrlich nicht des Reizes entbehrte. Der
Brigadeexerzierplatz, eine Hochebene in der Hainleite, bot nach Südwesten den
Blick zum Inselberg, im Südosten zeichnete sich der langgestreckte Ettersberg
gegen den Horizont ab, und im Norden ragte der Brocken so deutlich auf,
daß mau bei guter Beleuchtung mit bloßem Auge das Gasthaus erkennen konnte.
Die Gefechtsübungen führten uns später über das Khffhäusergebirge, dicht an
dem Denkmal vorbei, das schou an dem massigen Unterban erkennen läßt, wie
großartig es werden wird, alter durch die goldne Ane bis hart an den Harz
hinan. Eine Kompagnie lag den einen Tag in dem waldnmrauschten, von
hohen Bergwänden eingeschlossenen Zorge in Quartier. Ju den letzten Tagen,
die zwischen Eisleben und Sangerhausen spielten, grüßte bereits wieder von
Osten herüber der Petersberg und mahnte an die bevorstehenden Wintergenüsse


Grtii.^oder IV tW3


Manöverbetrachtungen eines Beteiligten

le Man »verbrieft.', die während des Spätsommers in vielen Zei¬
tungen eine stehende Rubrik bilden, werden meist von unbeteiligten
Zuschauern geschrieben, oft genug von solchen, die nie des Königs
Rock getragen haben. Sie bekunden denn auch häufig eine grau¬
same Unkenntnis in militärischen Dingen, nud ihre Verfasser
haben nnr die äußere Schale gesehen. Gleichwohl werden diese Berichte eifrig
gelesen, und das ist kein Wunder: der biedere Staatsbürger will etwas hören
über deu Verlauf dieser Herbstprüfuugeu des Heeres, und die farbenreichen
Schilderungen der heißen Friedensschlachten und der strammen Parademärsche
erfüllen sein Männerherz mit einem Gefühle der Befriedigung und der Sicher¬
heit, das ihm wohl zu gönnen ist. So finden denn wohl auch einige nachträg¬
liche Bemerkungen noch Beachtung, die mehr allgemein gehalten sind und ein
paar Eindrücke wiedergeben, die einer empfangen hat, der mit dabei war.

Über das Landschaftliche will ich mich kurz fassen, obschon unser Übungs-
geläude auch in dieser Beziehung wahrlich nicht des Reizes entbehrte. Der
Brigadeexerzierplatz, eine Hochebene in der Hainleite, bot nach Südwesten den
Blick zum Inselberg, im Südosten zeichnete sich der langgestreckte Ettersberg
gegen den Horizont ab, und im Norden ragte der Brocken so deutlich auf,
daß mau bei guter Beleuchtung mit bloßem Auge das Gasthaus erkennen konnte.
Die Gefechtsübungen führten uns später über das Khffhäusergebirge, dicht an
dem Denkmal vorbei, das schou an dem massigen Unterban erkennen läßt, wie
großartig es werden wird, alter durch die goldne Ane bis hart an den Harz
hinan. Eine Kompagnie lag den einen Tag in dem waldnmrauschten, von
hohen Bergwänden eingeschlossenen Zorge in Quartier. Ju den letzten Tagen,
die zwischen Eisleben und Sangerhausen spielten, grüßte bereits wieder von
Osten herüber der Petersberg und mahnte an die bevorstehenden Wintergenüsse


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[0105] [Abbildung] Manöverbetrachtungen eines Beteiligten le Man »verbrieft.', die während des Spätsommers in vielen Zei¬ tungen eine stehende Rubrik bilden, werden meist von unbeteiligten Zuschauern geschrieben, oft genug von solchen, die nie des Königs Rock getragen haben. Sie bekunden denn auch häufig eine grau¬ same Unkenntnis in militärischen Dingen, nud ihre Verfasser haben nnr die äußere Schale gesehen. Gleichwohl werden diese Berichte eifrig gelesen, und das ist kein Wunder: der biedere Staatsbürger will etwas hören über deu Verlauf dieser Herbstprüfuugeu des Heeres, und die farbenreichen Schilderungen der heißen Friedensschlachten und der strammen Parademärsche erfüllen sein Männerherz mit einem Gefühle der Befriedigung und der Sicher¬ heit, das ihm wohl zu gönnen ist. So finden denn wohl auch einige nachträg¬ liche Bemerkungen noch Beachtung, die mehr allgemein gehalten sind und ein paar Eindrücke wiedergeben, die einer empfangen hat, der mit dabei war. Über das Landschaftliche will ich mich kurz fassen, obschon unser Übungs- geläude auch in dieser Beziehung wahrlich nicht des Reizes entbehrte. Der Brigadeexerzierplatz, eine Hochebene in der Hainleite, bot nach Südwesten den Blick zum Inselberg, im Südosten zeichnete sich der langgestreckte Ettersberg gegen den Horizont ab, und im Norden ragte der Brocken so deutlich auf, daß mau bei guter Beleuchtung mit bloßem Auge das Gasthaus erkennen konnte. Die Gefechtsübungen führten uns später über das Khffhäusergebirge, dicht an dem Denkmal vorbei, das schou an dem massigen Unterban erkennen läßt, wie großartig es werden wird, alter durch die goldne Ane bis hart an den Harz hinan. Eine Kompagnie lag den einen Tag in dem waldnmrauschten, von hohen Bergwänden eingeschlossenen Zorge in Quartier. Ju den letzten Tagen, die zwischen Eisleben und Sangerhausen spielten, grüßte bereits wieder von Osten herüber der Petersberg und mahnte an die bevorstehenden Wintergenüsse Grtii.^oder IV tW3

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341857_215723/105>, abgerufen am 27.06.2024.