Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Zweites Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite


Kaiser Friedrich und Bismarck

an weiß nicht, was in dem Lebensgange Kaiser Friedrichs tra¬
gischer ist, seil: erschütterndes Ende oder sein verhängnisvoller
Mangel an Verständnis für den größten deutschen Staatsmann,
den er -- wenigstens als Kronprinz -- nach den authentischen
Mitteilungen in einem soeben erschienenen Werke in noch stärkeren
Maße gehabt hat, als man vielleicht bisher im allgemeinen angenommen hat.

Die Witwe des bekannten Historikers Max Duncker hatte in den Jahren
nach seinem Tode nicht nur die überaus zahlreichen Dokumente für das Leben
des Verstorbenen gesammelt, sondern auch selbst größere Abschnitte seiner
Lebensgeschichte niedergeschrieben. Die Überarbeitung, Vervollständigung und
endgiltige Redaktion des Ganzen hat dann R, Haym übernommen. So ist
das ausgezeichnete Buch entstanden, das kürzlich unter dem Titel: Das
Leben Max Dunckers, erzählt von N. Haym im Verlage von H. Hey-
felder (N. Gärtner) in Berlin in schöner Ausstattung erschienen ist.

Das Leben eines Mannes von der wissenschaftlichen Bedeutung Dunckers
geht zwar vor allem den Historiker an; da aber bei Duncker der Staatsmann
nicht vou dein Gelehrten zu trennen war, so muß das Buch, das seinen
Lebensgang schildert, jeden Gebildeten aufs lebhafteste interessiren, denn
Duncker hat an der gesamten deutscheu Bewegung an hervorragender Stelle
thätigen Anteil genommen. Vor allem kommt hierbei die Zeit in Betracht,
wo er vortragender Rat bei dem Kronprinzen Friedrich Wilhelm war.

Seinen Parteigenossen an politischer Einsicht weit voran, hatte sich
Duncker schon früh von der Notwendigkeit der Armeereorganisation überzeugt,
und schon am 18. Dezember 1861 richtete er an den Kronprinzen einen Be¬
richt, worin er die Möglichkeit einer Berufung Bismarcks ius Auge faßt.


Grenzboten II 1891 75


Kaiser Friedrich und Bismarck

an weiß nicht, was in dem Lebensgange Kaiser Friedrichs tra¬
gischer ist, seil: erschütterndes Ende oder sein verhängnisvoller
Mangel an Verständnis für den größten deutschen Staatsmann,
den er — wenigstens als Kronprinz — nach den authentischen
Mitteilungen in einem soeben erschienenen Werke in noch stärkeren
Maße gehabt hat, als man vielleicht bisher im allgemeinen angenommen hat.

Die Witwe des bekannten Historikers Max Duncker hatte in den Jahren
nach seinem Tode nicht nur die überaus zahlreichen Dokumente für das Leben
des Verstorbenen gesammelt, sondern auch selbst größere Abschnitte seiner
Lebensgeschichte niedergeschrieben. Die Überarbeitung, Vervollständigung und
endgiltige Redaktion des Ganzen hat dann R, Haym übernommen. So ist
das ausgezeichnete Buch entstanden, das kürzlich unter dem Titel: Das
Leben Max Dunckers, erzählt von N. Haym im Verlage von H. Hey-
felder (N. Gärtner) in Berlin in schöner Ausstattung erschienen ist.

Das Leben eines Mannes von der wissenschaftlichen Bedeutung Dunckers
geht zwar vor allem den Historiker an; da aber bei Duncker der Staatsmann
nicht vou dein Gelehrten zu trennen war, so muß das Buch, das seinen
Lebensgang schildert, jeden Gebildeten aufs lebhafteste interessiren, denn
Duncker hat an der gesamten deutscheu Bewegung an hervorragender Stelle
thätigen Anteil genommen. Vor allem kommt hierbei die Zeit in Betracht,
wo er vortragender Rat bei dem Kronprinzen Friedrich Wilhelm war.

Seinen Parteigenossen an politischer Einsicht weit voran, hatte sich
Duncker schon früh von der Notwendigkeit der Armeereorganisation überzeugt,
und schon am 18. Dezember 1861 richtete er an den Kronprinzen einen Be¬
richt, worin er die Möglichkeit einer Berufung Bismarcks ius Auge faßt.


Grenzboten II 1891 75
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0597" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/210464"/>
            <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341853_209866/figures/grenzboten_341853_209866_210464_000.jpg"/><lb/>
          </div>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Kaiser Friedrich und Bismarck</head><lb/>
          <p xml:id="ID_1662"> an weiß nicht, was in dem Lebensgange Kaiser Friedrichs tra¬<lb/>
gischer ist, seil: erschütterndes Ende oder sein verhängnisvoller<lb/>
Mangel an Verständnis für den größten deutschen Staatsmann,<lb/>
den er &#x2014; wenigstens als Kronprinz &#x2014; nach den authentischen<lb/>
Mitteilungen in einem soeben erschienenen Werke in noch stärkeren<lb/>
Maße gehabt hat, als man vielleicht bisher im allgemeinen angenommen hat.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1663"> Die Witwe des bekannten Historikers Max Duncker hatte in den Jahren<lb/>
nach seinem Tode nicht nur die überaus zahlreichen Dokumente für das Leben<lb/>
des Verstorbenen gesammelt, sondern auch selbst größere Abschnitte seiner<lb/>
Lebensgeschichte niedergeschrieben. Die Überarbeitung, Vervollständigung und<lb/>
endgiltige Redaktion des Ganzen hat dann R, Haym übernommen. So ist<lb/>
das ausgezeichnete Buch entstanden, das kürzlich unter dem Titel: Das<lb/>
Leben Max Dunckers, erzählt von N. Haym im Verlage von H. Hey-<lb/>
felder (N. Gärtner) in Berlin in schöner Ausstattung erschienen ist.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1664"> Das Leben eines Mannes von der wissenschaftlichen Bedeutung Dunckers<lb/>
geht zwar vor allem den Historiker an; da aber bei Duncker der Staatsmann<lb/>
nicht vou dein Gelehrten zu trennen war, so muß das Buch, das seinen<lb/>
Lebensgang schildert, jeden Gebildeten aufs lebhafteste interessiren, denn<lb/>
Duncker hat an der gesamten deutscheu Bewegung an hervorragender Stelle<lb/>
thätigen Anteil genommen. Vor allem kommt hierbei die Zeit in Betracht,<lb/>
wo er vortragender Rat bei dem Kronprinzen Friedrich Wilhelm war.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1665"> Seinen Parteigenossen an politischer Einsicht weit voran, hatte sich<lb/>
Duncker schon früh von der Notwendigkeit der Armeereorganisation überzeugt,<lb/>
und schon am 18. Dezember 1861 richtete er an den Kronprinzen einen Be¬<lb/>
richt, worin er die Möglichkeit einer Berufung Bismarcks ius Auge faßt.</p><lb/>
          <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten II 1891 75</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0597] [Abbildung] Kaiser Friedrich und Bismarck an weiß nicht, was in dem Lebensgange Kaiser Friedrichs tra¬ gischer ist, seil: erschütterndes Ende oder sein verhängnisvoller Mangel an Verständnis für den größten deutschen Staatsmann, den er — wenigstens als Kronprinz — nach den authentischen Mitteilungen in einem soeben erschienenen Werke in noch stärkeren Maße gehabt hat, als man vielleicht bisher im allgemeinen angenommen hat. Die Witwe des bekannten Historikers Max Duncker hatte in den Jahren nach seinem Tode nicht nur die überaus zahlreichen Dokumente für das Leben des Verstorbenen gesammelt, sondern auch selbst größere Abschnitte seiner Lebensgeschichte niedergeschrieben. Die Überarbeitung, Vervollständigung und endgiltige Redaktion des Ganzen hat dann R, Haym übernommen. So ist das ausgezeichnete Buch entstanden, das kürzlich unter dem Titel: Das Leben Max Dunckers, erzählt von N. Haym im Verlage von H. Hey- felder (N. Gärtner) in Berlin in schöner Ausstattung erschienen ist. Das Leben eines Mannes von der wissenschaftlichen Bedeutung Dunckers geht zwar vor allem den Historiker an; da aber bei Duncker der Staatsmann nicht vou dein Gelehrten zu trennen war, so muß das Buch, das seinen Lebensgang schildert, jeden Gebildeten aufs lebhafteste interessiren, denn Duncker hat an der gesamten deutscheu Bewegung an hervorragender Stelle thätigen Anteil genommen. Vor allem kommt hierbei die Zeit in Betracht, wo er vortragender Rat bei dem Kronprinzen Friedrich Wilhelm war. Seinen Parteigenossen an politischer Einsicht weit voran, hatte sich Duncker schon früh von der Notwendigkeit der Armeereorganisation überzeugt, und schon am 18. Dezember 1861 richtete er an den Kronprinzen einen Be¬ richt, worin er die Möglichkeit einer Berufung Bismarcks ius Auge faßt. Grenzboten II 1891 75

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341853_209866
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341853_209866/597
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341853_209866/597>, abgerufen am 24.07.2024.