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Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Drittes Vierteljahr.

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Zwang auferlegt hat, mit einem Haß, dessen instinktive Gewalt das unwider-
leglichste Zeugnis dafür ist, daß es Fürst Bismarck gewesen ist, der das neue
deutsche Reich gegründet hat. Es ist freilich schlimm genug, daß man sich
erst noch nach Beweisen für diese nackte geschichtliche Wahrheit umsehen muß.
Aber der blinde Haß der Gegner bringt es ja in der That zu stände, dem
großen Staatsmann sein eigentümlichstes Verdienst zu verkleinern, ja zu be¬
streikn. Daß Bismarck unsre jetzige günstige Lage nicht allein geschaffen hat,
wissen seine Freunde so genau wie seine Feinde. Auch der geschickteste Werk¬
meister kann ohne Werkleute kein Haus zimmern, auch der genialste Feldherr
ohne Offiziere und Soldaten keine Schlacht gewinnen. Aber umgekehrt haben
auch die tapfersten Truppen noch nie ohne General gesiegt, ist noch nie ein
Gebäude von Arbeitern allein ohne einen Baumeister aufgeführt worden.
Vollends ein solcher Prachtbau nicht wie das neue deutsche Reich. Darum
lassen wir, die wir zu den Bewohnern des Hauses gehören, uns das Recht
oder vielmehr die Pflicht nicht verkümmern, des Baumeisters stets ein¬
gedenk zu sein. Wir warten nicht sein zeitliches Ende ab, um ihm dann
Ehren zu erweisen, mit denen höchstens uns, nicht mehr ihm selbst gedient
sein kann, wir statten ihm vielmehr noch bei seinen Lebzeiten den schuldigen
Dank ab, wir halten an ihm fest und bekennen uns offen zu ihm, ohne Furcht,
was auch kommen mag.




Die ^ozialdemokratie und die (Lholera

s sind bemerkenswerte Vorgänge, die sich gegenwärtig in Ham¬
burg aus Anlaß der dort herrschenden Choleraepidemie abspielen,
Vorgänge, die die ernsteste Aufmerksamkeit aller Politiker ver¬
dienen, und auf die hinzuweisen wir umsomehr für unsre Pflicht
halten, als die gesamte Tagespresse sie, soweit wir wissen, noch
nicht in die richtige Beleuchtung gebracht hat.

Seit dem Beginn der Epidemie hat die sozialdemokratische Partei Ham¬
burgs und ihr offizielles Organ, das "Hamburger Echo," eine geradezu muster¬
hafte Haltung eingenommen. Sie hat die Sensationsnachrichten unkundiger
Reporter, wie sie so vielfach in die Hamburgische und deutsche Presse übergegan¬
gen find, mit Entrüstung von sich gewiesen und dnrch das "Echo" nur die
Daten in Bezug aus die Seuche veröffentlichen lassen, die ihm von der Polizei
und der Medizinalbehörde übermittelt worden sind. Im übrigen hat sich das
"Echo" darauf beschränkt, hie und da besondre Mißstände im einzelnen zu
rügen und deren Abstellung von den Behörden, teilweise durch unmittelbare


Zwang auferlegt hat, mit einem Haß, dessen instinktive Gewalt das unwider-
leglichste Zeugnis dafür ist, daß es Fürst Bismarck gewesen ist, der das neue
deutsche Reich gegründet hat. Es ist freilich schlimm genug, daß man sich
erst noch nach Beweisen für diese nackte geschichtliche Wahrheit umsehen muß.
Aber der blinde Haß der Gegner bringt es ja in der That zu stände, dem
großen Staatsmann sein eigentümlichstes Verdienst zu verkleinern, ja zu be¬
streikn. Daß Bismarck unsre jetzige günstige Lage nicht allein geschaffen hat,
wissen seine Freunde so genau wie seine Feinde. Auch der geschickteste Werk¬
meister kann ohne Werkleute kein Haus zimmern, auch der genialste Feldherr
ohne Offiziere und Soldaten keine Schlacht gewinnen. Aber umgekehrt haben
auch die tapfersten Truppen noch nie ohne General gesiegt, ist noch nie ein
Gebäude von Arbeitern allein ohne einen Baumeister aufgeführt worden.
Vollends ein solcher Prachtbau nicht wie das neue deutsche Reich. Darum
lassen wir, die wir zu den Bewohnern des Hauses gehören, uns das Recht
oder vielmehr die Pflicht nicht verkümmern, des Baumeisters stets ein¬
gedenk zu sein. Wir warten nicht sein zeitliches Ende ab, um ihm dann
Ehren zu erweisen, mit denen höchstens uns, nicht mehr ihm selbst gedient
sein kann, wir statten ihm vielmehr noch bei seinen Lebzeiten den schuldigen
Dank ab, wir halten an ihm fest und bekennen uns offen zu ihm, ohne Furcht,
was auch kommen mag.




Die ^ozialdemokratie und die (Lholera

s sind bemerkenswerte Vorgänge, die sich gegenwärtig in Ham¬
burg aus Anlaß der dort herrschenden Choleraepidemie abspielen,
Vorgänge, die die ernsteste Aufmerksamkeit aller Politiker ver¬
dienen, und auf die hinzuweisen wir umsomehr für unsre Pflicht
halten, als die gesamte Tagespresse sie, soweit wir wissen, noch
nicht in die richtige Beleuchtung gebracht hat.

Seit dem Beginn der Epidemie hat die sozialdemokratische Partei Ham¬
burgs und ihr offizielles Organ, das „Hamburger Echo," eine geradezu muster¬
hafte Haltung eingenommen. Sie hat die Sensationsnachrichten unkundiger
Reporter, wie sie so vielfach in die Hamburgische und deutsche Presse übergegan¬
gen find, mit Entrüstung von sich gewiesen und dnrch das „Echo" nur die
Daten in Bezug aus die Seuche veröffentlichen lassen, die ihm von der Polizei
und der Medizinalbehörde übermittelt worden sind. Im übrigen hat sich das
„Echo" darauf beschränkt, hie und da besondre Mißstände im einzelnen zu
rügen und deren Abstellung von den Behörden, teilweise durch unmittelbare


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341855_212475/540>, abgerufen am 05.01.2025.