Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Drittes Vierteljahr.Die Handelspolitik unsers Jahrhunderts tag mühsam überbrückte Gegensatz der gemäßigten Richtung Bollmars gegen Die Handelspolitik unsers Jahrhunderts (Schluß) n dem zweiten Abschnitte seiner Arbeit behandelt der Verfasser Die Handelspolitik unsers Jahrhunderts tag mühsam überbrückte Gegensatz der gemäßigten Richtung Bollmars gegen Die Handelspolitik unsers Jahrhunderts (Schluß) n dem zweiten Abschnitte seiner Arbeit behandelt der Verfasser <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0404" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/212880"/> <fw type="header" place="top"> Die Handelspolitik unsers Jahrhunderts</fw><lb/> <p xml:id="ID_1355" prev="#ID_1354"> tag mühsam überbrückte Gegensatz der gemäßigten Richtung Bollmars gegen<lb/> die offizielle Parteileitung öffnet sich von neuem, die Parteileitung darf es<lb/> nicht wagen, die ihr unbequemen staatssozialistischen Tendenzen aus der Partei<lb/> sörmlich auszuschließen, ein Beweis, daß sie ihre Stärke nicht gering anschlüge.<lb/> Auf der linken Seite wird sie selbst von dem anarchistischen Flügel der Un¬<lb/> abhängigen bedrängt. Störe man diesen Läuterungsprozeß, von dem man<lb/> nur nicht schon morgen Früchte erwarten darf, nicht durch veraltete Rezepte<lb/> aus der Polizeioffiziu. Bleiben wir stark, weise und — gerecht!</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Die Handelspolitik unsers Jahrhunderts<lb/> (Schluß)</head><lb/> <p xml:id="ID_1356" next="#ID_1357"> n dem zweiten Abschnitte seiner Arbeit behandelt der Verfasser<lb/> „Italiens Handelspolitik in ihren Beziehungen zur Volkswirt¬<lb/> schaft." Hier interessirt uns vorzugsweise die Beantwortung<lb/> der Frage: „War es volkswirtschaftlich zweckmäßig und weise,<lb/> daß Italien es nach 1875 unternahm, mittels einer schutzzöllne-<lb/> rischen Handelspolitik sich eine selbständige nationale Industrie schaffen zu<lb/> molten?" Die Frage wird in fünf Unterfragen aufgelöst. Die erste lautet:<lb/> „Ist es für ein vorwiegend agrikoles (!)Land im allgemeinen ein erstrebenswertes<lb/> Ziel, eine selbständige nationale Industrie zu besitzen?" Sombart antwortet,<lb/> er für seine Person sei geneigt, diese Frage prinzipiell zu bejahe«; an dieser<lb/> Stelle könne die nationalökonomische Frage, „ob für ein Land der Jndustrialis-<lb/> mus ein erstrebenswertes Ziel sei," nicht erörtert werden. Hier fällt uns die<lb/> Ungenauigkeit des Ausdrucks auf, die freilich zum Teil dein noch unabgeklärten<lb/> Sprachgebrauch zur Last fällt. Wenn man unter dem Worte Industrie so viel<lb/> versteht wie Gewerbfleiß, so ist die Frage unbedingt zu bejahen, denn ein<lb/> Volk, bei dem die Gewerbe nicht bis zur Kunstblüte entwickelt sind, ist noch<lb/> kein Kulturvolk. Aber Sombart meint ohne Zweifel, wie das an der zweiten<lb/> Stelle gebrauchte Wort Jndustrialismus andeutet, die Exportindustrie; ihm<lb/> schwebt der Zustand Englands als Ideal vor, wo die Industrie den Ackerbau<lb/> zurückgedrängt hat, und die Existenz des Volks auf die Anfertigung billiger<lb/> Massenwaren mit der Maschine und auf deren Ausfuhr gegründet ist. Wir<lb/> verabscheuen dieses „Ideal" aus oft dargelegten Gründen und betrachten eS<lb/> als eine traurige Notwendigkeit, wenn sich ein ganzes Volk, um nicht zu ver¬<lb/> hungern, in Fabriken und Gruben einsperren lassen, die halbe Welt mit Hemden-<lb/> und Kleiderstoffen versorgen und die für den großartigen Fabrikbetrieb er-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0404]
Die Handelspolitik unsers Jahrhunderts
tag mühsam überbrückte Gegensatz der gemäßigten Richtung Bollmars gegen
die offizielle Parteileitung öffnet sich von neuem, die Parteileitung darf es
nicht wagen, die ihr unbequemen staatssozialistischen Tendenzen aus der Partei
sörmlich auszuschließen, ein Beweis, daß sie ihre Stärke nicht gering anschlüge.
Auf der linken Seite wird sie selbst von dem anarchistischen Flügel der Un¬
abhängigen bedrängt. Störe man diesen Läuterungsprozeß, von dem man
nur nicht schon morgen Früchte erwarten darf, nicht durch veraltete Rezepte
aus der Polizeioffiziu. Bleiben wir stark, weise und — gerecht!
Die Handelspolitik unsers Jahrhunderts
(Schluß)
n dem zweiten Abschnitte seiner Arbeit behandelt der Verfasser
„Italiens Handelspolitik in ihren Beziehungen zur Volkswirt¬
schaft." Hier interessirt uns vorzugsweise die Beantwortung
der Frage: „War es volkswirtschaftlich zweckmäßig und weise,
daß Italien es nach 1875 unternahm, mittels einer schutzzöllne-
rischen Handelspolitik sich eine selbständige nationale Industrie schaffen zu
molten?" Die Frage wird in fünf Unterfragen aufgelöst. Die erste lautet:
„Ist es für ein vorwiegend agrikoles (!)Land im allgemeinen ein erstrebenswertes
Ziel, eine selbständige nationale Industrie zu besitzen?" Sombart antwortet,
er für seine Person sei geneigt, diese Frage prinzipiell zu bejahe«; an dieser
Stelle könne die nationalökonomische Frage, „ob für ein Land der Jndustrialis-
mus ein erstrebenswertes Ziel sei," nicht erörtert werden. Hier fällt uns die
Ungenauigkeit des Ausdrucks auf, die freilich zum Teil dein noch unabgeklärten
Sprachgebrauch zur Last fällt. Wenn man unter dem Worte Industrie so viel
versteht wie Gewerbfleiß, so ist die Frage unbedingt zu bejahen, denn ein
Volk, bei dem die Gewerbe nicht bis zur Kunstblüte entwickelt sind, ist noch
kein Kulturvolk. Aber Sombart meint ohne Zweifel, wie das an der zweiten
Stelle gebrauchte Wort Jndustrialismus andeutet, die Exportindustrie; ihm
schwebt der Zustand Englands als Ideal vor, wo die Industrie den Ackerbau
zurückgedrängt hat, und die Existenz des Volks auf die Anfertigung billiger
Massenwaren mit der Maschine und auf deren Ausfuhr gegründet ist. Wir
verabscheuen dieses „Ideal" aus oft dargelegten Gründen und betrachten eS
als eine traurige Notwendigkeit, wenn sich ein ganzes Volk, um nicht zu ver¬
hungern, in Fabriken und Gruben einsperren lassen, die halbe Welt mit Hemden-
und Kleiderstoffen versorgen und die für den großartigen Fabrikbetrieb er-
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