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Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Drittes Vierteljahr.

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Wilhelm Imsen

germanischen Elemente in Mittel- und Nordeuropa, um dein Vordringen der
Slawen einen Damm entgegenzusetzen. Aber selbst wenn eine solche Periode
des Stillstandes im Leben des Volkes notwendig wäre, so dürfte doch in
keinem Fall eine so wichtige Einrichtung, wie es unser Schulwesen ist, solcher
Verflachung Dienste leisten. Vielmehr müßte es sich dagegen stemmen mit
allen Mitteln und aus alle" Kräften. In dem generalisirenden Einfluß des
Militärwesens liegt eine große Gefahr für die Erziehung, die im Individuali-
siren ihre Stärke suchen muß, wenn sie dem wahren Wohle des Volkes dienen
will, wenn das geistige Niveau nicht herabgedrückt werden soll. Dies muß
notwendig da geschehen, wo der Schüler nur als eine Nummer unter den andern
angesehen wird, die auf Grund statistischer Tabellen, herrührend aus den be¬
rüchtigten Extemporalien, durch die Klassen und durch die Prüfungen hindurch-
geschobcn wird, bis sie sich glücklich die nötigen Berechtigungen ersessen hat.
Jedenfalls wird die Sache die Volksvertretung in Preußen beschäftigen.
Möchten sich unabhängige Leute darin finden, die mit glühender Vaterlands¬
liebe tiefe Einsicht verbinden in die Schäden, die unserm Schulwesen anhaften,
und in die rechten Mittel, sie gründlich zu beseitigen. Allerdings muß die
Sache einmal prinzipiell und mit weitem Blick gefaßt werden, nicht beeinflußt
durch kleinliche Rücksichten ans eine Macht, die an sich volle Wertschätzung
beanspruchen darf, aber bei unberechtigten Einflüssen in ihrem eignen Interesse
energisch zurückgewiesen werden muß. Auch hier gilt das Wort: Gebt dem
Kaiser, was des Kaisers ist, und Gotte, was Gottes ist.




Wilhelm Perser

ein Jahr geht zu Ende, ohne mit allem, was es sonst
beschert, auch einen oder zwei Bünde von Wilhelm Imsen zu
bringen, Romane nud Novellen. Sie sehen einander nicht
gerade alle vollkommen gleich, diese Jensenschen Erzählungen,
vielmehr zaubert ihr Verfasser seine stets meisterhaft be¬
handelten Szenerien und großen Hintergründe aus einem wahrhaft staunens¬
werten landschaftlichen und historischen Kennen und Wissen in einer bunten
Fülle hervor, in reicher Abwechslung geht er den mannichfnltigsten tiefgegriffenen
Problemen des Lebens und des Herzens nach, fast immer führt er neue
Charaktere, oft selbst noch wieder neue Stimmungen ein; im allgemeinen aber
stellen doch bei allem Reichtum der Ausstattung und der Gedanken alle diese
Bücher die unter einander stark familienähnlichen Kinder einer und derselben
durchaus abgeschlossenen, scharf prvfilirten und selbst in ihren kleinen Absonder-


Wilhelm Imsen

germanischen Elemente in Mittel- und Nordeuropa, um dein Vordringen der
Slawen einen Damm entgegenzusetzen. Aber selbst wenn eine solche Periode
des Stillstandes im Leben des Volkes notwendig wäre, so dürfte doch in
keinem Fall eine so wichtige Einrichtung, wie es unser Schulwesen ist, solcher
Verflachung Dienste leisten. Vielmehr müßte es sich dagegen stemmen mit
allen Mitteln und aus alle» Kräften. In dem generalisirenden Einfluß des
Militärwesens liegt eine große Gefahr für die Erziehung, die im Individuali-
siren ihre Stärke suchen muß, wenn sie dem wahren Wohle des Volkes dienen
will, wenn das geistige Niveau nicht herabgedrückt werden soll. Dies muß
notwendig da geschehen, wo der Schüler nur als eine Nummer unter den andern
angesehen wird, die auf Grund statistischer Tabellen, herrührend aus den be¬
rüchtigten Extemporalien, durch die Klassen und durch die Prüfungen hindurch-
geschobcn wird, bis sie sich glücklich die nötigen Berechtigungen ersessen hat.
Jedenfalls wird die Sache die Volksvertretung in Preußen beschäftigen.
Möchten sich unabhängige Leute darin finden, die mit glühender Vaterlands¬
liebe tiefe Einsicht verbinden in die Schäden, die unserm Schulwesen anhaften,
und in die rechten Mittel, sie gründlich zu beseitigen. Allerdings muß die
Sache einmal prinzipiell und mit weitem Blick gefaßt werden, nicht beeinflußt
durch kleinliche Rücksichten ans eine Macht, die an sich volle Wertschätzung
beanspruchen darf, aber bei unberechtigten Einflüssen in ihrem eignen Interesse
energisch zurückgewiesen werden muß. Auch hier gilt das Wort: Gebt dem
Kaiser, was des Kaisers ist, und Gotte, was Gottes ist.




Wilhelm Perser

ein Jahr geht zu Ende, ohne mit allem, was es sonst
beschert, auch einen oder zwei Bünde von Wilhelm Imsen zu
bringen, Romane nud Novellen. Sie sehen einander nicht
gerade alle vollkommen gleich, diese Jensenschen Erzählungen,
vielmehr zaubert ihr Verfasser seine stets meisterhaft be¬
handelten Szenerien und großen Hintergründe aus einem wahrhaft staunens¬
werten landschaftlichen und historischen Kennen und Wissen in einer bunten
Fülle hervor, in reicher Abwechslung geht er den mannichfnltigsten tiefgegriffenen
Problemen des Lebens und des Herzens nach, fast immer führt er neue
Charaktere, oft selbst noch wieder neue Stimmungen ein; im allgemeinen aber
stellen doch bei allem Reichtum der Ausstattung und der Gedanken alle diese
Bücher die unter einander stark familienähnlichen Kinder einer und derselben
durchaus abgeschlossenen, scharf prvfilirten und selbst in ihren kleinen Absonder-


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[0303] Wilhelm Imsen germanischen Elemente in Mittel- und Nordeuropa, um dein Vordringen der Slawen einen Damm entgegenzusetzen. Aber selbst wenn eine solche Periode des Stillstandes im Leben des Volkes notwendig wäre, so dürfte doch in keinem Fall eine so wichtige Einrichtung, wie es unser Schulwesen ist, solcher Verflachung Dienste leisten. Vielmehr müßte es sich dagegen stemmen mit allen Mitteln und aus alle» Kräften. In dem generalisirenden Einfluß des Militärwesens liegt eine große Gefahr für die Erziehung, die im Individuali- siren ihre Stärke suchen muß, wenn sie dem wahren Wohle des Volkes dienen will, wenn das geistige Niveau nicht herabgedrückt werden soll. Dies muß notwendig da geschehen, wo der Schüler nur als eine Nummer unter den andern angesehen wird, die auf Grund statistischer Tabellen, herrührend aus den be¬ rüchtigten Extemporalien, durch die Klassen und durch die Prüfungen hindurch- geschobcn wird, bis sie sich glücklich die nötigen Berechtigungen ersessen hat. Jedenfalls wird die Sache die Volksvertretung in Preußen beschäftigen. Möchten sich unabhängige Leute darin finden, die mit glühender Vaterlands¬ liebe tiefe Einsicht verbinden in die Schäden, die unserm Schulwesen anhaften, und in die rechten Mittel, sie gründlich zu beseitigen. Allerdings muß die Sache einmal prinzipiell und mit weitem Blick gefaßt werden, nicht beeinflußt durch kleinliche Rücksichten ans eine Macht, die an sich volle Wertschätzung beanspruchen darf, aber bei unberechtigten Einflüssen in ihrem eignen Interesse energisch zurückgewiesen werden muß. Auch hier gilt das Wort: Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gotte, was Gottes ist. Wilhelm Perser ein Jahr geht zu Ende, ohne mit allem, was es sonst beschert, auch einen oder zwei Bünde von Wilhelm Imsen zu bringen, Romane nud Novellen. Sie sehen einander nicht gerade alle vollkommen gleich, diese Jensenschen Erzählungen, vielmehr zaubert ihr Verfasser seine stets meisterhaft be¬ handelten Szenerien und großen Hintergründe aus einem wahrhaft staunens¬ werten landschaftlichen und historischen Kennen und Wissen in einer bunten Fülle hervor, in reicher Abwechslung geht er den mannichfnltigsten tiefgegriffenen Problemen des Lebens und des Herzens nach, fast immer führt er neue Charaktere, oft selbst noch wieder neue Stimmungen ein; im allgemeinen aber stellen doch bei allem Reichtum der Ausstattung und der Gedanken alle diese Bücher die unter einander stark familienähnlichen Kinder einer und derselben durchaus abgeschlossenen, scharf prvfilirten und selbst in ihren kleinen Absonder-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341853_289767/303>, abgerufen am 13.11.2024.