Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Drittes Vierteljahr.förderlichen Steinkohlen aus ungeheuerlichen Tiefen heranfwühlen muß. Daher Die folgenden Fragen haben nur dann einen Sinn, wenn die erste Frage förderlichen Steinkohlen aus ungeheuerlichen Tiefen heranfwühlen muß. Daher Die folgenden Fragen haben nur dann einen Sinn, wenn die erste Frage <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0405" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/212881"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_1357" prev="#ID_1356"> förderlichen Steinkohlen aus ungeheuerlichen Tiefen heranfwühlen muß. Daher<lb/> vermögen wir auch in der früh erreichten nationalen Einheit Englands, sofern<lb/> sie als Vorbedingung des großartig entwickelten Jndustrialismus dieses Landes<lb/> betrachtet wird, keine besondre Begnadigung zu sehn.</p><lb/> <p xml:id="ID_1358" next="#ID_1359"> Die folgenden Fragen haben nur dann einen Sinn, wenn die erste Frage<lb/> bejaht wird, so bemerkt Sombart selbst. Wir könnten also hier abbrechen,<lb/> wollen aber doch auch zu dem folgenden noch ein Wörtchen sagen. Die zweite<lb/> Frage lautet, ob das Ziel auch für Italien erstrebenswert sei. Sombart glaubt<lb/> den Einwand derer, die das leugnen und sagen, Italien sei von Natur zum<lb/> Ackerbaustaate geschaffen, und die Begünstigung der Industrie werde die Pflege<lb/> seiner natürlichen Hilfsquellen beeinträchtigen, als unbegründet zurückweisen zu<lb/> dürfen. Weder sei zu befürchten, daß eine Verteuerung der Lebensbedürfnisse<lb/> lz. B. der Maschinen und Kleider) dnrch Schutzzoll der Landwirtschaft die<lb/> Arbeitskräfte verteuern werde, da bei der Kultur von Wein, Öl, Süd¬<lb/> früchten u. f. w. keine Maschinen angewendet werden und die italienischen Land-<lb/> leute sich ihre Kleiderstoffe meist selbst anfertigten, noch könne die italienische<lb/> Landwirtschaft durch Verlust von Kapital und Arbeitskräften geschädigt werden;<lb/> das Kapital spiele beim Anbau von Südfrüchten u. tgi. keine Rolle, und Ar¬<lb/> beiter seien, wie die Auswanderung von jährlich zweihunderttausend Menschen<lb/> beweise, im Überfluß vorhanden. „Sollte aus diesen Emigrantenheeren sich<lb/> nicht das für eine aufblühende Industrie notwendige Arbeitsmaterial jsio!^<lb/> gut und gern bilden lassen?" Gut? O ja! dafür würden der Hunger und<lb/> die Peitsche des Aufsehers schon sorgen. Aber gern? Nein! wofern sich das<lb/> Wort nicht auf die Absicht der Unternehmer bezieht, sondern auf die Stim¬<lb/> mung der Arbeiter, die ja freilich bloß als „Material" gelten, und deren<lb/> Wünsche daher wohl kaum in Betracht kommen. Aber bei Beantwortung der<lb/> dritten Frage dürfen sie trotzdem nicht übersehen werden. Diese lautet: „Be¬<lb/> sitzt das heutige Italien hinreichende produktive Kräfte und Fähigkeiten, also<lb/> die Elemente, um (!) eine nationale Industrie großen Stiles heranzubilden?"<lb/> Ob fähige Unternehmer in ausreichender Anzahl vorhanden seien, das, meint<lb/> Sombart, lasse sich nicht gut ermitteln. An Geldkapital fehle es leider ganz<lb/> entschieden >und wird es so lange fehlen, als Italien eine Kriegsrüstnng unter¬<lb/> hält, die außer allein Verhältnis zu seinem natürlichen Vermögen steht; auf<lb/> künstlichem und gewaltsamein Wege, dnrch Kolonien und Ausbeutung andrer<lb/> Völker erworbnes Vermögen besitzt es nicht, muß also die Kosten seiner Rüstungen<lb/> durch Anleihen aufbringen, deren Verzinsung das Geld aus dem Lande zieht j.<lb/> Was endlich das wichtigste Element, die Arbeiter, anlangt, so werde allerdings<lb/> darüber geklagt, daß sie sich zur Maschinenarbeit nicht eigneten, doch, meint<lb/> Sombart, zur Routine könne der italienische Arbeiter ja erzogen werden, und<lb/> was ihm an Ausdauer abgebe, das werde er einigermaßen durch Gewandtheit<lb/> ersetzen. Einen Vorzug aber habe er, der für die Unternehmer ganz besonders</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0405]
förderlichen Steinkohlen aus ungeheuerlichen Tiefen heranfwühlen muß. Daher
vermögen wir auch in der früh erreichten nationalen Einheit Englands, sofern
sie als Vorbedingung des großartig entwickelten Jndustrialismus dieses Landes
betrachtet wird, keine besondre Begnadigung zu sehn.
Die folgenden Fragen haben nur dann einen Sinn, wenn die erste Frage
bejaht wird, so bemerkt Sombart selbst. Wir könnten also hier abbrechen,
wollen aber doch auch zu dem folgenden noch ein Wörtchen sagen. Die zweite
Frage lautet, ob das Ziel auch für Italien erstrebenswert sei. Sombart glaubt
den Einwand derer, die das leugnen und sagen, Italien sei von Natur zum
Ackerbaustaate geschaffen, und die Begünstigung der Industrie werde die Pflege
seiner natürlichen Hilfsquellen beeinträchtigen, als unbegründet zurückweisen zu
dürfen. Weder sei zu befürchten, daß eine Verteuerung der Lebensbedürfnisse
lz. B. der Maschinen und Kleider) dnrch Schutzzoll der Landwirtschaft die
Arbeitskräfte verteuern werde, da bei der Kultur von Wein, Öl, Süd¬
früchten u. f. w. keine Maschinen angewendet werden und die italienischen Land-
leute sich ihre Kleiderstoffe meist selbst anfertigten, noch könne die italienische
Landwirtschaft durch Verlust von Kapital und Arbeitskräften geschädigt werden;
das Kapital spiele beim Anbau von Südfrüchten u. tgi. keine Rolle, und Ar¬
beiter seien, wie die Auswanderung von jährlich zweihunderttausend Menschen
beweise, im Überfluß vorhanden. „Sollte aus diesen Emigrantenheeren sich
nicht das für eine aufblühende Industrie notwendige Arbeitsmaterial jsio!^
gut und gern bilden lassen?" Gut? O ja! dafür würden der Hunger und
die Peitsche des Aufsehers schon sorgen. Aber gern? Nein! wofern sich das
Wort nicht auf die Absicht der Unternehmer bezieht, sondern auf die Stim¬
mung der Arbeiter, die ja freilich bloß als „Material" gelten, und deren
Wünsche daher wohl kaum in Betracht kommen. Aber bei Beantwortung der
dritten Frage dürfen sie trotzdem nicht übersehen werden. Diese lautet: „Be¬
sitzt das heutige Italien hinreichende produktive Kräfte und Fähigkeiten, also
die Elemente, um (!) eine nationale Industrie großen Stiles heranzubilden?"
Ob fähige Unternehmer in ausreichender Anzahl vorhanden seien, das, meint
Sombart, lasse sich nicht gut ermitteln. An Geldkapital fehle es leider ganz
entschieden >und wird es so lange fehlen, als Italien eine Kriegsrüstnng unter¬
hält, die außer allein Verhältnis zu seinem natürlichen Vermögen steht; auf
künstlichem und gewaltsamein Wege, dnrch Kolonien und Ausbeutung andrer
Völker erworbnes Vermögen besitzt es nicht, muß also die Kosten seiner Rüstungen
durch Anleihen aufbringen, deren Verzinsung das Geld aus dem Lande zieht j.
Was endlich das wichtigste Element, die Arbeiter, anlangt, so werde allerdings
darüber geklagt, daß sie sich zur Maschinenarbeit nicht eigneten, doch, meint
Sombart, zur Routine könne der italienische Arbeiter ja erzogen werden, und
was ihm an Ausdauer abgebe, das werde er einigermaßen durch Gewandtheit
ersetzen. Einen Vorzug aber habe er, der für die Unternehmer ganz besonders
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |