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Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Drittes Vierteljahr.

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Aufklärungen über studentische Dinge

mähliche Hinführung der wirklichen Zustände zum Vernunftgemäßen, zur Idee,
setzt Fichte die Aufgabe der Politik. Sie ist ihm die Kunst, die den gegebnen
Staat dem Veruuuftstaate immer mehr annähert. Wenn nun im Vernunft¬
staate nach Fichte jeder sein Teil erhalten soll, um möglichst angenehm leben
zu können, so ist es also Aufgabe der Politik, jedem, wie Fichte sich ausdrückt,
"allmählich zu dem Seinigen zu verhelfen." Zeller hat darum ein gutes Recht,
in seiner Abhandlung über "I. G. Fichte als Politiker" die Besonnenheit an
Fichtes Sozialismus zu rühmen, die er trotz aller seiner Mängel habe. Auch
der preußische Finanzminister erkannte diese Besonnenheit an, als er Fichte auf
die Zusendung seiner Schrift schrieb, er finde in ihr das Ideal des Staates
aufgestellt, nach dein zu streben jedem Staatsdiener, der an der Administration
teil habe, Pflicht sein sollte. "Ob dieses Ideal jemals erreicht werden kann,
daran zweifeln Sie selbst, allein das schadet auch nicht der Vollkommenheit
des Werkes." Diese Worte zeigen, daß sich Fichte, dem durch Drängen der
kursächsischen Regierung seine Stellung in Jena unmöglich gemacht worden
war, nicht geirrt hatte, wenn er die Schrift, die er für seine beste hielt, dem
Preußischen Finanzminister widmete "als einem der ersten Staatsbeamten der
Monarchie, in welcher ich einen Zufluchtsort fand, als ich in den übrigen
Teilen meines deutschen Vaterlandes mir keinen versprechen durfte."




Aufklärungen über studentische Dinge
2

em Begriffsvermögen des Philisters am nächsten und bequemsten
liegt heutzutage das Korps. Das Publikum begeht zwar all¬
gemein den Irrtum, auch die übrigen Verbindungsarten einfach
als Korps anzurechnen; dutzeudfältig erlebt so ein armer Korps¬
fuchs, der zum erstenmale hochgeschwellt in die Ferien zurück¬
kehrt, die trostlose Enttäuschung, daß die Tante oder Cousine meint, der und
der sei ja auch in einem Korps, während der Beklagenswerte thatsächlich bloß
"Büchsier" (Burschenschafter) oder gar nur "schlagender 0. Q.-Mann" ist, und,
was noch das schlimmste ist, die Bekehrungsversuche unsers Füchsleins finden,
statt sofort mit Dank und Neue begriffen zu werden, meistens nicht einmal
einen günstigen Boden -- was freilich in der Hauptsache durch die mehr
ungeduldig-hochnäsige als geschickte Art der Belehrung verschuldet wird. Um¬
gekehrt wird ein prinzipientreuer Vurscheuschafter immer und immer wieder


Aufklärungen über studentische Dinge

mähliche Hinführung der wirklichen Zustände zum Vernunftgemäßen, zur Idee,
setzt Fichte die Aufgabe der Politik. Sie ist ihm die Kunst, die den gegebnen
Staat dem Veruuuftstaate immer mehr annähert. Wenn nun im Vernunft¬
staate nach Fichte jeder sein Teil erhalten soll, um möglichst angenehm leben
zu können, so ist es also Aufgabe der Politik, jedem, wie Fichte sich ausdrückt,
„allmählich zu dem Seinigen zu verhelfen." Zeller hat darum ein gutes Recht,
in seiner Abhandlung über „I. G. Fichte als Politiker" die Besonnenheit an
Fichtes Sozialismus zu rühmen, die er trotz aller seiner Mängel habe. Auch
der preußische Finanzminister erkannte diese Besonnenheit an, als er Fichte auf
die Zusendung seiner Schrift schrieb, er finde in ihr das Ideal des Staates
aufgestellt, nach dein zu streben jedem Staatsdiener, der an der Administration
teil habe, Pflicht sein sollte. „Ob dieses Ideal jemals erreicht werden kann,
daran zweifeln Sie selbst, allein das schadet auch nicht der Vollkommenheit
des Werkes." Diese Worte zeigen, daß sich Fichte, dem durch Drängen der
kursächsischen Regierung seine Stellung in Jena unmöglich gemacht worden
war, nicht geirrt hatte, wenn er die Schrift, die er für seine beste hielt, dem
Preußischen Finanzminister widmete „als einem der ersten Staatsbeamten der
Monarchie, in welcher ich einen Zufluchtsort fand, als ich in den übrigen
Teilen meines deutschen Vaterlandes mir keinen versprechen durfte."




Aufklärungen über studentische Dinge
2

em Begriffsvermögen des Philisters am nächsten und bequemsten
liegt heutzutage das Korps. Das Publikum begeht zwar all¬
gemein den Irrtum, auch die übrigen Verbindungsarten einfach
als Korps anzurechnen; dutzeudfältig erlebt so ein armer Korps¬
fuchs, der zum erstenmale hochgeschwellt in die Ferien zurück¬
kehrt, die trostlose Enttäuschung, daß die Tante oder Cousine meint, der und
der sei ja auch in einem Korps, während der Beklagenswerte thatsächlich bloß
"Büchsier" (Burschenschafter) oder gar nur „schlagender 0. Q.-Mann" ist, und,
was noch das schlimmste ist, die Bekehrungsversuche unsers Füchsleins finden,
statt sofort mit Dank und Neue begriffen zu werden, meistens nicht einmal
einen günstigen Boden — was freilich in der Hauptsache durch die mehr
ungeduldig-hochnäsige als geschickte Art der Belehrung verschuldet wird. Um¬
gekehrt wird ein prinzipientreuer Vurscheuschafter immer und immer wieder


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[0549] Aufklärungen über studentische Dinge mähliche Hinführung der wirklichen Zustände zum Vernunftgemäßen, zur Idee, setzt Fichte die Aufgabe der Politik. Sie ist ihm die Kunst, die den gegebnen Staat dem Veruuuftstaate immer mehr annähert. Wenn nun im Vernunft¬ staate nach Fichte jeder sein Teil erhalten soll, um möglichst angenehm leben zu können, so ist es also Aufgabe der Politik, jedem, wie Fichte sich ausdrückt, „allmählich zu dem Seinigen zu verhelfen." Zeller hat darum ein gutes Recht, in seiner Abhandlung über „I. G. Fichte als Politiker" die Besonnenheit an Fichtes Sozialismus zu rühmen, die er trotz aller seiner Mängel habe. Auch der preußische Finanzminister erkannte diese Besonnenheit an, als er Fichte auf die Zusendung seiner Schrift schrieb, er finde in ihr das Ideal des Staates aufgestellt, nach dein zu streben jedem Staatsdiener, der an der Administration teil habe, Pflicht sein sollte. „Ob dieses Ideal jemals erreicht werden kann, daran zweifeln Sie selbst, allein das schadet auch nicht der Vollkommenheit des Werkes." Diese Worte zeigen, daß sich Fichte, dem durch Drängen der kursächsischen Regierung seine Stellung in Jena unmöglich gemacht worden war, nicht geirrt hatte, wenn er die Schrift, die er für seine beste hielt, dem Preußischen Finanzminister widmete „als einem der ersten Staatsbeamten der Monarchie, in welcher ich einen Zufluchtsort fand, als ich in den übrigen Teilen meines deutschen Vaterlandes mir keinen versprechen durfte." Aufklärungen über studentische Dinge 2 em Begriffsvermögen des Philisters am nächsten und bequemsten liegt heutzutage das Korps. Das Publikum begeht zwar all¬ gemein den Irrtum, auch die übrigen Verbindungsarten einfach als Korps anzurechnen; dutzeudfältig erlebt so ein armer Korps¬ fuchs, der zum erstenmale hochgeschwellt in die Ferien zurück¬ kehrt, die trostlose Enttäuschung, daß die Tante oder Cousine meint, der und der sei ja auch in einem Korps, während der Beklagenswerte thatsächlich bloß "Büchsier" (Burschenschafter) oder gar nur „schlagender 0. Q.-Mann" ist, und, was noch das schlimmste ist, die Bekehrungsversuche unsers Füchsleins finden, statt sofort mit Dank und Neue begriffen zu werden, meistens nicht einmal einen günstigen Boden — was freilich in der Hauptsache durch die mehr ungeduldig-hochnäsige als geschickte Art der Belehrung verschuldet wird. Um¬ gekehrt wird ein prinzipientreuer Vurscheuschafter immer und immer wieder

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341855_212475/549>, abgerufen am 05.01.2025.