Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Drittes Vierteljahr.Wir Journalistett war es, was die Kompanie befähigte, als Siegerin aus dem Kampfe der Wir Journalisten von einem Journalisten s giebt immer noch Leute, die an der alten Phrase Gefallen Gegen die blinde Gläubigkeit des zeitunglesenden Publikums hat einmal Wir Journalistett war es, was die Kompanie befähigte, als Siegerin aus dem Kampfe der Wir Journalisten von einem Journalisten s giebt immer noch Leute, die an der alten Phrase Gefallen Gegen die blinde Gläubigkeit des zeitunglesenden Publikums hat einmal <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0560" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/215650"/> <fw type="header" place="top"> Wir Journalistett</fw><lb/> <p xml:id="ID_1928" prev="#ID_1927"> war es, was die Kompanie befähigte, als Siegerin aus dem Kampfe der<lb/> indischen Mächte hervorzugehen. Nicht irgend welche fabelhaften Eigenschaften<lb/> der angelsächsischen Rasse, sondern die überlegne Kriegskunst und Disziplin<lb/> Enropas hat Indien unter die Herrschaft der Engländer gebracht.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Wir Journalisten<lb/><note type="byline"> von einem Journalisten</note></head><lb/> <p xml:id="ID_1929"> s giebt immer noch Leute, die an der alten Phrase Gefallen<lb/> finden, die Presse sei „das Organ der öffentlichen Meinung"!<lb/> sogar Freisinnige sollen noch hie und da diesen Kalauer ernst<lb/> nehmen, trotz der famosen Ausschließung der Presse von dem<lb/> letzten Parteitag. An diese Gläubigen wende ich mich nicht;<lb/> die fühlen sich nun einmal glücklich dabei, wenn sie alles, was sich eine Re¬<lb/> daktion aus den Fingern saugt oder aus ihrer „Hofluft" greift, als Ausdruck<lb/> dieser erhabnen «xinio unvlio» betrachten dürfen. Ich Streite mich anch nicht<lb/> mehr, wie früher wohl zuweilen, über den „wahren Beruf der Presse," über<lb/> ihre volkscrziehende, aufklärende, wissenverbreitende Thätigkeit, ich Null auch<lb/> keine Parallelen ziehen zwischen Aussprüchen von hoher und höchster Stelle,<lb/> die den Zeitungsschreiber gewissermaßen für vogelfrei erklären, und kürzlich ge¬<lb/> hörten fürstlichen und Miuistcrnrteilen, die der Presse eine sehr hohe Stelle<lb/> anweisen, so hoch, daß es selbst als demokratisch verdächtigen Journalisten so<lb/> gewaltig in die Krone fuhr, daß sie seitdem den umgekehrten Gang wie Teil<lb/> durchgemacht haben und hente von der Milch der frommen Denkart überlaufen.<lb/> Ich möchte hier nur vor verständigen Leuten — und wo fände ich sie voll¬<lb/> zähliger beisammen, als unter den Lesern der Grenzboten — einmal die Frage<lb/> erörtern, wie der Widerspruch zu erklären ist, daß selbst das aufgeklärte Publikum<lb/> den Zeitungen einen so weitgehenden Glauben schenkt, dem gedruckten Wort<lb/> so viel Autorität beilegt, aber die Journalisten als Stand weder gesellschaft¬<lb/> lich noch anch nur sozial anerkennt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1930" next="#ID_1931"> Gegen die blinde Gläubigkeit des zeitunglesenden Publikums hat einmal<lb/> vor langer Zeit ein Sonderling einen gewaltigen Feldzug eröffnet, das war<lb/> der treffliche Wuttke, der grimmige Großdeutsche mit dem ehrlichen Herzen.<lb/> Sein Buch über die Zeitungen und die öffentliche Meinung in Deutschland<lb/> machte viel Aufsehen, aber es ist heute kaum mehr bekannt, denn die Presse<lb/> hat es wohlweislich totgeschwiegen. Die Solidarität der Presse in solchen</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0560]
Wir Journalistett
war es, was die Kompanie befähigte, als Siegerin aus dem Kampfe der
indischen Mächte hervorzugehen. Nicht irgend welche fabelhaften Eigenschaften
der angelsächsischen Rasse, sondern die überlegne Kriegskunst und Disziplin
Enropas hat Indien unter die Herrschaft der Engländer gebracht.
Wir Journalisten
von einem Journalisten
s giebt immer noch Leute, die an der alten Phrase Gefallen
finden, die Presse sei „das Organ der öffentlichen Meinung"!
sogar Freisinnige sollen noch hie und da diesen Kalauer ernst
nehmen, trotz der famosen Ausschließung der Presse von dem
letzten Parteitag. An diese Gläubigen wende ich mich nicht;
die fühlen sich nun einmal glücklich dabei, wenn sie alles, was sich eine Re¬
daktion aus den Fingern saugt oder aus ihrer „Hofluft" greift, als Ausdruck
dieser erhabnen «xinio unvlio» betrachten dürfen. Ich Streite mich anch nicht
mehr, wie früher wohl zuweilen, über den „wahren Beruf der Presse," über
ihre volkscrziehende, aufklärende, wissenverbreitende Thätigkeit, ich Null auch
keine Parallelen ziehen zwischen Aussprüchen von hoher und höchster Stelle,
die den Zeitungsschreiber gewissermaßen für vogelfrei erklären, und kürzlich ge¬
hörten fürstlichen und Miuistcrnrteilen, die der Presse eine sehr hohe Stelle
anweisen, so hoch, daß es selbst als demokratisch verdächtigen Journalisten so
gewaltig in die Krone fuhr, daß sie seitdem den umgekehrten Gang wie Teil
durchgemacht haben und hente von der Milch der frommen Denkart überlaufen.
Ich möchte hier nur vor verständigen Leuten — und wo fände ich sie voll¬
zähliger beisammen, als unter den Lesern der Grenzboten — einmal die Frage
erörtern, wie der Widerspruch zu erklären ist, daß selbst das aufgeklärte Publikum
den Zeitungen einen so weitgehenden Glauben schenkt, dem gedruckten Wort
so viel Autorität beilegt, aber die Journalisten als Stand weder gesellschaft¬
lich noch anch nur sozial anerkennt.
Gegen die blinde Gläubigkeit des zeitunglesenden Publikums hat einmal
vor langer Zeit ein Sonderling einen gewaltigen Feldzug eröffnet, das war
der treffliche Wuttke, der grimmige Großdeutsche mit dem ehrlichen Herzen.
Sein Buch über die Zeitungen und die öffentliche Meinung in Deutschland
machte viel Aufsehen, aber es ist heute kaum mehr bekannt, denn die Presse
hat es wohlweislich totgeschwiegen. Die Solidarität der Presse in solchen
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